Krieg um den Mond (German Edition)

sprach Anne leise zu der Rakete. „Dann werde ich dir zusehen, wie du auf die weite Reise zum Mond gehst. Ich wünsche dir viel Glück.“
    Anne konnte die Tränen nicht zurückhalten. Sie zogen eine salzige Spur über ihre Wangen.
     
    In Gedanken versunken ging Anne zurück. Auf halber Strecke hupte es wild hinter ihr. Sie sprang erschrocken zur Seite. Mit Vollgas rauschte ein Jeep an ihr vorbei und wirbelte eine kleine Staubwolke auf.
    Ist das nicht der Jeep von Bullride? Dann muss die kleine Gestalt neben ihm Elena gewesen sein.
    Anne hatte sie nur einen Sekundenbruchteil gesehen, aber sie war sich sicher, dass Elena eigenartig schlapp im Sitz gehangen hatte
    Einer bösen Ahnung folgend verfiel Anne in Trab und verfolgte den Jeep. Jetzt hörte sie ihn wieder hupen und sah, wie er vor der Krankenstation stoppte. Anne lief schneller.
    Zwei Ärzte in weißen Kitteln kamen herausgestürzt und bemühten sich, die leblos wirkende Elena auf eine Trage zu hieven. 100 Meter noch. Völlig verschwitzt und staubig erreichte Anne die Station, als die Trage mit Elena hinter der Tür verschwand.
    „Was haben Sie mit Elena gemacht?“, schrie Anne Bullrider an.
    Der sah ziemlich mitgenommen aus.
    „Nichts. Sie ist ausgerutscht und mit dem Kopf auf eine Wurzel geschlagen.“
    „Ich glaube Ihnen kein Wort.“ Ohne eine Erwiderung abzuwarten, stürmte Anne in die Station. Die Schwester an der Pforte hatte Mühe, Anne zu bremsen.
    „Sie dürfen nicht weiter. Ihre Freundin ist nicht ansprechbar. Sie ist schon im OP.“
    Widerwillig setzte Anne sich auf einen Stuhl. Sie würde nicht eher gehen, bis sie wusste, was mit Elena war.
    Eine Viertelstunde später traf Bullrider ein. Er hatte den Vorfall dem Ausbildungsleiter gemeldet und wollte nun auch wissen, wie es Elena ging. Anne würdigte ihn keines Blickes. Stumm saßen sie nebeneinander und warteten.
    Nach endlosen zwei Stunden erschien ein Arzt. „Es ist überstanden.“
    „Was ist mit Elena los?“, wollte Anne wissen.
    „Ihre Schulter ist gebrochen und sie hat eine schwere Gehirnerschütterung. Deshalb war sie bewusstlos.“
    „Können wir zu ihr?“
    „Auf keinen Fall. Sie braucht mindestens zwei Tage absolute Ruhe.“
    „Und wird sie wieder gesund?“
    „Ja, aber das wird seine Zeit dauern.“
    „Bitte richten Sie ihr einen Gruß von mir aus und informieren mich, wenn ich zu ihr kann.“
    „Mich bitte auch“, fügte Bullrider hinzu, der das Gespräch schweigend verfolgt hatte.
     
    Am folgenden Tag traf Dr. Bardouin ein. Als verantwortlicher Leiter des Gesamtprojekts wollte er unbedingt vor Ort sein. Er sah müde und sorgenvoll aus, was sicher nicht an dem langen Flug lag. Diese Situation stürzte das ganze Projekt in eine echte Krise, so kurz vor dem Start.
    Nur geringfügig später kam General Kowalev an. Er hatte auf einen Linienflug verzichtet und eine Regierungsmaschine genommen. In seinem Gefolge brachte er einen Arzt mit und zwei Beamte des FSB. Kowalev bestand auf einer sofortigen Untersuchung. Während der Arzt sich umgehend zu Elena in die Krankenstation aufmachte, fuhren die Spezialisten des FSB mit Bullrider in den Dschungel. Er sollte sie an die Stelle führen, an der der Unfall geschehen war. Kowalev zog sich mit Dr. Bardouin zurück. Es war das erste Mal, dass Anne ihn bei einer Begrüßung nicht lachen hörte. Wodka gab es natürlich auch keinen.
     
    Kurz vor Mitternacht bat Dr. Bardouin Anne in den kleinen Konferenzraum. Olaf traf gleichzeitig mit ihr ein. Außer ihnen war Kowalev da, der sofort das Wort ergriff: „Ich finde es äußerst schade, dass wir uns unter diesen traurigen Umständen treffen. Bevor wir morgen in einer offiziellen Runde über das weitere Vorgehen beraten, möchte ich Sie beide als Angehörige unseres Teams informieren.
    Die gute Nachricht unseres Arztes ist, dass Elena wieder vollkommen genesen wird. Die schlechte Nachricht ist: An eine Teilnahme an dieser Mondexpedition ist keinesfalls zu denken. Als Weiteres hat mir der FSB mitgeteilt, dass die Version von Bullrider dem Augenschein nach stimmt. Alles weist auf einen unglücklichen Unfall hin. Eine endgültige Bestätigung bekommen wir erst, wenn wir mit Elena sprechen können.
    Was die Mission betrifft, stehen wir vor einer schwierigen Entscheidung. Sie wissen, dass wir, wie vor jedem bemannten Raumflug, mehrere Astronauten ausbilden, damit Ersatz für Ausfälle da ist. Aber das geht nur bis zu einem gewissen Punkt, an dem wegen begrenzter Kapazitäten eine Entscheidung