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Krieger der Stille

Krieger der Stille

Titel: Krieger der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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immer sehr naiv, List«, erklärte der Regent, obwohl ihn die Verärgerung seines Neffens insgeheim freute. »Was habt Ihr Euch denn glauben gemacht, als Ihr hierherkamt? Für die Syracuser sind und bleiben wir immer Paritolen, was in den kostbaren Mündern der Syracuser stets etwas Abschätziges hat. Also ist es ein Fehler, das nachahmen zu wollen, was sich nicht nachahmen lässt. Ihr seid Marquisatiner, also grundverschieden von diesen Leuten. Deshalb solltet Ihr besser Eure Begabungen
vervollkommnen, anstatt andere nachzuahmen, denkt Ihr nicht?«
    »Aber sogar die Halbtiermenschen vom Planeten Getablan wollen die Syracuser imitieren«, erwiderte List gekränkt, denn er hatte die Anspielung seines Onkels verstanden.
    »Sie sind so grazil und elegant. Alles an ihnen ist harmonisch. Ihr ganzes Leben dreht sich um die Ästhetik. Aus dem Ideal der Schönheit haben sie einen wahren Kult gemacht …«
    Stry Wortling trat ein paar Schritte zurück und musterte seinen sechzehnjährigen Neffen. Der junge Seigneur List verschlang die unter ihm liegende Stadt mit Blicken. Wie die meisten Jugendlichen seines Alters hatte er sich von der syracusischen Krankheit anstecken lassen, eine endemische Seuche, die sich schnell auf allen Hauptplaneten der Konföderation von Naflin ausbreitete. Unter seinem traditionellen Gewand des Marquisats – einem Überwurf aus schwarzem Wollstoff, der mit weißen Optalium-und Goldfäden bestickt und auf dessen Saum Diamanten genäht waren – trug er einen purpurfarbenen, mit einer grauen Borte gesäumten Colancor. Dieses überflüssige und unbequeme Trikot fand der Regent abscheulich, vor allem diese Kopfbedeckung, weil sie das üppig gelockte Haar Lists verbarg und ihn wie eine Statue oder Mumie aussehen lies. Und in dem Maße, in dem der Colancor an einem Syracuser relativ elegant und natürlich aussah, wirkte er an einem Paritolen deplatziert und völlig lächerlich. Aber Stry Wortling wusste, dass er seinen Neffen davon nicht abbringen konnte. Der Hof des Marquisats hatte sich der syracusischen Kultur verschrieben; und niemand anders als Lists Mutter, Dame Armina, hatte diese
Mode eingeführt. Um ihren Sohn auf den Geschmack zu bringen, hatte sie ihn nach Syracusa geschickt. Doch der künftige Seigneur des Marquisats spürte bereits jetzt, welcher Abgrund ihn von seinen Gastgebern und Vorbildern trennte.
    Aber dieser erbittert geführte Kampf zwischen dem Regenten und seiner Schwägerin um die Einflussnahme auf List war eher nebensächlich. Weitaus wichtigere Angelegenheiten belasteten Stry Wortling. Vor einem Monat hatte er eine verschlüsselte Botschaft auf seinem Tabernakel empfangen: Die Kongregation der Smellas teilte ihm mit, dass ein Brand das Kongressgebäude auf Issigor verwüstet habe. Wegen des Feuers und aus Gründen der Sicherheit habe die Kongregation beschlossen, die alle fünf Jahre stattfindende Asma auf Syracusa – der Königin der schönen Künste – abzuhalten. Anfänglich hatte der Regent diesen Beschluss mit einer gewissen Erleichterung aufgenommen, auch weil er wegen seines fortgeschrittenen Alters nur schwer die Nebel, den Eisregen und die Schneestürme auf Issigor ertrug. Auch wenn der Klan von Mo Qulaquin, dem Seigneur auf Issigor, kaum darüber erfreut gewesen sein dürfte, war die Entscheidung für die anderen Staatsoberhäupter der Konföderation wohl eher eine angenehme Überraschung gewesen. Das Unglück des Einen …
    Doch je mehr Zeit verstrich, umso mehr hatte den von Natur aus argwöhnischen Stry Wortling eine finstere Vorahnung beschlichen. Denn normalerweise neigten die Smellas – diese weisen und eifrigen Hüter des Gleichgewichts der Mächte – weder zu voreiligen noch zu autoritären Entscheidungen. Doch bei diesem Beschluss hatten die Staatsoberhäupter nicht einmal ihr Veto einlegen können, stattdessen hatte man sie vor vollendete Tatsachen gestellt.
Und der Regent das Marquisats fürchtete das unverhüllte Machtstreben der Dynastie Ang auf Syracusa und das ihrer Gefolgsleute, der Scaythen von Hyponeros. Also hatte er sich seinen Beratern anvertraut, seine Botschafter angehört und sich mit zwei Smellas beraten, die er persönlich kannte. Außerdem hatte er mit den Herrschern von Camalot und Grit Britën gesprochen, den dem seinen am nächsten gelegenen Planeten. Doch seine Bemühungen hatten nichts Konkretes ergeben. Aber in allen Rapporten wurde von dem enormen Einfluss der Scaythen am syracusischen Hof, der trotz des geheimen

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