Krieg im Himmel
Sache besser verstehen. Damit Sie eingestehen können, dass Sie ein Heuchler sind. Sie führen einen harten Kampf, um das niederzureißen, was die Leute über ihnen in harter Arbeit aufgebaut haben, aber Sie würden alles für ihre egoistischen Bedürfnisse und Wünsche verraten. Verstehen Sie, wie sinnlos alles war, wonach sie jemals gestrebt haben?« Er wandte sich an Kring. »Nehmen Sie ihr den Knebel ab.«
»Fickt euch selber ins Knie, ihr Wichser!« In ihrer Wut war ihr Dundee-Akzent so breit, dass die Worte kaum zu verstehen waren. Schwer zu sagen, ob die anwesenden Engländer und Amerikaner sie verstanden hatten.
»Ich lasse sie vor Ihren Augen von allen vergewaltigen. Meines Wissens ist sie so etwas gewohnt.«
»Hör nicht auf ihn, Jakob«, sagte sie mit entschlossenem Tonfall. Ich wusste, dass ihr Wille schwerer zu brechen war als meiner.
»Bitte …«, fing ich an zu flehen.
»Ich werde Sie beide in eine Senso-Maschine stecken, damit Sie beobachten können, wie sie jahrzehntelang gefoltert wird. Sie kennen mich, Sie wissen, dass ich es tun werde.«
»Scheiß auf ihn! Jakob, hör mir zu! Er kann mich nicht berühren. Sag ihm nichts!«
Ich konnte sie nicht ansehen. Ich weinte. Ich wusste, dass Rolleston dazu imstande war.
»War das noch nicht direkt genug?«, fragte Rolleston. Er zog eine Pistole und hielt sie ihr an den Kopf.
»Verdammtes Arschloch!«, brüllte Morag ihn an. Ich glaube, ich hatte noch nie jemanden erlebt, der so wütend war. »Tu es nicht! Tu es auf gar keinen Fall, Jakob!«
»Nein … bitte … aufhören …« Ich schluchzte, während ich flehte. Ich war mir aber gar nicht sicher, was aufhören sollte.
Rolleston legte den Finger an den Abzug.
»Jakob! Sieh mich an! Sieh mich wenigstens an, du Scheißkerl!«, schrie Morag.
Ich musste mich zwingen, den Kopf herumzudrehen.
Sie hatte große Angst, aber sie hatte sich in ihr Schicksal ergeben. Sie war stärker, als ich jemals sein konnte, als ich ihren eindringlichen und ernsten Blick erwiderte.
»Hör mir zu. So ist es okay. Wenn es andersherum wäre, würde ich zusehen, wie du stirbst.«
Ich glaubte ihr. Dann brach ich zusammen.
Wenn sie noch am Leben waren, würde ich alle verraten – Mudge, den Heiden, Cat, Merle, den whanau , den gesamten Widerstand und meinen kompletten beschissenen Planeten und jeden, den ich jemals gekannt hatte. Morag weinte die ganze Zeit und flehte mich an aufzuhören, nichts mehr zu sagen. Ich brauchte Stunden, um alles auszuplaudern, was ich wusste. Rolleston hörte sich alles an. Als ich fertig war, ekelte ich mich so sehr vor mir selbst, dass ich mich wie betäubt fühlte. Ich war nur noch eine Hülle, die sonst nichts mehr spüren konnte. Rolleston hatte mir bewiesen, dass ich falsch gelegen hatte.
»Verstehen Sie es jetzt?«, fragte er.
Ich nickte. Aber ich hatte nichts verstanden, und es war mir völlig egal. Es war einfach nur leichter so. Morag hatte sich auf dem Steinboden in Embryohaltung zusammengerollt und wurde von trockenen Schluchzern geschüttelt. Rolleston zeigte mir, dass ich doch noch etwas empfand. Er schoss Morag zweimal in den Kopf.
Ich schrie. Ich schrie immer wieder: »Nein!« Ich schrie es, bis meine Kehle blutete. Danach schrie ich weiter.
Sie ließen mich mit ihrer abkühlenden Leiche allein. Es war eine großkalibrige Waffe gewesen, aber sie war seltsam leise gewesen, als wäre sie schallgedämpft. Ihr Schädel sah wie ein zerbrochenes Ei aus. Ich konnte den Blick nicht davon abwenden. Ich konnte erkennen, wo die Technik ihr Gewebe zerstört hatte. Ich verspürte den obszönen Drang, ihren Kopf wieder zusammenzufügen.
Ich glaube nicht, dass es sadistische Planung war, mich dort mit ihrer Leiche zurückzulassen. Ich glaube, dass sie einfach andere Dinge zu erledigen hatten. Sie mussten ihr psychotisches totalitäres Regime am Laufen halten. Irgendwann kamen sie und brachten Morag weg. Sie räumten ihre Überreste weg, als wäre es das Endresultat ihres achtzehnjährigen Lebens, nichts außer Dreck hinterlassen zu haben.
Als sie weg war, starrte ich auf die Stelle, wo sie gelegen hatte. Man hatte sie auf einen Fleck am Boden reduziert. Ich konnte nicht anders, ich musste hinstarren. Ich hoffte, dass bald jemand kam und mich tötete. Oder mir eine Gehirnwäsche verpasste, meine Persönlichkeit veränderte, irgendetwas. Wenigstens würde ich dann auf der Gewinnerseite stehen. Gegen so etwas kann man nicht kämpfen. Der Gedanke an Rache war unmöglich. Es war niemand
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