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Krieg und Frieden

Krieg und Frieden

Titel: Krieg und Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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Unbeweglichkeit bei. Ihre Stimme aber vermochte sie nicht mehr zu beherrschen.
    »Das wäre nicht übel!« kreischte sie. »Ich habe niemals etwas verlangt, und ich will nichts annehmen! Aber das ist der Dank, das ist die Zuneigung zu denen, die ihm alles geopfert haben! Bravo! Zum Glück bedarf ich nichts, Fürst!«
    »Aber du bist nicht allein, du hast Schwestern.«
    »Ja«, fuhr sie fort, ohne auf ihn zu hören, »das wußte ich schon seit langer Zeit, aber ich dachte nicht mehr daran, daß ich nur Neid, Doppelzüngigkeit, Falschheit, den schwärzesten Undank in diesem Hause zu erwarten hatte! Ich habe alles begriffen, und ich weiß wohl, wem ich diese Intrige zu verdanken habe.«
    »Aber es handelt sich jetzt nicht darum, meine Liebe.«
    »Das ist Ihr Schützling, diese liebenswürdige Fürstin Drubezkoi, die ich nicht einmal zur Kammerjungfer haben möchte, dieses häßliche, abscheuliche Geschöpf!«
    »Nun, nun, verlieren wir nicht unnütz die Zeit.«
    »Ach, lassen Sie mich! Sie hat sich hier eingeschlichen während des Winters und hat dem Grafen Abscheulichkeiten erzählt über uns alle, besonders über Sophie, die ich Ihnen nicht wiederholen kann. Der Graf ist darüber krank geworden und hat uns vierzehn Tage lang nicht vor sich gelassen. Damals hat er dieses schmutzige Papier geschrieben, welches, wie ich glaubte, gar keinen Wert haben konnte.«
    »Nun sind wir bei der Sache. Aber warum hast du mich nicht benachrichtigt? Wo ist das Papier?«
    »Es liegt in der Mosaikmappe, die er immer unter seinem Kopfkissen liegen hat ... ja, diese war es, und wenn ich eine große Sünde auf dem Gewissen habe, so ist es der Haß gegen dieses Weib! Warum drängt sie sich zwischen uns ein? Aber der Tag wird kommen, wo ich ihr die Wahrheit sage!« schrie die Fürstin, ganz außer sich.

19
    Während diese Gespräche im Salon und bei der Fürstin stattfanden, brachte der Wagen des Fürsten Wassil Peter und mit ihm die Fürstin Drubezkoi, welche nötig gefunden hatte, ihn zu begleiten. Während die Räder lautlos über das Stroh rollten, das vor dem Palast des Grafen Besuchow auf der Straße ausgestreut war, suchte sie ihren Begleiter durch gewöhnliche Phrasen zu trösten. Zu ihrem großen Erstaunen aber war Peter eingeschlafen. Der Wagen hielt an einer der Seitenpforten. In dem Augenblick, wo Peter ausstieg und der Fürstin folgte, zogen sich zwei Männer rasch in den Schatten der Mauer zurück. Niemand achtete darauf. »Es muß so sein«, dachte Peter und folgte rasch der Gräfin die Hintertreppe hinauf. Er fragte sich, warum sie diesen ungewöhnlichen Eingang gewählt hatte und welchen Zweck dieser Besuch beim Grafen habe, aber die Zuversicht und Eile der Fürstin ließen ihm keine Zeit zu weiterem Nachdenken.
    »Geht es hier nach den Gemächern der Fürstinnen?« fragte Anna Michailowna einen der Diener, welche die Treppe herabkamen und sich an die Wand drückten, um ihr Raum zu geben.
    »Hier die Tür zur Linken!« erwiderte der eine.
    »Der Graf hat mich wahrscheinlich nicht gerufen«, sagte Peter, »ich würde vorziehen, in mein Zimmer zu gehen.«
    Die Fürstin hielt oben an, um ihn zu erwarten.
    »Ach, mein Freund«, sagte sie, »glauben Sie mir, ich leide ebenso wie Sie. Aber seien Sie ein Mann! Bedenken Sie, es ist Ihr Vater, und er liegt im Sterben«, seufzte sie. »Ich liebe Sie wie meinen Sohn, vertrauen Sie mir, ich werde über Ihre Interessen wachen.«
    Peter verstand nichts davon und ließ sich willenlos fortführen. Die Fürstin öffnete eine Tür und trat in ein kleines Vorzimmer. Ein alter Diener der Fürstin saß in einer Ecke und strickte einen Strumpf. Peter hatte niemals diesen Teil des Hauses gesehen. Die Fürstin fragte eine Kammerjungfer, wie die Fürstin sich befinde, indem sie auf das Mädchen verschiedene zärtliche Anredeworte, »meine Liebe« und »mein Kind« verschwendete. Diese ging der Fürstin einen langen Gang voran, das erste Zimmer zur Linken war das der älteren Nichte. Im Eifer ließ das Mädchen die Tür halb offen, so daß Peter und seine Führerin unwillkürlich hineinsahen und die ältere Fürstin mit dem Fürsten Wassil im Gespräch erblickten. Beim Anblick der beiden Besucher warf sich der letztere mit einer deutlichen Bewegung des Ärgers zurück, während die Fürstin heftig die Tür zuschlug und schloß. Der Ausdruck von Zorn, der seiner gewöhnlichen Ruhe so sehr widersprach, und die Besorgnis auf seinem Gesicht waren so auffallend, daß Peter mit einem fragenden Blick nach

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