Krieg um den Mond (German Edition)
amerikanischen Mission dürfte gespeichert sein, den Kurs der chinesischen Rakete müssen Sie mit Näherungswerten berechnen. Ich werde Catherine Montillon anrufen. Sie ist die Generaldirektorin der ESO.“
Ihre Wege trennten sich. Während Anne sich beeilte, in die Steuerzentrale zu kommen und in Gedanken bereits eine Liste mit den benötigten Programmen und Daten machte, suchte Dr. Bardouin sein Büro auf.
Catherine zu überzeugen war nicht einfach. Sie kannten sich gut von manchen Auftritten vor den Wissenschaftsausschüssen der Europäischen Kommission. Catherine besaß die gleiche Leidenschaft für den Weltraum wie Dr. Bardouin, allerdings mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Während sich die ESA mit Raketen, Satelliten und Weltraummissionen beschäftigte, ging es bei der ESO um die reine Beobachtung, wie es der Name schon sagte: European Southern Observatory, die Europäische Südsternwarte. Sie entwickelte und betrieb riesige Teleskope für die europäischen Teilnehmerstaaten, unter anderem das E-ELT, das European Extremely Large Telescope. Es war das größte Teleskop weltweit und hatte fast eine Milliarde Euro gekostet. Genau das war der Punkt, an dem Dr. Bardouin Catherines Leidenschaft immer wieder sehr schmerzlich erlebte.
Die finanziellen Mittel für die Weltraumforschung waren begrenzt. In krassem Gegensatz dazu waren die Möglichkeiten dieses Geld auszugeben unerschöpflich. Die Wissenschaftler entwickelten enorme Kreativität und jeder war von seiner Idee restlos überzeugt. Leider war jedes Vorhaben enorm teuer. Dreistellige Millionenbeträge waren eher die Regel als die Ausnahme. So kam es, dass sich ESA und ESO unentwegt um die Anteile aus dem verfügbaren Topf stritten. Catherine war bekannt dafür, wie eine Löwin, um jeden Euro zu kämpfen. Kaum war das Very Large Telecope fertig gestellt und hatte die Arbeit in Chile aufgenommen, war schon das Extremely Large Telescope dran gekommen und OWL, das Overwhelmingly Large Telescope, war von Catherine noch längst nicht abgeschrieben. Es sollte mehr als doppelt so groß wie das ELT werden.
Wie erwartet, erreichte Dr. Bardouin Catherine auch um diese fortgeschrittene Uhrzeit in der Zentrale der ESO in Garching. Catherine schien sich immer dort aufzuhalten.
„Ah, Louis, mein Lieblingsfeind“, empfing Catherine ihn am Telefon. „Ein seltenes Vergnügen von dir angerufen zu werden. Ich halte jede Wette, dass du etwas von mir willst. Also rede nicht lange drumherum. Ich habe viel zu tun.“
Typisch Catherine. Sie hasste Smalltalk und legte Wert darauf sofort auf den Punkt zu kommen. Dr. Bardouin wusste das nur zu gut und hatte sich entsprechend vorbereitet. Er schaffte es, die ganzen Ereignisse in fünf Minuten zusammenzufassen. Jeder andere wäre von diesem Extrakt überfordert gewesen, hätte nachgefragt, sein Erstaunen ausgedrückt oder Ähnliches. Nicht so Catherine. Mit ihrem kristallklaren Verstand zog sie sofort die richtigen Schlüsse.
„Dass du mich erst so spät einweihst, darüber reden wir noch, jetzt müssen wir handeln. Du willst also, dass wir unser Teleskop auf die chinesische Rakete richten? Dir ist bewusst, dass unser Teleskop dafür nicht gebaut ist?“
Natürlich wusste Dr. Bardouin, dass das Teleskop dafür gebaut war, Milliarden Jahre in die Vergangenheit zu sehen und die Sterne zu beobachten, die kurz nach der Entstehung des Universums entstanden waren. Erdnahe Beobachtung stand nicht auf der Agenda.
„Ich hoffe, dass ihr es trotzdem könnt.“
„Wir werden es versuchen. Wenn überhaupt, wird es nur vorläufige Ergebnisse geben. Für eine gute Auswertung müssen wir die Computerprogramme erheblich modifizieren. Das wird dauern.“
„Vorläufiges reicht mir. Es wäre sowieso besser, mit den Bildern noch nicht an die Öffentlichkeit zu gehen.“
„Ich werde diesen Missbrauch rechtfertigen müssen.“
„Wenn du gute Bilder machst, wirst du sie später zu deinem Vorteil verwenden können. Das wird eine Menge Aufmerksamkeit auf dein Projekt lenken - und dazu eine gute Summe einbringen.“
„Du brauchst mich nicht zu ködern. Ich weiß, wann etwas wichtig ist. Was ich brauche, sind exakte Koordinaten.“
„Die sind in Arbeit. Es wird nicht mehr lange dauern.“ Das war zwar nur eine hoffnungsvolle Vermutung, aber Dr. Bardouin rechnete fest mit Annes Fähigkeiten.
„Gut. Wir bereiten alles vor, damit wir nur noch das Feintuning vornehmen müssen, wenn deine Daten kommen. Bis später.“
Damit war Catherine
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