Krieg – Wozu er gut ist
Abschnitt die Rede ist.
Der erste davon war Mailikukahi, der (wahrscheinlich in den 1470er Jahren) alle seine Rivalen auf Oahu tötete, um dann zum stationären Banditen zu werden. Er ließ Bewässerungskanäle und Tempel bauen und vereinigte alle Macht auf sich. Sein Volk, so heißt es in den Sagen, gedieh aufs Prächtigste, und binnen eines Jahrhunderts kamen auf anderen Hawaii-Inseln gar noch beeindruckendere Könige auf. Der Herrscher von Maui, Kihapi’ilani, der um 1590 regierte, war der Legende nach nicht nur ein großer Herrscher, ein toller Surfer, ein gutaussehender Mann und ein grimmiger Krieger, er war auch ein Erneuerer des Ackerbaus, der Wälder roden und riesige Süßkartoffelfelder anlegen ließ; darüber hinaus war er ein Friedenstifter, der fair über seine Untertanen regierte.
Wie in Eurasien nahm der produktive Krieg auch auf Hawaii keinen geradlinigen Verlauf. Der schöne König Kiha wurde nur König, weil er sich mit seinem älteren Bruder zerstritt (der Kiha der Legende nach ein Glas voller Fische und Kraken ins Gesicht geschleudert hatte) und das Königreich durch einen Bürgerkrieg aufspaltete. Dieser Kollaps jedoch führte zu weiterem Wachstum. Kiha gewann, weil ’Umi, König der Großen Insel – auch er ein berühmter Pflanzer von Süßkartoffeln –, darauf brannte, seinen Einfluss auf Maui auszudehnen, und Truppen schickte, um dem Usurpator zur Seite zu stehen.
Hawaiis Einigungskriege ähnelten in auffallender Weise den produktiven Kriegen Eurasiens in den tausend Jahren vor 200 n. Chr. und unterschieden sich nicht minder auffällig von dem Teufelskreis produktiver und unproduktiver Kriege, in dem sich Eurasien zwischen 200 und 1400 n. Chr. gefangen sah. Letzteres liegt ganz offensichtlich darin begründet, dass es auf Hawaii weder Steppen noch Pferde gab. Aus diesem Grund tat die hawaiianische Ausgabe des produktive Krieges für jeden Schritt nach hinten, wie ihn etwa Hawaiis Bürgerkrieg darstellte, im Folgenden zwei Schritte nach vorn. Spätestens in den Zehnerjahren des 17. Jahrhunderts versuchten Herrscher immer wieder, mehrere Inseln auf einmal unter ihre Kontrolle zu bringen. Waikiki Beach wurde zum beliebten Landeplatz für Invasionen von Oahu. Jahrhunderte bevor der erste Tourist sich auf dem perfekten Strand ausstreckte, verbluteten ein König von Maui, ein Hohepriester von Iahu und mehrere tausend Krieger in diesem Sand.
Im 18. Jahrhundert komprimierte der Krieg die acht Inseln zu nur drei Königreichen, die jeweils Heere von bis zu 15 000 Mann auszuheben vermochten und, in einem Fall, eine Flotte von 1200 Kanus. »Hätte sich der Kontakt mit dem Westen um ein Jahrhundert hinausgezögert«, spekuliert Hawaiis führender Archäologe, »einer dieser Staaten hätte die Oberhand über das ganze Archipel erlangt«. 31 Es war ein produktiver Krieg – und was für einer.
Die meisten Bauern jedoch, die die Glücklichen Breiten auf der Suche nach neuem Land verließen, hatten nicht das Glück, einen Pazifik voll unbewohnter Inseln zu finden. In der Regel lebte dort, wo die Migranten hinkamen, bereits ein anderes Volk. Hier und da liefen lokale Wildbeuter einfach davon, wenn die Bauern kamen; aber wer davonlief, musste bald feststellen, dass dann immer mehr Bauern kamen, die immer mehr Wald rodeten undimmer mehr Land unter den Pflug nahmen, bis den dort Ansässigen kein Platz mehr zum Davonlaufen blieb. Und wo immer der Käfig sich schloss, sahen Jäger und Sammler sich vor eine schwierige Entscheidung gestellt.
Zum einen konnten sie kämpfen und in einem erbitterten Guerillakrieg über Generationen hinweg abgelegene Höfe abbrennen. Eben diese Art von Krieg mit seinen gelegentlichen Überfällen führten die Navajo von 1595 an im amerikanischen Südwesten, erst gegen die Spanier, dann gegen den mexikanischen Staat. Er endete erst 1864, als die Vereinigten Staaten ihre Muskeln spielen ließen, und war nur einer von Tausenden von Einzelkonflikten. Die meisten davon sind längst vergessen, aber sie endeten alle auf ein und dieselbe Art. Wildbeuter, die weiterkämpften, sahen sich schließlich aufgerieben, versklavt oder in Reservationen gesperrt. Die einzige Alternative zur Vernichtung bestand in der Assimilation: Wildbeuter mussten, den Neuankömmlingen nacheifernd, selbst Bauern werden. Und das wurde zur zweiten großen Kraft, die den Ackerbau, das Caging, den produktiven Krieg und damit Leviathan über den Planeten zu verbreiten half.
Das interessante Beispiel für
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