Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Krieger der Stille

Krieger der Stille

Titel: Krieger der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
Vom Netzwerk:
erfasst, die in jede einzelne seiner Körperzellen drang, dass er sich flüchtig fragte, ob er überhaupt noch am Leben sei.
    Eine unermesslich lange Zeit lag er so da: In tiefem Schlaf, von Fieberträumen heimgesucht, aus denen er, oft schreiend, emporschreckte. Doch nach und nach erlangte er sein Bewusstsein wieder, und seine Augen gewöhnten sich an das Halbdunkel. Er befand sich in einer Art Hütte, die aus weißen runden Bohlen gezimmert war, und deren Zwischenwände aus einem ihm unbekannten Material bestanden. Er lag auf einer porösen, schwammartigen Matratze, die gleichzeitig hart und bequem war. Eine schuppige Lederhaut diente ihm als Zudecke. Im Raum herrschte ein übler Geruch, der ihm zwar bekannt vorkam, den er aber nicht einordnen konnte. Ein einfallender Lichtstreifen verriet, dass es an der gegenüberliegenden Wand eine Tür gab.
    Wieder wollte er sich aufrichten, doch der Schmerz warf ihn erneut auf sein Lager zurück. Mit zitternder Hand fuhr er über sein Gesicht, über Stirn, Nase, Lippen und stellte fest, dass seine Haut jetzt warm war.
    Die Tür wurde geöffnet, und eine Sadumba-Frau trat ein. In einer Hand hielt sie eine altmodische Nyctronlampe, die flackerndes Licht verbreitete, in der anderen eine Schale mit dampfendem Inhalt. Ihr glattes Haar fiel ihr wie schwarzer Regen über die Schultern und ihre breiten Hüften – das war ihr einziges Kleidungsstück. Ihr dichtes Schamhaar und ihre braunen Brustwarzen bildeten dunkle Punkte auf ihrem milchweißen Körper. Als
sie sah, dass Tixu das Bewusstsein wiedererlangt hatte, erleuchtete ein strahlendes Lächeln ihr rundes Gesicht.
    Sie beugte sich über ihn und bedeutete ihm, die Schale leer zu trinken. Sie strömte einen Geruch aus, der Tixus Nase beleidigte. Einen herben Geruch nach ranzigem Fett, wie er überall in der Hütte herrschte, nur sehr viel stärker. Fast hätte er sich übergeben.
    »Da, da, da … gut für dich«, summte sie in gebrochenem Naflin. »Da, da, da … gibt dir Leben zurück. Da, da, da, Kräfte wiedergewinnen …«
    Gebieterisch presste sie den Rand des Gefäßes zwischen Tixus Lippen. Das kochend heiße Getränk lief in seinen Mund und seine Kehle. Es trieb ihm Tränen in die Augen. Seine Speiseröhre brannte, und die brennende Flüssigkeit erreichte seinen Magen. Er schluckte, wandte den Kopf ab und spuckte alles aus.
    Die Frau stellte die Lampe auf den Boden, kauerte sich zu ihm hin und zwang ihn, alles zu trinken.
    »Da, da, sehr heiß trinken. Da, da, am besten für Gesundheit. Da, da, ganze Kraft von Echse darin. Da, da, trinken Kraft von Echse. Da, da, trinken ihre Unbesiegbarkeit …«
    Als Tixu das Wort »Echse« hörte, stellte er sofort den Zusammenhang zwischen dem Körpergeruch der Frau und den großen Reptilien her. Denn eines Tages hatte Moao Amba ihm am Ufer des Flusses Agripam unter überhängenden Zweigen versteckt eine junge Echse gezeigt. Und was ihn damals – außer seiner Angst – am meisten beeindruckt hatte, war dieser penetrante Gestank nach ranzigem Fett, derselbe, der diesen Raum erfüllte.
    Nachdem er die Schale leer getrunken hatte – seltsamerweise war die kochend heiße Flüssigkeit nahezu geschmacklos
 –, nahm die Frau von einem niedrigen Regal einen Flakon, aus dem sie vorsichtig den Stöpsel zog. Das Regal, die Schale und der Stöpsel waren aus demselben Material gefertigt, den Knorpeln oder Knochen der Riesenechsen. Sie tauchte ihre Fingerspitzen in das Gefäß und begann, mit dem nach Ambra duftenden Öl seine Schulter zu massieren. Sofort breitete sich an dieser Stelle eine wohltuende Wärme aus. Wie durch Magie schwanden Schmerzen und Müdigkeit, und Tixu wurde von einer sanften Euphorie ergriffen.
    »Da, da, sehr gut für Verletzungen. Da, da, kommt von Großer Echse. Da, da, jetzt heilen …«
    Während sie massierte, berührte sie mit ihren Brüsten ganz zart seinen Oberkörper und seinen Bauch.
    »Arm können bewegen. Wie vorher. Gebrochene Schulter jetzt repariert …«
    Eine Tür wurde geschlossen. Sie hielt inne und lauschte kurz. Ein breites Lächeln entblößte ihre weißen regelmäßigen Zähne.
    »Kacho Marum!«, rief sie. »Ima Sadumba des Tiefen Waldes. Ich Malinoë. Er Kacho Marum, Ehemann. Vater meiner Kinder. Er tauchen in Fluss, dich retten …«
    Kacho Marum betrat den Raum. Er ähnelte nicht den Sadumbas, die Tixu kannte. Er war größer und nicht fettleibig, sondern muskulös. Und er strahlte eine unglaubliche Würde aus, trotz seiner Nacktheit.

Weitere Kostenlose Bücher