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Krieg im Himmel

Krieg im Himmel

Titel: Krieg im Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Smith
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Waffenkomponenten waren korrekt vorhanden. Die Glyphen von den Obelisken schienen wie Projektionen über meine blasse Haut zu spielen.
    In der Ferne konnte ich hoch am Himmel gerade noch zwei fliegende Wesen erkennen. Es sah aus, als würden sie kreisen. Ich dachte an ein Gericht, das über mich urteilen sollte. Ich ging darauf zu.
    Ich wachte auf der Liege auf. Mein Gesicht dehnte sich, wurde in die Länge gezogen. Schwarze flüssige Tentakel, wie bei IHNEN . Instinktive, tief verwurzelte Angst und Abscheu. Die Tentakel schieben sich aus meiner Haut, meinem Mund, meinem Gesicht. Sie durchstechen es, sie durchstechen mich .
    Ich wachte wirklich auf. Schreiend. Ich war nicht mehr auf der Liege festgeschnallt. Ich war frei! Die Zellentür war offen. Rannu stand über mir. Er sah schrecklich, abgemagert und kaputt aus. Obwohl er statt Augen schwarze Linsen hatte, wirkte sein Blick gehetzt. Und da war etwas Neues. Er schien Angst zu haben.
    Er hatte eine Kampfhose an, aber er war barfuß. Er trug ein schmutziges graues T-Shirt und einen Gauß-Karabiner in einer Hand. Einen zweiten hatte er sich über den Rücken gehängt. In der anderen Hand hielt er eine abgetrennte Hand, die an ein Miniaturgerät angeschlossen war, das warmes Blut durch das tote Fleisch pumpte.
    »Hast du die Gurte gelöst?«, fragte ich idiotischerweise.
    Er schüttelte den Kopf. Hatte sie es getan?
    »Kannst du aufstehen?«, flüsterte er eindringlich.
    Wenn ich meine tote Freundin verraten und die Graue Lady vögeln konnte, konnte ich auch aufstehen. Ich stieg von der Liege und wäre fast zusammengebrochen. Vielleicht hätte ich in Erdschwerkraft aufstehen können. Rannu half mir auf die Beine.
    »Sie ist tot«, sagte ich zu ihm und spürte, wie mein Gesicht in sich zusammenfiel, als wollte ich wieder losheulen.
    Er blickte mir in die Linsen. »Ich weiß.«
    Wirklich? Wie viel wusste er? Wusste er, was ich getan hatte? Für Selbstmitleid war immer genug Zeit. Ich umarmte ihn und schluchzte. Er erwiderte die Umarmung, ohne sich daran zu stören, dass ich nackt war.
    »Wir müssen gehen. Du musst aus eigener Kraft laufen.« Er klang nervös. Ich glaube, ich hatte noch nie zuvor bemerkt, dass Rannu nervös war.
    Ich ließ ihn los. Ich konnte mich einigermaßen auf den Beinen halten. Mir fiel auf, dass ihm die Spitze des Zeigefingers der rechten Hand fehlte. Es wunderte mich nicht, dass man ihm die beschwerte Monofilament-Garrotte abgenommen hatte.
    »Kannst du eine Waffe halten?«, fragte Rannu.
    Ich nickte. Die Gefangenschaft hatte mich nicht geschwächt. Ich war nur taub und nicht mehr ans Stehen gewöhnt. Rannu reichte mir den Gauß-Karabiner und nahm den zweiten vom Rücken. Wir blickten uns eine Weile an. Ich war froh, ihn wiederzusehen, aber vielleicht wäre es besser gewesen, wenn man mich getötet oder einer Gehirnwäsche unterzogen hätte, auch wenn ich dann alles vergessen hätte.
    Plötzlich war ich sehr wütend auf ihn, obwohl es egoistisch und irrational war. Wo war er, als Morag von Rolleston erschossen worden war? Warum hatte er mich nicht gerettet, bevor Josephine Schande über mich gebracht hatte? Dann wurde mir klar, dass er nichts gegen die eine Sache hätte tun können und dass die andere ganz allein meine Schuld war.
    Er drehte sich um und ging zur Tür, wobei er wie ein erschöpfter Soldat wirkte. Er bewegte sich langsamer und weniger anmutig als vorher. Ich folgte ihm nach draußen. Er drückte die künstlich am Leben erhaltene Hand auf den biometrischen Verriegelungsmechanismus, und die Zellentür schloss sich.
    Wir spielten Verstecken in den Korridoren, die vor Jahrzehnten mit Lasern aus dem riesigen Stalaktiten geschnitten worden waren. Er führte mich hinauf in die Luftschächte, die man ebenfalls aus dem Gestein geschnitten hatte, und zu einem automatisierten Maschinenraum mit Luftaufbereitungstechnik. Hier hatten sich die Abfälle seines Flüchtlingslebens angesammelt.
    Er setzte sich hin, legte den Kopf in die Hände und zitterte. Mit bebender Stimme bat er mich, Wache zu halten. Erst da sah ich, wie viel es ihn gekostet hatte, mich aus der Zelle zu holen.
    Dann bemerkte ich die Leiche in einer Ecke des Raums. Ein untersetzter, kräftig gebauter Mann mit der pyknischen Körperform, die offenbar für die Kolonisten von Lalande 2 typisch war. In seinem Hinterkopf steckte ein Schraubenzieher, und ihm fehlte eine Hand. Aber er trug noch seine Kleidung. Eine Leiche auszuziehen kostete erheblich mehr Kraft, als ich gedacht

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