Krieg um den Mond (German Edition)
unbedingt einen Erfolg der Mondmission, um die labile Lage zu stabilisieren.
Und natürlich wollte er - wie eigentlich jeder im Team - wissen, was das Geheimnis der Schraube war. Hinter jedem Felsen konnte es liegen - aber man konnte nicht hinter jeden Felsen fahren und nachsehen. Vielleicht lag es in einem Krater? Möglicherweise war es von Mondstaub bedeckt? Hatten sie überhaupt eine Chance?
Der Rover hatte alles an Bord, was zum Aufspüren hilfreich sein konnte, verschiedene Kameras, Radar, einen Metall-Detektor und einiges mehr. Man hatte an nichts gespart. Aber reichte das?
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52. Konvoi
Im Nachhinein konnte niemand mehr mit Sicherheit sagen, wer angefangen hatte. Vermutlich war es Samuel Higgins gewesen, der jüngste unter den US-Sicherheitskräften. Die Langeweile war endlos, besonders wenn die Wissenschaftler am Werk waren und auf dem Dienstplan für die Sicherheit jeden Tag das gleiche stand: Gebäudeüberwachung.
Die Sicherheitskräfte durften die Institute nicht betreten. Das war den Wissenschaftlern vorbehalten, die ungestört arbeiten sollten. Samuel und seine Kameraden bewachten die Gebäude von außen. Wenn er wenigstens die Aufgabe an der Pforte bekommen hätte. Da war etwas los, weil ununterbrochen Leute kamen und gingen, die kontrolliert werden mussten. Aber natürlich hatte man ihn, den Youngster, hinter die Gebäude abkommandiert. Häufig genug stand Samuel den ganzen Tag an einem Hinterausgang neben diversen Mülltonnen. Die chinesische Wache schien genauso wenig begeistert über diese Aufgabe zu sein. Lu Feng war so alt wie Samuel. Es schien ein Grundgesetz zu sein, das überall auf dem Planeten gültig war: Die jüngsten machen die dümmsten Jobs.
In der ersten Woche schwieg man sich grimmig an, taxierte den Feind, achtete misstrauisch auf jede Bewegung, bereit sich zu verteidigen.
In der zweiten Woche realisierte Samuel, dass Lu ihn nicht erschießen würde, wenn er ihm den Rücken zukehrte.
In der dritten Woche geschah es dann. Es war besonders heiß, die Mülltonne mit den Küchenabfällen stand in der Sonne und das Essen schien darin zum zweiten Mal zu kochen. Als in der Mittagshitze der Geruch am schlimmsten war, fingerte Samuel ein Airwaves-Kaugummi aus der Tasche und schob es sich in den Mund. Ein weiteres reichte er Lu. Die chinesischen Augen sahen ihn dankbar an.
Am nächsten Tag hatte Lu etwas in einer Plastiktüte dabei, das Samuel nicht weiter definieren konnte. Die Hälfte des Vormittags ging um und Samuel hatte die Tüte schon vergessen, als Lu begann daran herumzunesteln. Er holte zwei Styropor-Verpackungen heraus und reichte Samuel eine davon. Noch bevor Samuel seine Verpackung geöffnet hatte, wusste er, was darin war: gebackene Bananen! Samuel konnte nicht so schnell schlucken, wie ihm das Wasser im Mund zusammenlief. Lu hatte öfter gebackene Bananen dabei und wahrscheinlich war ihm aufgefallen, wie sehnsüchtig Samuel jedes Mal zusah, wie er sie aß. Jetzt erntete Lu ein dankbares Lächeln.
Seit diesem Zeitpunkt entwickelte sich ein regelrechter Tauschhandel, der in kürzester Zeit auf alle anderen übergriff. Gehandelt wurde mit allem, was verfügbar war, Hamburger, Zigaretten, Cola - aber Kaugummis und gebackene Bananen blieben die Spitzenreiter.
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53. Darmstadt
Von gebackenen Bananen war Anne weit entfernt. Ihre Ernährung bestand aus den immer gleichen Pizzen, deren Kartons sich in einer Ecke ihres Büros stapelten. Als Zwischenmahlzeiten gab es Müsliriegel und - was sie schon seit Jahren nicht mehr gegessen hatte - tafelweise Schokolade. Die sollte ihr Gehirn ankurbeln. Zu ihrer Abi-Zeit hatte das gut funktioniert, aber jetzt schlug die Schokolade nicht mehr an. Neue Ideen waren so weit weg, wie der Rover auf dem Mond.
Anne hatte Verständnis dafür, dass ein ganzes Team Kollegen sich ebenfalls mit ihren Berechnungen befasste. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als dass der Rover etwas finden würde - egal, wer den Ruhm dafür bekam. Deshalb spürte sie keine Genugtuung, als Holger ihr mitteilte, dass die Kollegen auch keine besseren Ergebnisse erzielten.
„Warum muss heute auch noch diese Feier sein? Gerade jetzt“, schimpfte Anne leise vor sich hin, als sie die Eintragung in ihrem Terminkalender las. Man hatte ihr die Doktor-Würde verliehen und dazu wollte die ESA einen kleinen Empfang geben. Es war nichts Großes. Doktoren gab es bei der ESA wie in jeder Autowerkstatt Mechaniker. Trotzdem war es eine Leistung, und
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