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Krieger der Stille

Krieger der Stille

Titel: Krieger der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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Abgrund gestürzt. Der Inspobot jedoch besaß alle seine Koordinaten und war ihm vom Planeten Zwei-Jahreszeiten
bis hierher gefolgt. Er würde nie aufgeben. Das Modell Thu war unfehlbar.
    Tixu stolperte über einen im Gestrüpp verborgenen Stein und fiel der Länge nach hin. Er stand sofort wieder auf, hatte sich aber Knie und Ellbogen aufgeschlagen, und seine Beine waren wie aus Watte und drohten, ihm den Dienst zu versagen. Er warf einen Blick über die Schulter zurück: Der schwarzen Riesenchampignon war nur ein paar Meter hinter ihm. Dann merkte er, dass er einen schmalen Pfad entlanglief, der auf einer Felsspitze endete, die wie der Schiffsbug einer antiken Galeere aussah.
    Er fluchte, denn er war in eine Sackgasse gerannt. Über ihm kreischte aufgeregt ein Schwarm Gelbmöwen. Noch ein paar Schritte, und er würde in den Abgrund stürzen. Von Panik ergriffen blieb er stehen, lehnte sich an einen Felsvorsprung, versuchte, wieder zu Atem zu kommen und gleichzeitig seine Gedanken zu ordnen.
    Der erbarmungslose Robotor vom Modell Thu stürzte sich auf ihn. Er war darauf programmiert, Deserteure einzufangen. Zum Denken taugte er nicht. Nur eine nukleare Waffe konnte ihn außer Gefecht setzen, wenn überhaupt … Die widerlichen Saugtentakel kamen immer näher. Alles war verloren.
    Verzweifelt ließ sich Tixu zu Boden fallen. Die Tentakel umschlangen gierig seine Arme. Diese weiche, warme und glitschige Berührung verursachte ihm Übelkeit. Der Hut des Robotors drehte sich – schneller und schneller werdend – um die eigene Achse und sandte dabei ein grellbuntes Licht aus. Die Gelbmöwen schrien immer lauter.
    Andere Tentakel glitten zwischen Tixus Beine und hielten sie fest. Er fühlte sich wie ein in einem Spinnennetz gefangenes Insekt, das seinen Todfeind ständig näher
kommen sieht. Jetzt schossen Arme aus dem Zylinder, die metallenen Hände umklammerten mehrere Gegenstände: eine Spritze mit einer gelben Flüssigkeit – ein Narkotikum  –, ein vibrierendes, gezacktes Rädchen unbekannten Zwecks und schließlich eine Pinzette zur Entnahme einer Gewebeprobe.
    Diese Situation war so absurd, dass Tixu Tränen aus bitterer Enttäuschung vergoss: Er war wieder da, wo er begonnen hatte.
    Wegen Aphykit hatte er der InTra den Rücken gekehrt (eigentlich nicht ihretwegen; sie war nur das auslösende Moment, der Antrieb seines Handelns gewesen), und er kehrte in dem Augenblick zur InTra zurück, als er glaubte, die Syracuserin wiedergefunden zu haben. Doch jetzt meldete sich das Antra wieder. Es verscheuchte die finsteren Gedanken des Orangers und stellte jene absolute Stille her, in deren Herz nichts Böses geschehen konnte.
    Trotzdem konnte Tixu den Blick nicht von dem Inspobot lösen, noch leistete er dem Ruf der Stille heftigen Widerstand. Denn eine panische Angst vor dem Robotor lies ihn an der Oberfläche seines Wesens verharren und er konnte nicht die heitere Gelassenheit innerhalb der Festung der Stille betreten. Zwar riet ihm seine innere Stimme, sich nicht dem Antra zu widersetzen, sondern loszulassen, nicht auf den trügerischen Schein hereinzufallen und die gefährliche Nabelschnur zum Verstand zu kappen. Noch lehnte sich Tixu auf, er kämpfte wie ein wildes Tier, das sich nicht fangen lassen will. Seine Panik wurde zu blankem Entsetzen, als sich die Pinzette seinem Hals näherte, während der Inspobot sein Programm abspulte, die zellulare Identifikation des Individuums nach Code Thu-BX 12-A, ehe die Programmierung zum Hauptsitz der Gesellschaft stattfand.

    Angst und Verzweiflung trieben Tixu an seine physischen und mentalen Grenzen. Ihm blieb nur noch eins: die Augen zu schließen und sich den Schwingungen des Antras hinzugeben – dieser Akt glich einem Sprung ins Leere. Der Klang des Lebens erreichte die Festung der Stille, dort, wo Angst und andere Empfindungen ohne Bedeutung sind.
    Die Pinzette drang in Tixus Hals ein und entnahm ihm eine Gewebeprobe. Dann verschwand der Arm in seinem stählernen Tresor durch ein kleines Loch, das sich mit einem Klick schloss. Und der Hut fing wieder mit seinen rasenden Drehungen an.
    In der Festung der Stille versunken, öffnete Tixu wieder die Augen und beobachtete den schwarzen Robotor emotionslos, als neutraler Zeuge. Er hatte das Gefühl, sein Körper gehöre ihm nicht mehr. Ein unendlicher Friede lag über der Landschaft. Der morgendliche Dunst ließ die scharf gezackten Felsen der Küste weicher erscheinen; die Möwen und die Tölpel malten im Flug

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