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Krieg – Wozu er gut ist

Krieg – Wozu er gut ist

Titel: Krieg – Wozu er gut ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Morris
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die großen Reiche der Antike entstanden, auf frappierende Weise zusammenfallen. Der Grund, weshalb der Krieg in diesen Glücklichen Breiten Leviathan gebar, während das Leben andernorts, um mit Hobbes zu sprechen, so »einsam, armselig,widerwärtig, vertiert und kurz.« blieb wie eh und je, ist einfach der, dass der Ackerbau den Krieg produktiv werden ließ.
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    Abbildung 2.4Das Kernland
    Gebiete in Vorderasien und Ägypten, die in diesem Kapitel erwähnt werden.

    Diese Geschichte beginnt etwa 9   000 Jahre vor der Schlacht zwischen Persern und Griechen bei Plataiai, als die Welt sich nach der letzten Eiszeit wieder zu erwärmen begann. *13 Pflanzen reagierten auf das wärmere, feuchtere Klima durch rasante Vermehrung; Tiere reagierten auf den Überfluss an Pflanzen, indem sie sie fraßen, was ebenfalls zu einer rasanten Vermehrung führte; und der Mensch schließlich reagierte auf diese Überfülle an Pflanzen und Tieren, indem er beides aß – mit absehbaren Folgen. Zum kältesten Zeitpunkt der letzten Eiszeit, vor etwa 20   000 Jahren, hatte es auf der Erde etwa eine halbe Million Menschen gegeben; 10   000 Jahre später waren es zehn Millionen.
    Damals wie heute wirkte sich die Erderwärmung auf jeden Winkel des Planeten aus, auf einige jedoch mehr als auf andere. Was die Glücklichen Breiten glücklich machte, war der Umstand, dass in diesem Teil der Welt dasZusammenwirken von Klima und Ökologie zur Entwicklung großkörniger Gräser und großer, fleischiger Tiere führte. Es ließ sich hier besser jagen und sammeln als irgendwo sonst auf der Erde, und die Bevölkerungszahl stieg entsprechend rapide an. Von den zehn Millionen Menschen, die es um 8000 v.   Chr. auf unserem Planeten gab, lebten über die Hälfte in diesen Glücklichen Breiten.
    Während der Eiszeiten hatten die Menschen als Wildbeuter in winzigen Horden gelebt, die, den Jahreszeiten hinterherziehend, auf der Suche nach heranreifenden wilden Pflanzen und umherwandernden Tieren waren. Schon vor dem endgültigen Ende der Eiszeit war in einigen Gebieten der Glücklichen Breiten (allem Anschein nach vor allem im Jordantal) die Ausbeute so gut geworden, dass es sich dort in Dörfern sesshaft werden und das ganze Jahr über von dem nunmehr überreichen Nahrungsangebot leben ließ.
    Damit ging etwas ganz Bemerkenswertes einher. Durch intensivere Ausbeutung sowie selektive Kultivierung und Pflege bestimmter Arten von Pflanzen und Tieren übte der Mensch unbewusst (und sehr, sehr langsam) selektiven Druck auf sie aus, was eine Modifikation der genetischen Strukturen dieser Nahrungsquellen zur Folge hatte. Zu diesem Prozess – der Domestizierung *14 – kam es in den Glücklichen Breiten nicht etwa, weil die Menschen dort gescheiter oder tatkräftiger gewesen wären als in (sagen wir mal) Sibirien oder der Sahara, sondern weil es hier die bei weitestem dichteste Konzentration von potenziell domestizierbaren Pflanzen und Tieren auf dem Planeten gab. Die Menschen selbst waren rund um den Globus so ziemlich die gleichen, und so setzte der Domestizierungsprozess, wie zu erwarten, eben dort ein, wo die Bedingungen dafür am günstigsten waren.
    Jared Diamond erläutert dies auf ganz beeindruckende Weise in seiner klassischen Studie Arm und Reich . Die Welt, so bemerkt Diamond, verfügt über etwa 200   000 Pflanzenspezies, der Mensch jedoch kann davon nur etwa 2000 verzehren, und nur etwa zweihundert haben genetisch genügend Domestizierungspotenzial. Von den 56 Pflanzen mit essbaren Samen von wenigstens zehn Milligramm wuchsen ursprünglich fünfzig in denGlücklichen Breiten und nur sechs über den Rest des Planeten verteilt. Von den 14 Spezies an Säugetieren mit einem Gewicht von über fünfzig Kilogramm, die Menschen domestiziert haben, bevor im 20. Jahrhundert die Wissenschaft zum Zuge kam, stammten neun aus den Glücklichen Breiten.
    Wen wollte es da wundern, dass die Domestizierung in den Glücklichen Breiten begann; oder dass sie, innerhalb dieser Breiten, zuerst in Vorderasien einsetzte, wo es die dichteste Konzentration potenzieller Kulturpflanzen gab. Die wilden Vorfahren von Rindern, Schafen, Ziegen, Weizen, Gerste und Roggen waren alle in der hügeligen Landschaft von Syrien, dem Irak und den an sie grenzenden Ländern heimisch, dem Iran, Libanon, Israel und der Türkei, also im Bereich des »Fruchtbaren Halbmonds« (oder den »Hilly Flanks«, wie das Gebiet unter Archäologen gern heißt). Erste Anzeichen für diesen

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