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Krieg – Wozu er gut ist

Krieg – Wozu er gut ist

Titel: Krieg – Wozu er gut ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Morris
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Taï-Nationalpark kontinuierlich eindämmt. Dazu hätten er und seine Mannen eine biologische Evolution zu Tieren durchlaufen müssen, die wie der Mensch einer kulturellen Evolution fähig sind. Alphamännchen bei Schimpansen können ihre Gemeinschaften genauso wenig so umorganisieren, dass sie auf den Leistungen ihrer Vorgänger aufbauen, wie sie Revolutionenin militärischen Angelegenheiten Vorschub leisten können. Nur wir sind zu so etwas in der Lage.
    Und genau das ist es, was wir, wie wir in Kapitel 5 gesehen haben, in den vergangenen 10   000 Jahren getan haben. Wir haben größere Gesellschaften geschaffen, die ihre militärischen Angelegenheiten unablässig revolutioniert und immer erbittertere Kriege geführt haben. Um in diesen Konflikten jedoch bestehen zu können, mussten diese größeren Gesellschaften ihre Mitglieder dazu bringen, besser zu kooperieren, und das trieb sie einerseits in die Arme von stationären Banditen, andererseits aber auch zu innerem Frieden und Wohlstand. Auf diese seltsam paradoxe Weise hat Krieg die Welt sicherer und wohlhabender gemacht.
Das Pazifistendilemma
    In Gewalt . Eine neue Geschichte der Menschheit , der seit Norbert Elias’ großem Werk Über den Prozess der Zivilisation vielleicht besten Abhandlung über den modernen Rückgang der Gewalt, illustriert der Psychologe Steven Pinker seine Beweisführung zur zunehmenden Friedfertigkeit in Europa und Nordamerika seit 1500 n. Chr. mit einem Spiel, das er das »Pazifistendilemma« nennt. 10 Das Grundkonzept ähnelt im Prinzip dem Falken-und-Tauben- beziehungsweise dem Schaf-und-Ziegen-Spiel, die ich beide früher in diesem Kapitel vorgestellt habe. Pinker legt in diesem Fall fest, dass jedes Mal, wenn ein Konflikt zu lösen ist, die Prämie für friedfertiges Verhalten oder Kooperation für jeden Spieler fünf Punkte beträgt. Die Belohnung für den Angriff und das Ausrauben eines arglosen Spielers liegt bei zehn Punkten, Opfer eines solchen Angriffs zu werden schlägt hingegen mit unverhältnismäßig hohen hundert Minuspunkten zu Buche. (Wenn Sie jemals überfallen worden sind, wird Ihnen das logisch vorkommen.) Wie zu erwarten, reicht die Furcht, hundert Punkte zu verlieren, hin, jedermann schießwütig zu machen, obwohl die Strafe für den Fall, dass beide Spieler sich in einen Kampf verwickeln, fünfzig Minuspunkte für die Beteiligten beträgt (beide Spieler werden verletzt, und keiner von beiden bekommt, was er haben wollte). Jeder hätte gerne die fünf Punkte fürs Kooperieren, aber jeder riskiert die fünfzig Minuspunkte für den Kampf, um den hundert Minuspunkten für das Überfallenwerden zu entgehen.
    Und doch driftet in den vergangenen paar Jahrhunderten die ganze Welt in Richtung auf die fünf Punkte. Pinker zufolge gibt es dafür nur eine einzige mögliche Erklärung: Die Logik des Todesspiels will es, dass sich die Anreize im Laufe der Zeit geändert haben. Entweder die Belohnung für friedfertiges Verhalten oder die Kriegskosten oder beide sind so in die Höhe geschossen, dass die Bandbreite an Situationen, in denen Gewalt sich auszahlt, geringer geworden ist, und wir haben darauf reagiert, indem wir immer seltener Gewalt anwenden.
    Der Wandel, den jemand, der heute wie ich mittleren Alters ist, miterlebt hat, ist durchaus bemerkenswert. Als ich vor etwa zehn Jahren eine Ausgrabung in Sizilien zu leiten hatte, kam eines Abends beim Essen das Thema physische Auseinandersetzung zur Sprache. Einer der Studenten am Ausgrabungsort – ein großer athletischer Bursche Anfang zwanzig – erklärte, er könne sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass ihn jemals das Bedürfnis packen könnte, jemandem eine runterzuhauen. Ich hielt das für einen Witz, aber es wurde rasch klar, dass kaum jemand am Tisch jemals im Zorn die Hand erhoben hatte. Einen Augenblick lang hatte ich das Gefühl, in eine Episode aus dem Film Im Zwielicht geraten zu sein. Ich selbst war kein übermäßig wildes Kind, aber ich kann mir nicht vorstellen, wie ein Junge in den 1970er Jahren seine Schulzeit ohne wenigstens die eine oder andere gelegentliche Prügelei hinter sich hätte bringen können. Studenten der Stanford University mögen sich zugegebenermaßen am äußeren Ende des Gewaltlosigkeitsspektrums befinden (Psychologen bezeichnen solche Leute als WEIRD: »western, educated, industrialized, rich, and democratic« 11 ), aber sie sind trotzdem Teil eines allgemeineren Trends. Wir leben in einem freundlicheren, sanfteren

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