Krieg oder Frieden / Die arabische Revolution und die Zukunft des Westens
nachdem er 1999 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet worden war, nach Ägypten zurück und wollte etwas für seine Heimat tun. Er kam als Professor aus den USA , wo sich fast seine gesamte wissenschaftliche Karriere vollzogen hatte, und wollte in seinem Heimatland Ägypten eine Wissensrevolution entfesseln. Er wurde von Mubarak geehrt, und die Verantwortlichen ließen sich gern mit ihm fotografieren. Doch als er sein Vorhaben zur Eröffnung eines wissenschaftlichen Exzellenzzentrums in Ägypten offenlegte, ging man auf Distanz zu ihm, denn Zewail wollte, dass sein Zentrum unabhängig vom Staat existiere, damit sich freie Forschung entfalten könne. Seitdem kämpft der Wissenschaftler gegen bürokratische Mühlen und politische Tricks, die ihm die Arbeit erschweren. Sein Zentrum blieb lange nur die Idee eines Visionärs, der an den Betonköpfen der Macht zu zerbrechen drohte. Erst nach der Revolution zeigte sich die neue Regierung an dem Projekt interessiert. Doch nun fehlt es an Geld, um das Projekt in vollem Umfang umzusetzen.
Auch die technische Ausbildung darf nicht wie bislang vernachlässigt werden. Eine gesunde Mittelschicht in Tunesien und Ägypten wächst nur mit gut ausgebildeten Facharbeitern. Was eine aktive Wirtschaftshilfe oder auch die Bereitstellung und Etablierung eines Marshallplans betrifft, so muss ein Hauptaugenmerk auf der Ausbildung junger Ägypter und Tunesier liegen. Nach dem Besuch von Helmut Kohl in Ägypten im Jahre 1991 wurde eine Berufsschule westlich von Kairo mit dem Namen »Mubarak/Kohl« eröffnet und ist bis heute sehr erfolgreich. Dort werden junge Ägypter in Elektrotechnik, Maschinenbau, Drucktechnik, Textiltechnik und auf weiteren Gebieten unterrichtet. Erfolgreich ist die Ausbildungsstätte, weil sie nicht nur über eine gute Infrastruktur und gut ausgebildete Lehrer verfügt, sondern auch weil die Schüler ihr Wissen sofort in die Tat umsetzen können, da die Schule mit dem privaten Sektor gut vernetzt ist, der weitere Ausbildung und spätere Beschäftigung in den Unternehmen garantiert. Die Entstehung weiterer Schulen wie »Mubarak/Kohl« (nun übrigens umbenannt in »Center for human resources and service development«) durch neue Investitionen in der Region stellt einen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung der arabischen Länder dar.
Dies ist zwar keine kurzfristige Angelegenheit, aber nur hier kann der Erfolg des Umdenkens und der möglichen Neuausrichtung liegen. Die Gründung neuer Schulen und Bildungsstätten und die entsprechende Ausbildung der Lehrkräfte nach dem deutschen und schweizerischen Modell ist ein guter Anfang. Dazu gehören auch die Verbesserung der Personalführung und die Weiterbildung von Mitarbeitern in den Unternehmen. Viele erfolgreiche einheimische Firmen und Unternehmen werden das Patriarchat der Firmenbosse ablegen und ein Management sowie Führungsstrukturen etablieren. Insider nennen das die Schaffung von »corporate structures«, oder wie es in der US -Wirtschaft heißt, »Ownership«. Das bedeutet, dass Qualität und Effektivität belohnt werden und nicht Seniorität und Beziehungen. Das motiviert die Arbeiter und lässt sie mit ihrem Unternehmen umgehen, als wäre es ihr eigenes Vermögen.
All dies hat das Ziel, die Selbstverantwortung zu verbessern. Erhöhung der Effizienz ist nicht Ziel des Unternehmers alleine, sondern auch des Arbeitnehmers, was zur Verbesserung der Produktivität führt. Eine neue Arbeitsmentalität kann dadurch entstehen.
Investitionen
Es gibt kaum eine Region, in der so viel Spielraum für Investitionen vorhanden ist wie im arabischen Raum. Das liegt daran, dass viele Branchen noch unterentwickelt sind, was hohe Wachstumsraten verspricht. Auch die chinesischen Investoren, die sonst überall in Afrika aktiv sind, blieben bislang Nordafrika gegenüber auf Distanz. Für China stellt die Region bis heute lediglich einen riesigen Absatzmarkt dar.
Westliche Länder, die Ägypten und Tunesien die Schulden oder deren Zinsen erlassen, könnten im Gegenzug auf Erleichterungen für ihre Investitionen in beiden Ländern hoffen. In der Tourismusbranche bieten beide Länder jenseits der schönen Strände zahlreiche Möglichkeiten des Wachstums. Ägypten besuchen jährlich nur zwölf Millionen Touristen, weil nicht genug Hotels vorhanden sind. Trotzdem ist eine Übernachtung in Ägypten im internationalen Vergleich die viertbilligste weltweit. Das Land verfügt über 2000 Kilometer Strände am Mittel- und am Roten
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