Krieger der Stille
kunstvollen Lettern die Namen der Eigentümer der Werkstätten geschrieben.
Tixu hatte fast die gesamte Länge der Straße abgeschritten, und wurde dabei von den misstrauischen Blicken der Goldschmiede verfolgt. Er wusste, dass er von diesen Männern nichts erfahren würde, denn seit einigen Tagen wurden Fremde in Duptinat mit Argwohn betrachtet, vor allem, wenn ein Fremder auch noch direkt vor ihren Türen herumschlich und womöglich Böses im Sinn hatte. Der blitzartige Überfall auf ihren Planeten hatte zu einem praktisch totalen Berufsverbot ihres alteingesessenen Standes geführt und ermunterte sie sicherlich nicht, mit einem Ausländer zu schwatzen. Und da sie nun nicht einmal mehr Herr ihrer eigenen Gedanken waren, fürchteten sie ihnen unbekannte Menschen wie die nukleare Pest.
Geofo Anidoll. Goldschmiedemeister, Vertragswerkstatt der heiligen Gilde.
Endlich hatte er am Ende der Straße das Schild des alten Freundes des Ritters Long-Shu Pae entdeckt. Sein Geschäft lag an einem kleinen Platz, in den mehrere Gassen mündeten. Der Name des Goldschmieds prunkte in goldenen Buchstaben auf schwarzem Grund unter dem Dach des zweistöckigen Hauses. Die Werkstatt war geschlossen, wie die über dem Schaufenster heruntergelassenen Läden vermuten ließen.
Tixu fiel ein alter Mann mit langem weißem Haar auf, der die gleiche grüne Mütze wie der Hirte trug. Er stand in der halb offenstehenden Tür des Nachbarhauses und beobachtete den Oranger argwöhnisch.
»Was wollen Sie?«, fragte der alte Mann mürrisch.
»Ich möchte Geofo Anidoll sprechen«, antwortete Tixu und setzte sein freundlichstes Lächeln auf.
»Sie sind nicht von hier, wie? Was wollen Sie von ihm?«, fragte der Alte misstrauisch.
»Einer seiner alten Freunde schickt mich«, sagte Tixu.
»Hm, hm … Jedenfalls ist er im Moment nicht da«, murmelte der Greis mit fast zahnlosem Mund. »Er kommt erst in einer Woche wieder. Adieu!«
Noch ehe Tixu eine weitere Frage stellen konnte, hatte der alte Duptinater die Tür hinter sich geschlossen. Angst regierte die Stadt und machte es Tixu schwer. Es hätte keinen Zweck, von diesem unfreundlichen Nachbar Näheres erfahren zu wollen. Er hatte geglaubt, dass der Transfer nach Selp Dik nur ein paar Stunden dauern würde, aber nun war er gezwungen, sieben, acht Tage oder noch länger auf Marquisat zu bleiben …, so weit von Aphykit entfernt …
Tixu verdrängte seine Enttäuschung und nahm sich vor, eine neue Lösung für sein Problem zu finden. Vielleicht könnte er später notfalls auf den alten Deremat Geofo Anidolls zurückgreifen. Er beschloss, zur Kate des Hirten zurückzukehren, um dort in Ruhe nachzudenken.
Stanislav Nolustrist stand in dem kleinen Hof seiner Behausung und striegelte geradezu andächtig eines seiner Bovinen. Als er seinen Gast kommen sah, begrüßte er ihn mit herzlichem Lachen.
»Ich glaubte schon, Sie nie wiederzusehen, junger Freund, denn ich dachte, Sie würden eine kleine Reise ins Universum unternehmen … Trotzdem habe ich Ihnen ein Bett gemacht, für den Fall, dass … Jedenfalls sind Sie jetzt ordentlich gekleidet, wie ein richtiger Marquisatiner. Man kann kaum noch einen Unterschied erkennen.«
»O doch«, klagte Tixu im Näherkommen. »Ihre Landsleute meiden mich.«
»Haben Sie den Gesuchten nicht gefunden?«
»Sein Haus habe ich gefunden. Aber er wird dort erst wieder in acht Tagen anzutreffen sein …« Er streichelte geistesabwesend das Fell des Tiers, ehe er hinzufügte: »Und so lange kann ich nicht warten … Das Geld, das Sie mir geliehen haben, ich …«
Der Hirte unterbrach ihn mit einer Geste und beugte sich wieder über das verfilzte schwarze Fell des Bovinen.
»Die Menschen werden wirklich terrorisiert«, murmelte Tixu.
»Wie sollte es auch anders sein«, sagte Stanislav Nolustrist und seufzte, während er das Striegeln unterbrach. »Die Mahort-Phalanx, die Elitetruppe der Herrscherfamilie Wortling, wurde innerhalb weniger Minuten von den
Syracusern und ihren Verbündeten ausgelöscht … Außerdem haben die Eindringlinge alle privaten und öffentlichen Deremats beschlagnahmt. Deshalb konnten sie alle Aufstände in den Provinzen sofort im Keim ersticken, vor allem die in der nördlichen Hemisphäre. Sie scheuen weder vor Massenmorden noch vor diesen schrecklichen Exekutionen am Kreuz des Feuers zurück, also fühlen sich die Marquisatiner, als säßen sie in der Falle. Und verdammt, sie sitzen in der Falle! Aber so musste es ja früher
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