Krieger der Stille
vom Kaiserpalast zum Bischofspalast bildete eine schwebende, mit leuchtenden Blumen geschmückte und von der imperialen Garde – eine Elite der Pritiv-Söldner in schwarzen Overalls und schwarzen Masken – begleitete Plattform, auf der der Scaythe Pamynx, der Großkonnetabel des Imperiums, in seinem blauen Kapuzenmantel stand und der Kaiser, Menati Ang, der Zweitgeborene des illustren Seigneurs Arghetti Ang und Bruder des kürzlich verstorbenen
Seigneurs Ranti Ang. Repräsentanten des Hochadels, die Sieger über das Planetarische Komitee, denen es gelungen war, die Herrschaft des Adels zu reetablieren, trugen die nicht enden wollende Schleppe seines weißgoldenen Mantels. Seltene Edelsteine schmückten zu Hunderten seinen indigofarbenen Colancor – ein Sinnbild des sternenübersäten nächtlichen Himmels –, und eine Wasserkrone zierte sein Haupt. Mit kaum wahrnehmbaren Gesten grüßte er die hinter einer unsichtbaren magnetischen Absperrung reglos dastehenden Syracuser.
Eine Zuschauerin fand, der neue Herrscher sehe trotz seiner kantigen Gesichtszüge und des Hochmuts, den er ausstrahle, wie ein richtiger Kaiser aus.
»Und diese Haarsträhne«, flüsterte sie Tixu ins Ohr, »die ihm von der Stirn bis zum Kinn reicht, finden Sie nicht, dass er damit sehr verwegen aussieht?«
Angs schwarze Augen – sein Gesicht war jetzt in Großaufnahme zu sehen – glänzten triumphierend, während auf seinen schmalen rot geschminkten Lippen ein zufriedenes Raubtierlächeln lag.
Tixu hatte genug gesehen, die unweigerlich folgenden zum Gähnen langweiligen Reden wollte er sich ersparen. Diese außerordentlich gekonnte Inszenierung fand er angesichts der gleichzeitigen Zurschaustellung der sterblichen Überreste Dame Arminas empörend. Außerdem verlor er kostbare Zeit, wenn er sich dieses Spektakel weiter anschaute.
Nur mit Mühe gelang es ihm, sich einen Weg durch die Menge zu bahnen. Verärgerte Zuschauer warfen ihm giftige Blicke zu. Schließlich bog er in die erstbeste kleine Straße ein. Doch überall, auf allen Plätzen, an jeder Kreuzung konnten die Menschen die Krönungsfeierlichkeiten
auf den Leinwänden der Bullovision verfolgen. Überall standen die Gaffer und starrten wie hypnotisiert auf die in der Luft hängenden Geräte. Duptinat war eine Stadt voller Gespenster geworden, eine Geisterstadt.
Schließlich erreichte er eine breite, von Bäumen gesäumte Avenue. Er musste sich jetzt nach einem Reisebüro umsehen. Die hundert Dukaten würden bei Weitem nicht für einen Transfer reichen, aber wenn er genauso viel Überzeugungskraft wie Aphykit auf Zwei-Jahreszeiten an den Tag legte, könnte er vielleicht einen der Angestellten dazu bewegen, ihn per Deremat auf den Planeten Selp Dik zu transportieren.
»Tixu! Tixu Oty!«, hörte er da eine weibliche Stimme hinter sich. »Was für ein Zufall. He, Tixu!«
Er drehte sich um und erkannte nach kurzem Zögern Babsée Obraillène, seine damalige Kollegin und Geliebte während der Ausbildung auf dem Planeten Oursse. Er musste nicht zwei Mal hinsehen, um zu erkennen, dass das junge dralle, noch ein wenig unreife Mädchen, das sie damals gewesen war, schon vor seiner Zeit gealtert war. Sie sah verhärmt und hart aus. Ihr schönster Schmuck, ihr langes kastanienbraunes Haar, hatte sie ebenfalls geopfert, und den kurzen Schopf schwarz gefärbt. Der Bürstenhaarschnitt lies ihre Gesichtszüge noch härter wirken. Obwohl sie ein weißes elegantes issigorisches Kostüm trug, war nichts von ihrer jugendlichen Anmut übrig geblieben. In ihren früher so fröhlich blitzenden braunen Augen war jedes Leuchten erloschen.
»Bist du noch immer so ein Muffel?«, fragte sie und lächelte scheu. »Na, sag doch was. Erkennst du mich nicht wieder?«
Sogar ihre Stimme hatte jenen herben Klang verloren,
über den sich Tixu so oft lustig gemacht hatte, jetzt versteckte sie sich hinter ihrer schroffen Art. Doch den Oranger überraschte am meisten die Tatsache, dass dieses plötzliche und scheinbar zufällige Auftauchen Babsées seltsamerweise mit seinen durch das Antra hervorgerufenen Erinnerungen vor ein paar Tagen zusammenfiel. Ihm schien, als hätte der Klang des Lebens ihn auf dieses Treffen vorbereitet.
»Hallo, Babsée!«, sagte Tixu schließlich. »Was machst du denn hier?«
»Das sollte ich dich lieber fragen«, entgegnete sie gereizt. »Ich bin hier, weil ich die Zweigstelle in Duptinat leite.«
»Dann bist du also auf den Planeten Marquisat versetzt worden … Bei dir
Weitere Kostenlose Bücher