Krieger der Stille
sich vor den Kochplatten zu schaffen, auf denen Töpfe mit Cuivralü brodelten. Während des Redens griff er mit der Virtuosität eines Jongleurs nach bunten Gewürzgläschen, nahm sie ohne Hinzusehen von den schmalen Regalen an der Holzwand und stellte sie anschließend wieder hin.
Moao Amba war eine lokale Berühmtheit – die Ausnahme, die die Regel bestätigt –, weil er im Gegensatz zu den anderen Sadumbas jovial und heiterer Natur war. Sein mächtiger weißer Bauch hing über einer fleckigen Schürze – sein einziges Kleidungsstück. Ansonsten war er nackt. Sein öliges schwarzes Haar hatte er zu kleinen Knoten gewickelt, die sich wie eine Art Rosenkranz entlang seines Scheitels türmten.
»Essen! Essen! Was Moao Amba kocht, ist immer gut. Findest du nicht?«
Mit seiner riesigen Hand schob er den Teller vor Tixu Oty, der auf einem rustikalen Hocker an der Theke saß.
»Das hat nichts mit deinen Kochkünsten zu tun, Moao«, sagte Tixu träge. »Ich habe heute einfach keinen Hunger.«
Wie jeden Tag nahm er sein Mittagessen in dem Restaurant Einheimische Köstlichkeiten ein, einem einfachen Schuppen aus unbehauenen Brettern, der auf Pfählen am Rande des Urwalds stand. Man durfte sich glücklich schätzen, zum kleinen Kreis von Moao Ambas Gästen zu zählen, denn dafür musste man den Fluss Agripam auf einer Hängebrücke an seiner breitesten Stelle überqueren. Und diese Hängebrücke war derartig unsicher und glitschig, dass sich die Liebhaber lokaler Spezialitäten nur extrem vorsichtig und langsam darauf fortbewegen konnten und infolgedessen stets bis auf die Haut durchnässt wurden. Aber alles in allem war es immer noch besser nass, aber lebendig in dem Lokal anzukommen, als bei den Echsen zu landen, die unten in der sanften Strömung unbeweglich wie Baumstämme auf ihre Opfer lauerten.
»Moao weiß, was du hast! Mumbë, wie? Viel zu viel Alkohol, das ist schlecht für den Schädel. Es sei denn … hast dich verliebt in die alte Hure aus der Taverne«, sagte der Koch und lachte.
Sein Lachen hörte sich wie ein Donnergrollen an. Sehr zufrieden mit sich, schlug er klatschend auf seine fetten Schenkel.
Die anderen Gäste, Stammgäste, die Tixu fast alle vom Sehen kannte – aber konnte es überhaupt Stammgäste in dieser Kneipe geben? –, hoben den Kopf und hielten mit Kauen inne. Ein lachender Sadumba war ein so seltener Anblick, dass sich niemand dieses Spektakel entgehen lassen wollte, und das, obwohl Moao für seinen Humor bekannt war.
Auf einem Transportband standen leerte Tabletts. Das Band blieb in der Nähe der Kochstellen stehen. Moao Amba füllte die Teller mit dampfenden Speisen, füllte die
Becher mit billigem Wein und legte Messer und Gabeln dazu, ehe er auf die Tasten einer archaischen Fernbedienung drückte. Dann schwebten die Teller davon, schwebten durch die feuchte Luft und stellten sich auf die Tische im Speisesaal oder auf die unter der überdachten Terrasse – wenn man sie denn überdacht nennen konnte, weil sie ebenso viel Schutz vor dem Regen bot wie ein kahler Baum. Waren die Teller und Becher leer, kehrten sie auf dieselbe Weise zurück, entweder mit einer neuen Bestellung oder der Zahlkarte versehen. Um diesen Kreislauf zu koordinieren oder zu überwachen, brauchte der Wirt keine Hilfe. Seinen mannigfachen Aufgaben kam er mit der Souveränität und der Effizienz eines Dirigenten nach, der ein 3-D-Symphonieorchester aus dem Land Organ leitet.
Um dem Koch eine Freude zu machen, zwang sich Tixu, ein paar Bissen zu essen. Sein Filet von Grünem Lachs kam ihm heute trotz des pikant-bitteren Cardian-Gewürzes – einem Import vom Planeten Roter-Punkt – unerträglich fade vor.
Seine seltsame Besucherin von heute Morgen ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Er versuchte, sie aus seinen Gedanken zu vertreiben, so wie man eine lästige Fliege verjagt, weil sie einem durch ihr ständiges Summen auf die Nerven geht. Aber die Syracuserin blieb ihm im Kopf. Jeder Winkel seiner inneren Wüste wurde vom Bild dieses schönen, rätselhaften Gesichts und den unergründlichen blau-grün-goldenen Augen beherrscht, die sowohl Sensibilität als auch Verachtung widerspiegelten … Und dann dieser sinnlich geschwungene Mund mit den bläulich schimmernden Perlmuttzähnen, der doch so verletzende Worte sagen konnte … Und diese zartgliedrigen Hände, deren
spitze silberne Fingernägel sich in gefährliche Krallen verwandeln konnten.
Diese anmutige und arrogante junge Frau hatte in Tixu
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