Krieg – Wozu er gut ist
erreicht. Im folgenden Jahr fuhr ein noch außergewöhnlicheres Schiff von England nach China: die Nemesis , ein Eisenschiff mit Geschützen und Raketenwaffen. Es war so ungewöhnlich, dass die Royal Navy es nicht als offizielles Kriegsschiff akzeptierte. Selbst ihr Kapitän räumte ein: »Ebenso wie die Schwimmfähigkeit Holz … zum natürlichsten Material für den Schiffsbau machte, ließ die Sinkeigenschaft Eisen auf den ersten Blick für solche Zwecke ungeeignet erscheinen.« 61
Die Nemesis befand sich wegen eines ungewöhnlich schmutzigen Streits auf dem Weg nach Ostasien. Die westlichen Händlern gegenüber zutiefst argwöhnischen chinesischen Regierungen hatten Erstere über Generationen in winzigen Enklaven von Macao und Guangzhou zusammengepfercht und genauestens festgelegt, was sie kaufen und verkaufen durften. Die Kaufleute aber waren der Ansicht, dass, was immer eine chinesische Regierung sagen mochte, die chinesische Kundschaft an ihren Waren – vor allem an Opium – höchst interessiert war. Da das beste Opium aus dem von Briten kontrollierten Indien kam, lief das Geschäft bestens. Bis Peking 1839 den Drogen den Krieg erklärte.
Die chinesischen Behörden hatten von den britischen Drogenhändlern ein Vermögen an Opium konfisziert. Nach einigermaßen halbseidenem Lobbying überredeten die Händler die Regierung in London, eine Entschädigung sowie einen Stützpunkt in Hongkong und Zugangsrechte zu anderen Häfen für Händler und Kaufleute (einschließlich der Drogenhändler) zu fordern. China lehnte ab im Vertrauen darauf, dass die Entfernung esschützen würde, worauf die Nemesis und eine kleine britische Flotte die chinesische Verteidigung auseinandernahmen.
Die technische Kluft zwischen den beiden Seiten des Opiumkriegs war erstaunlich. Nach der Beschreibung eines britischen Offiziers sahen chinesische Dschunken »so aus, als ob die Sujets [mittelalterlicher] Drucke Leben, Substanz und Farbe angenommen hätten und sich vor mir bewegten und agierten, ohne etwas vom Gang der Welt durch die Jahrhunderte und von allen modernen Anwendungen, Erfindungen oder Verbesserungen zu wissen«. 62 Die chinesischen Befestigungen fielen unter den Kanonen der Invasoren, und 1842 gestand Peking Großbritannien zu, was es verlangt hatte.
Dampfschiffe überschwemmten nun Chinas Küstenstädte mit westlichen Waren, und 1853 dampfte eine amerikanische Flottille auf der Suche nach Bekohlungsanlagen kühn in die Bucht von Tokio. Sie schüchterte die japanische Regierung ein, ohne auch nur einen Schuss abzufeuern. Das Weiße Haus ignorierte zwar den Vorschlag seines Kommodores, kurzerhand Taiwan zu annektieren, aber die Botschaft war klar: Kein Küstenland war mehr vor dem Westen sicher.
Das galt im Übrigen auch für Länder ohne Küste. Was Dampfschiffe auf Meeren und Flüssen leisteten, erledigten Eisenbahnen im Binnenland. Allerdings ging die Aggression hier weniger von den Europäern aus als von ihren Siedlern in Übersee. Die europäischen Staaten hatten bereits früh festgestellt, dass ihre Kolonisten Tausende Kilometer von der Heimat entfernt kaum eine Notwendigkeit sahen, Befehle zu befolgen. Seit dem 16. Jahrhundert hatten Lissabon, Madrid, London und Paris eine Flut von Vorschriften zu Handel, Tee, Sklaven und Briefmarken erlassen, aber Brasilien, Mexiko, Massachusetts und Quebec hatten diese geflissentlich ignoriert. Selbst wenn Könige recht milde Forderungen stellten – etwa dass Kolonisten für ihre eigene Verteidigung bezahlen sollten –, weigerten weiße Siedler sich regelmäßig und wehrten sich gegen alle Versuche, sie dazu zu zwingen.
Nachdem Großbritannien die Vereinigten Staaten verloren hatte, behielt es Kanada, Südafrika, Australien und Neuseeland nur, indem es diesen Territorien weitgehend das zugestand, was die amerikanischen Rebellen gefordert hatten. Frankreich verkaufte seine letzten nordamerikanischen Gebiete 1803; Spanien hatte bis 1825 alle Überseeterritorien außer Kuba und Puerto Rico verloren, und Portugals Anteil war vollständig ausgelöscht.
Wegen der befürchteten Kosten einer Eroberung (und manchmal sogar aus Sorge um die Rechte der Einheimischen) hatten die europäischen Staaten gezögert, ins Binnenland ihrer überseeischen Gebiete vorzudringen. Die weißen Siedler hatten weniger Bedenken. Amerikaner strömten bereits über die Appalachen, noch bevor die Tinte der Unabhängigkeitserklärung getrocknet war, und mit den Chickamauga-Kriegen (1776–1794) begann ein
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