Krieg um den Mond (German Edition)
Woche und das Wochenende verliefen wenig entspannend. Am Montag ging Olaf bald in Annes Büro. Er hatte sich vorgenommen, sie ganz locker zu begrüßen, was ihm aber nicht wirklich gelang.
„Du hast dich rar gemacht in der letzten Zeit.“
„Ich hatte mir ein paar Tage frei genommen.“
„Du hast mir nichts davon erzählt.“
„Meine Mutter ist krank geworden und da bin ich kurzfristig hingefahren, um sie zu besuchen und ihr zu helfen.“
„So, deine Mutter ist krank“, wiederholte Olaf. „Dann hoffe ich, dass es ihr bald wieder besser geht.“
„Warum sagst du das so eigenartig? Hast du was?“
„Ich hatte gehofft, wir könnten etwas zusammen unternehmen. Statt dessen sehe ich dich nur mit diesem Balton herumhängen.“
“Schnüffelst du mir nach? Ja, ich habe mit Tim gesprochen. Das ist nicht verboten, oder?“
„Du kannst reden, mit wem du willst. Du bist erwachsen.“
„Ich wollte wissen, wer Tim ist. Er war in dem Mond-Rover-Projekt der NASA. Das ist doch logisch, dass mich das interessiert.“
„Und? Wie ist er?“
Die Art und der Unterton, mit dem Olaf fragte, begann Anne zu ärgern. „Er ist sehr nett, wenn du das wissen willst. Man hat ihm übel mitgespielt. Er kann einem richtig leid tun.“
„Und du hast ihn sicher getröstet. Mir schien er ganz munter, als er mit dir geredet hat.“
Jetzt wurde es Anne zu bunt. Sie hatte keine Lust, sich zu rechtfertigen. Und dass sie mit ihrer Anteilnahme auch ihr schlechtes Gewissen beruhigen wollte, weil sie Tim ausspioniert hatte, musste sie Olaf nicht auf die Nase binden. „Bist du nur gekommen, um mich zu ärgern? Das brauche ich nicht.“
„Du scheinst ja zufrieden zu sein, wie alles läuft. Dann will ich nicht weiter stören.“
Als Olaf zur Tür heraus war, rekapitulierte Anne das Gespräch. War Olaf eifersüchtig? Wenn er wieder normaler drauf war, musste sie unbedingt mit ihm darüber reden. Sie war sich keiner Schuld bewusst. Sie wollte einfach nett zu Tim sein. Er brauchte jemanden, mit dem er über seine Erfahrungen reden konnte. Anne hatte nicht viele Kontakte zu Gordon Forell gehabt, aber sie war wenigstens ein bisschen eine Leidensgenossin.
Tim brauchte solch ein Gegenüber, und wenn er es gefunden hatte, fasste er sehr schnell Vertrauen. Bei der NASA war es Teresa gewesen, mit der er sich gut verstand. Sie hatten sich gegenseitig aufgebaut, wenn Gordon es zu schlimm trieb. Diese Freundschaft hatte sich durch die Kündigung und seinen Wegzug nicht verändert. Tim war hervorragend informiert und erzählte alles bereitwillig Anne.
Es störte ihn auch nicht, wenn Anne einiges von seinen Informationen an Dr. Bardouin weitergab. Warum sollte er Gordon in Schutz nehmen? Gordon hatte reichlich Schaden angerichtet, und wie es aussah, war er noch nicht fertig damit. Wenn ein paar Insiderinformationen dazu beitragen konnten, alles zu einem besseren Ende zu bringen, war Balton das nur Recht.
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39. Houston, Texas
Seit dem Abschuss seiner Mond-Mission stand Gordon Forell unter Hochspannung, mehr als je zuvor. Alle, die ihn länger kannten und gedacht hatten, seine unausstehliche Art könnte nicht mehr schlimmer werden, wurden eines besseren belehrt. Er war weder für Kritik noch für neue Gedanken offen. Über das weitere Vorgehen wurde natürlich viel diskutiert. An Aufgeben dachte niemand - trotz aller Rückschläge. Aber es gab einige, die nachdenklich geworden waren und nicht einfach so weitermachen wollten. Das war Gordon zuwider. Jedes Mal, wenn die Worte „Kompromiss“ oder „Zusammenarbeit“ fielen, fuhr er dazwischen und erstickte jeden Gedanken im Keim. Niemals würde er Kompromisse eingehen.
„Zusammenarbeit ist etwas für die, die alleine zu schwach sind“, donnerte Gordon seine Mitarbeiter an. Er war nicht schwach.
Diese Linie verfolgte Gordon mit aller Konsequenz. Als größten Erfolg verbuchte er, dass Wincent darauf einschwenkte. Gordon präsentierte ihm Lösungsvorschläge und vermittelte die Überzeugung, dass es zu schaffen war. Gordon bereitete die Powerpoint-Präsentation für Wincents Besuch in Washington persönlich vor.
Dieser Erfolg sorgte zum Leidwesen seiner Mitarbeiter nicht dafür, dass Gordon endlich zufrieden war und wieder umgänglicher wurde. Er hatte sich in dieses Projekt verbissen - und das bekam jeder zu spüren, der in seine Reichweite geriet, was alle nach Möglichkeit zu vermeiden suchten. Die Einzige, die absolut keine Chance zum Ausweichen hatte, war Teresa. Wenn
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