Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Krieg im Himmel

Krieg im Himmel

Titel: Krieg im Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Smith
Vom Netzwerk:
Idee. Vielleicht würde sie mich töten. Ich hatte viel über das Leben nach dem Tod nachgedacht, von dem mir alle Sigtechs erzählt hatten, mit denen ich zusammengearbeitet hatte. Aber es waren nur hoffnungsvolle Träume, die Fantasie, dort Morag wiederzusehen.
    »Du weißt nicht, wovon du redest«, erklärte sie mir.
    Ich seufzte. »Warum bist du hier?«
    »Weil du riechst.« Sie sagte es mit monotoner Aufrichtigkeit, aber eine so kindliche Aussage von den Lippen der Grauen Lady brachte mich zum Lachen. Es war ein verbittertes Lachen. Es klang, als würde jemand ersticken. Ich war mir sicher, dass sie recht hatte. Es fühlte sich an, als würde ich schon seit Tagen hier liegen. Das einzige Zugeständnis an die Hygiene war irgendeine Saug- und Reinigungsvorrichtung, die man mir auf unangenehme Weise um den Unterleib geschnallt hatte.
    »Und?«
    Trotz der Taubheit und der Schmerzen meines Körpers begann die Graue Lady damit, mich vorsichtig mit einem Schwamm zu waschen, was ich als zutiefst surreal empfand. Sie war sehr gründlich. Sie rasierte mich sogar und steckte mir eine kleine Maschine zwischen die Lippen, die mir die Zähne putzte und mir dann den Mund ausspülte und deodorierte.
    »Deine Wunden heilen schnell«, sagte sie, als sie meine vielen Verletzungen inspizierte.
    Lag halt an der SIE -Technik, dachte ich. Das war die Gemeinsamkeit von Rolleston und mir. Ich hatte kaum noch auf meinen Gesundheitszustand geachtet, aber jetzt gab es viel weniger Rot in meinem IVD , und die Schmerzen hatten tatsächlich nachgelassen. Ich glaube, es wäre mir lieber gewesen, mich ganz auf die körperlichen Schmerzen konzentrieren zu können.
    Als sie fertig war, fragte ich: »Warum hast du das getan?«
    Sie antwortete nicht. Sie beugte sich vor und küsste mich. Ich klappte den Mund wie eine Falle zu. Sie richtete sich auf. Wieder flackerte etwas in ihrem Blick auf. Fühlte sie sich gekränkt?
    »Verdammte Scheiße!«, schrie ich.
    Ich spürte wieder etwas. Das musste man diesen Leuten lassen: Sie gingen immer wieder bis an die Grenzen.
    Sie zog sich aus. Ihr nackter Körper war drahtig, hart und überraschend zierlich für eine so starke Kämpferin. Sie stand vor mir und wirkte irgendwie verletzlich.
    »Verstehst du nicht?«, fragte ich. Verzweifelt.
    Stählerne Finger, die nach jahrelangem Kampftraining schwielig geworden waren, berührten mich. Sie wusste, wo und wie sie mich berühren musste.
    »Nicht …«, flehte ich.
    Doch mein Körper hatte mich bereits verraten. Ich wurde von einem einzelnen trockenen Schluchzer geschüttelt. Anmutig schwang sie ein Bein über die Liege, auf der ich festgeschnallt war, und hockte sich auf mich.
    »Bitte tu mir nicht weh«, sagte sie und wirkte sehr verletzlich, als sie auf mich herabblickte. In diesem Moment hätte sie nichts anderes sagen können. Sie beugte sich vor, um mich zu küssen. Diesmal ließ ich es zu. Diesmal erwiderte ich den Kuss. Sie war real. Es war immerhin etwas. Es war mehr als das ständige Gefühl der Taubheit.
    Als sie ging, weinte ich. Jetzt schien es in einem Teil der Zelle zu spuken. Ich hatte alles andere verraten und nun auch sie. Warum nicht? Und es war immer noch niemand da, der mich töten wollte. Gehörte es zu Rollestons Grausamkeit, mich hier im Elend zurückzulassen? Ich wusste genau, was ich war. Rolleston irrte sich: Ich war kein Tier. Tiere waren etwas viel Besseres. Ich war Abschaum. Ich schlief immer wieder für kurze Momente ein. Ich wollte, dass ich von meinen Träumen bestraft wurde.
    Es war eine Ebene aus schwarzem Glas über Feuer. In der Ferne die gezackten Messerspitzen von Bergen. Aus der Ebene erhoben sich Obelisken aus demselben schwarzen Glas wie die Menhire der Highlands. Fremdartige Glyphen aus orangefarbenem Licht spielten über die Oberfläche der Obelisken. Die Landschaft kam mir irgendwie vertraut vor. Eine schwarze Sonne brannte am Himmel. Ich wollte sie nicht ansehen. Ich konnte sie nicht ansehen. Sie hatte etwas Schreckliches.
    Plötzlich neben mir: eine Bewegung. Ich fuhr herum, und das Gefühl der Angst war wie die ersehnte Rückkehr meines Empfindungsvermögens. Ich starrte auf die Kapuze einer Gestalt in schwarzem Gewand, die über dem Boden schwebte. Sie bewegte sich auf mich zu, aber sie schien mich nicht zu bemerken. Ich trat einen Schritt zur Seite, und die Gestalt schien mich völlig zu ignorieren, als sie an mir vorbeischwebte.
    Ich blickte an mir herab. Ich war nackt und unversehrt. Aber als Menschmaschine. Alle

Weitere Kostenlose Bücher