Krieg um den Mond (German Edition)
sind das mehrere Meter. Haben Sie erwartet, dass wir ein Hochhaus finden?“
Dr. Bardouin überhörte den harten Ton von Anne. Er dachte nach.
„Diese Fläche hier hat überall die gleiche Farbhelligkeit“, bekräftigte Anne und zog dabei mit ihrem Finger einen Kreis auf dem Bild. „Das ist logisch, weil das Material und der Lichteinfall gleich sind. Wenn an dieser Stelle etwas heller ist, kann es nur ein anderes Material sein, das das Licht besser reflektiert.“
„Das ist sehr vage. Könnte es nicht einfach ein Felsen sein? Oder eine andere Neigung der Oberfläche?“
„An dieser Stelle nicht.“
Anne wollte zu einer langen Erklärung ansetzen, aber Dr. Bardouin winkte ab.
„Ich kenne Sie. Am Ende haben Sie mich doch überzeugt. Also kürzen wir das Ganze ab. Wir fahren mit dem Rover dorthin und sehen nach. Letzten Endes ist es egal, wo wir suchen. Aber nur unter einer Bedingung.“
„Und die wäre?“
„Sie fahren sofort nach Hause und schlafen zwei Tage lang.“
„Aber ich muss ...“
„Nur unter dieser Bedingung. Ja oder nein!“
„Ja, aber ...“
„Das ‘Ja’ habe ich gehört, das ‘aber’ nicht. Sie verlassen in einer Minute diesen Raum.“ Dr. Bardouin sah Anne streng an. „Ihre Kollegen werden sich, um alles weitere kümmern.“
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55. Erkenntnisse
Olaf befand sich zu dieser Zeit im CERN in der Schweiz. Er traf sich dort mit allen leitenden Wissenschaftlern der Institute, die Untersuchungen an der Schraube vorgenommen hatten. Hier wollten sie die Einzelergebnisse zu einem großen Ganzen zusammensetzen.
Das CERN bot ihnen ungestörte Abgeschiedenheit speziell vor der aufdringlichen Presse. Olaf legte Wert auf eine offene Diskussion, ohne dass jeder darauf schielte, wie seine Worte in der Öffentlichkeit ankamen. Außerdem wollte er am Ende handfeste Ergebnisse präsentieren und es unbedingt vermeiden, dass zwischenzeitlich herausgesickerte Halbinformationen die Gerüchteküche anheizten. Wilde Spekulationen gab es ohnehin mehr als genug.
Trotz dieser Abgeschiedenheit standen den Teilnehmern alle Möglichkeiten der Kommunikation mit ihren Instituten offen, da CERN an das europäische Hochgeschwindigkeitsnetzwerk GÉANT2 angeschlossen war, dem modernsten Forschungsnetzwerk der Welt.
Die optimale Ausstattung und die allgemein inspirierende wissenschaftliche Atmosphäre genügten dennoch nicht, innerhalb der geplanten drei Tage zu einem Ergebnis zu kommen. Olaf verschob den Pressetermin, an dem die Resultate präsentiert werden sollten. Die Schraube war eine echte Herausforderung. So klein und unscheinbar, wie sie war, machte sie es den Menschen doch sehr schwer ihr die Geheimnisse zu entreißen.
Olaf hatte sich auf Auseinandersetzungen eingestellt, speziell bei der Gruppe der Physiker. Einige waren von Beginn der Untersuchungen an schon skeptisch, weil sie befürchteten, die Anwesenheit der Schraube auf dem Mond würde ihr bewährtes und geliebtes Weltbild ins Wanken bringen, das Einstein mit der Konstante der Lichtgeschwindigkeit aufgestellt hatte. Andere hofften, dass genau das geschah.
Es kam ganz anders.
Die Untersuchungen ließen nur einen Schluss zu, gegen den kein Physiker etwas einzuwenden hatte. Jedenfalls nicht als Physiker. Wenn eine Gruppe Wissenschaftler Probleme haben würde, dann die der Historiker, die aber nicht eingeladen waren. Warum auch?.
Trotzdem war nicht einfach alles klar. Die kleine Schraube rüttelte an dem Weltbild von jedem der anwesenden Wissenschaftler.
Sie nahmen sich doppelt so viel Zeit wie geplant. Das Ergebnis änderte sich nicht. Und allen war klar: Es würde sich auch nicht ändern. Nicht bei der dreifachen oder vierfachen Zeit. Die wesentlichen Parameter standen fest: Die Veränderung des Materials durch die kosmische Strahlung ermöglichte zwar eine grobe, aber doch eindeutige Altersangabe. Das Vorkommen diverser Isotope stand ebenfalls fest - und damit gab es einen eindeutigen Hinweis auf die Herkunft. Alles andere lag außerhalb jeglicher vernünftiger Wahrscheinlichkeiten.
Tags darauf versammelten sich die Wissenschaftler zur Abschlusspressekonferenz. Durch die imposante „Tour de Science“ war so viel Aufmerksamkeit entstanden, dass die Plätze für die Presse vollständig belegt waren. Olaf sah einen ganzen Wald von Mikrophonen und Objektiven auf sich gerichtet. Vor einem überdimensionierten Modell der Schraube gab er nochmals eine Zusammenfassung der Geschehnisse und der wissenschaftlichen Untersuchungen.
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