Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Krieger der Stille

Krieger der Stille

Titel: Krieger der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
Vom Netzwerk:
dich mir gegenüber.«
    Maranas seufzte, schlüpfte widerwillig in seine Tunika und setzte sich auf einen von innen beleuchteten Schemel. Er hatte ein merkwürdiges Gefühl: Dieser Mann war
nicht mehr der Mann, den er kannte. Das war nicht mehr Doppel-Haut, der kultivierte und geduldige Gastgeber und Liebhaber, dessen helle Augen vor Begehren manchmal dunkel wurden. Jetzt wirkte er ganz in sich versunken, abwesend. Der junge Prouge fühlte sich nicht wohl in seiner Haut und wollte das bedrückende Schweigen brechen, doch der alte Mann befahl ihm mit herrischer Geste zu schweigen.
    »Hör mir jetzt genau zu, Maranas!«, sagte er mit kräftiger Stimme. Sie klang, als würde sie mitten aus der Erde kommen.
    »Ich habe öfter festgestellt, dass deine geistigen Fähigkeiten weit über dem Durchschnitt liegen. Ich sage dir jetzt, was du tun sollst: Zuerst, schließe die Augen. Dann lässt du deine Gedanken frei schweifen, so wie Kohlensäurebläschen zur Wasseroberfläche steigen und dort aufplatzen. Du darfst sie nicht vertreiben. Es genügt, sie zuzulassen, dann verschwinden sie von selbst. Schließlich erlaubst du der Stille, von deinem ganzen Wesen Besitz zu ergreifen. Um die Festung der Stille zu erreichen, müsste ich dir eigentlich ein Antra singen. Aber dazu haben wir keine Zeit. Wahrscheinlich verstehst du nicht, was das alles bedeutet, aber das ist nicht nötig. Befolge einfach meine Anweisungen. Ich helfe dir. Willst du das versuchen?«
    »Aber es ist so, dass … Warum bittest du mich …«, stammelte der junge Prouge.
    »Ich habe keine Zeit für Erklärungen. Tu es aus Liebe zu mir. Habe ich dich jemals schlecht behandelt oder hintergangen? Ich bitte dich, vertrau mir. Schließ jetzt die Augen, lass deine Gedanken an die Oberfläche steigen, und erlaube der Stille, Besitz von dir zu ergreifen.«

    Maranas fand diese neue Marotte seines Geliebten viel weniger amüsant als die üblichen erotischen Spiele. Aber da sich die Höhe seiner Belohnung nach der Zufriedenheit seines Partners richtete, tat er, wie ihm geheißen, obwohl er das alles lächerlich fand. Er musste sich zusammenreißen, um nicht zu kichern.
    Er zwinkerte mehrmals, weil er auf ein Signal hoffte, dass dieses Spiel zu Ende sei, aber jedes Mal sah er den alten Kauz völlig bewegungslos dasitzen.
    Dann wurden die Lider des jungen Prougen immer schwerer, und er hatte weder die Kraft noch den Willen, sie zu öffnen. Ziellos irrte er durch sein inneres Dunkel, bis ihn ein mächtiger Strom ergriff und am heiteren Gestade der Stille absetzte. Das war ein derart angenehmer und friedlicher Ort, dass er sich ohne Gegenwehr in die tiefen Abgründe des angrenzenden Ozeans treiben ließ. Nur fern und flüchtig sah er seine Gedanken wie Bläschen dahintreiben, bis sie an der Wasseroberfläche aufplatzten.
    »Sehr gut, Maranas! Versuche jetzt, diesen Grad der Stille beizubehalten!«
    Sofort brach im Kopf des jungen Mannes ein Sturm los. Woher kam diese Stimme? Erschrocken öffnete er die Augen, sah aber nur den alten Mann, der noch immer so unbeweglich wie eine Statue vor ihm saß.
    Er hatte das Gefühl, schweißgebadet aus einem Albtraum erwacht zu sein und schloss die Augen wieder. Wie durch Zauber legte sich der Sturm, und der mächtige Strom trug ihn in den Ozean der Stille zurück.
    »Du darfst deine Reaktionen nicht unterdrücken. Begleite sie und lass sie bewusst gehen. Sehr gut. Du bist ein begabter Schüler. Antworte mir nicht, denn dann würde dich die Stille verlassen, und ich könnte nichts dagegen tun. Die
Stille ist unser höchstes Gut, denn in ihr ruhen alle unsere Fähigkeiten. Aber wie alle kostbaren Dinge, ist auch sie zerbrechlich. Ich habe dir diese Botschaft auf diesem Weg übermittelt, weil ich ständig überwacht werde, nicht nur ich selbst, sondern auch meine Gedanken …«
    Wieder herrschte Aufruhr im Kopf des jungen Prougen. Und der alte Mann unterbrach die Übermittlung. Er konzentrierte seine gesamte mentale Energie darauf, die Stille wiederherzustellen.
    »Sehr gut. Du hast es begriffen. Diese Art der Kommunikation basiert auf einer vergessenen Wissenschaft, der Inddikischen Wissenschaft. Auf diese Weise kann der Gedankenleser, der mich kontrolliert, an unserer Konversation nicht teilhaben. Wie das geschieht, kann ich dir jetzt nicht erklären, dafür ist die Zeit zu knapp. Pass nur auf, dass dir die Stille nicht entgleitet. Was immer ich auch sage, du darfst dich darüber nicht wundern und musst deinen Emotionen Raum zum

Weitere Kostenlose Bücher