'Krieg ich schulfrei, wenn du stirbst'
den Juden, da ist es sogar Brauch ...«
»Paul ist aber bei den Kartoffeln.«
»Was?«
»Na in Religion gibt’s doch Kartoffeln und Elefanten. Und Paul ist Kartoffel.«
Katholisch also. Dann hatte es also wohl eher mit Verengung zu tun.
»Weißt du was, Sohnemann, wir warten bis morgen, und da erklärt das die Lehrerin.«
Hoffentlich tut sie das auch wirklich, denke ich, denn das Thema hat sich in Tom festgesetzt, wie ich beim Abendbrot merke. Da stellt mein Sohn nämlich die schöne Frage:
»Papa, kannst du mir ein Stück Käse beschneiden?«
Was die Lehrerin tags drauf genau erklärt hat, weiß ich nicht, aber es muss tatsächlich mit Religion und noch mehr mit Hygiene zu tun gehabt haben, denn Tom badet seitdem täglich. Und als ich ihn darauf anspreche, sagt er den großartigsten Kindersatz, den ich bislang gehört habe:
»Weißt du was, Papa, auch Kartoffel- und Elefantenjungs müssen täglich ihre Eichel wässern!«
Besser kann man das nicht erklären.
*
Nachtrag: Natürlich kann man das besser erklären, und wenn man’s verstanden hat, kann man damit sogar ganz andere Dinge in Gang setzen. So erklärte jüngst die Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass beschnittene Männer ein 40 Prozent geringeres Risiko tragen, sich mit HIV zu infizieren. Bleibt zu hoffen, dass diese Studie nicht in die falschen Hände gerät, zum Beispiel in die der Kirche. Was ließe sich da nicht Schönes für die nächste Afrikareise des Papstes zusammenzimmern, Beschneidungen sind entschieden billiger als Medikamente und Kondome des Teufels; außerdem sitzt der Firmengründer selbst ja auch ohne Häutchen zur Rechten Gottes ... Schluss mit der Verschwörungstheorie! Schließlich sind wir alle ein bisschen Benedikt, und ich träume von dem Tag, an dem der Stellvertreter des Herrn sagt: »Auch Kartoffelund Elefantenjungs müssen beim Pimpern Hütchen tragen!« Ob nun beschnitten oder nicht.
Behinderten-Kick
Diese Geschichte hat mit meinem Sohn Tom nur ganz am Rande zu tun, dafür umso mehr mit mir und anderen Kindern, außerdem ist sie schön. Folgendes:
Bei Prominenten ist es ja so, dass sie von Zeit zu Zeit Gutes tun, nicht zuletzt, damit sie prominent bleiben. Und was machen Leute, die nicht ganz so prominent sind? So wie ich? Sie machen bei einem »Benefiz-Fuß-ballevent« im hintersten Winkel der Republik mit.
Ausrichter war ein kleiner, feiner Verband, der sich um die Integration von behinderten Kindern kümmert. Geld sammeln für einen prima Zweck, das war der Plan, zu dessen Umsetzung ich einige hundert Autokilometer auf mich nahm – in Begleitung von Tom, der allerdings nur unter der Bedingung mitfuhr, auf gar keinen Fall irgendwas mit »diesen« Kindern machen zu müssen.
Egal. Die Sonne schien, so weit, so gut. Zu meiner Verwunderung sollte ich allerdings nicht auftretenoder anderweitig Kohle ranscheffeln, auch keine Rede halten, nein, ich sollte einfach nur Fußball mitspielen – nicht mehr und nicht weniger; als einer von zwei mittelprominenten Nichtbehinderten. (Der andere war der Bürgermeister.)
Was soll ich sagen?
Es war großartig. Ich spielte Tormann auf der Seite von »Station 2«, einer Anlage für betreutes Wohnen, der Bürgermeister stürmte für den »FC Handicap« (die hießen wirklich so).
Zunächst einmal: Die Eltern von Behinderten sind völlig normal.
»Hau ihn um, Georg«, brüllte ein Papa ein ums andere Mal, »hau ihn um«, was schwierig war, denn Georg saß im Rollstuhl und kam mit dem Boden gar nicht gut zurecht. Deswegen rief er auch ständig:
»Gib ab, du Krüppel!«
Es war ein Fest.
Um’s vorwegzunehmen: Dass meine Kids von der »Station 2« einen haushohen Sieg davontrugen, lag zum einen daran, dass Stefan und Malte, zwei liebenswerte Spastiker, ein furioses Sturmduo bildeten und, wenn auch nicht immer mit fairen Mitteln, Tor um Tor erzielten; zum anderen war ich ein super Torhüter und hielt sogar einen Elfmeter. Ich wollte ihn zwar durchlassen, aber der schwach getretene Ball des »FC-Handicap«-Kapitäns kam einfach nicht bis an die Torlinie.
Der Schütze weinte daraufhin bittere Tränen und konnte nur mit Mühe zum Weiterspielen überredet werden, was aber letztlich nichts nützte, weil er ein paar Minuten später vom Platz gestellt wurde. »Wegen Lügen«, wie es hieß.
Das mag der Hauptgrund für unseren Kantersieg gewesen sein: Der Schiedsrichter war eine Sie, hieß Mara und war parteiisch. Mara ist ein zauberhaftes Mädchen mit Down-Syndrom, das im richtigen
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