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Krieger der Stille

Krieger der Stille

Titel: Krieger der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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maulte der alte Mann. »Du weißt doch, dass es mir nicht gefällt, wenn du mich Doppel-Haut nennst. Es ist schon lange her, seit ich zwei Häute hatte. Vielleicht hättest du mich bei meiner Ankunft so nennen können, aber jetzt …«
    Schon seit langem zog er den Colancor nicht mehr an, dieses eng anliegende Trikot, das Maranas zu dem Spitznamen verleitet hatte. Zuerst hatte ihm die Missachtung der strikten syracusischen Kleidungsvorschriften zu schaffen gemacht. Aber jetzt fühlte er sich in den weit geschnittenen prougischen Tuniken sehr wohl. Vor allem genoss er das Gefühl des Windes, wenn er über seine Haut strich. Darauf wollte er nicht mehr verzichten.
    »Und wie soll ich dich nennen?«, fragte der junge Mann.
    »Ich kenne deinen richtigen Namen nicht. Es ist auch ohne Bedeutung, denn ich mag dich. Auch wenn du anonym bleiben willst, Doppel-Haut.«
    Maranas lachte, erhob sich mit katzenhafter Geschmeidigkeit und küsste den alten Mann flüchtig auf den Mund. Dann lief er zu dem ovalen Schwimmbecken und tauchte mit einem Kopfsprung ins lauwarme Wasser.
    Der alte Mann stützte sich in seiner Hängematte auf einen Ellbogen und betrachtete den nackten braunen Körper seines jungen Geliebten. Solche Körper hatten ihn ins Verderben geführt. Junge, glatthäutige, kräftige Epheben, gerade der Kindheit entwachsen, lösten in ihm unwiderstehliche Gelüste aus, die er befriedigen musste. Eine übermächtige Begierde zwang ihn, diese Körper zu berühren,
zu streicheln, den Nektar von diesen sinnlichen Lippen zu sammeln, seine Zunge in diese Münder voller Honig zu stoßen, um dort das Leben einzusaugen.
    Und wegen dieser Körper hatte er als Großmeister der Inddikischen Wissenschaften jahrtausendealte Traditionen verraten. Er lebte noch, ja! Aber um welchen Preis? Immer, wenn er an seinen Prozess zurückdachte, spürte er noch deutlich die brennende Erniedrigung, als das Oberste Inquisitionsgericht der Kirche des Kreuzes ihn zum Raskatta erklärt und zu lebenslanger Verbannung auf den Planeten Roter-Punkt verurteilt hatte – auf jenen Planeten, auf dem alle Kriminellen der Welten des Zentrums lebten.
    Und seitdem verbrachte er seine Tage in seinem Garten und in der Gesellschaft junger Prougen aus Matana, die seinen Wünschen gegenüber sehr entgegenkommend waren, weil er sie großzügig entlohnte. Nach und nach hatte er zu seinem Bedauern seine letzte Würde und Willenskraft verloren.
    Sri Alexu hatte unter Aufbietung aller seiner Kräfte versucht, die Verbindung der drei Großmeister über Zeit und Raum aufrechtzuerhalten. Vergebens! Der alte Mann hatte auf diese Appelle nicht reagiert, so als wollte er sich jede Möglichkeit zur Umkehr versperren. Niemand durfte ihn daran hindern, sich weiter zu ruinieren. Und jetzt interessierte ihn nur noch eins: für immer und ewig zu verschwinden, in den großen Fluss des Vergessens einzutauchen. Es drängte ihn, dem Todesboten zu begegnen, damit er endlich von seinen Qualen befreit wurde.
    Der Kontakt zu Sri Alexu war definitiv abgebrochen. Jetzt spürte er nur noch die Anwesenheit des dritten Großmeisters,
eine vage Präsenz, gleich einem feinen, schwach leuchtenden Gestirn.
    Plötzlich überfiel den alten Mann der dringende Wunsch, sich ein letztes Mal nützlich zu machen: Er musste Sri Alexus Tochter vor der Falle warnen, die ihr die Pritiv-Mörder und die Scaythen von Hyponeros gestellt hatten. Wenigstens das war er seinem alten Freund schuldig, auch wenn ihn ein solches Handeln in keiner Weise von seiner Schuld freisprach.
    Maranas kauerte am Rand des Schwimmbeckens und schüttelte seine rote Mähne. Jähe Lust überfiel den alten Mann, und sein Mund wurde trocken. Nur mit großer Willensanstrengung widerstand er dieser letzten Versuchung.
    »Komm her, Maranas! Ich muss dir etwas Wichtiges sagen«, verkündete der alte Mann in ungewohnt ernstem, strengen Ton.
    »Komm schon! Es ist nicht nur wichtig, es eilt auch.«
    Der Greis ließ sich aus seiner Hängematte fallen, die sich sofort aufrollte und in eine faustgroße Kugel verwandelte. Dann stieg er die Lufttreppe zur Terrasse empor. Maranas zuckte mit den Schultern, warf sich seine Tunika lässig über die Schultern und folgte Doppel-Haut in den Salon, einen großen, luftigen, in Blautönen gehaltenen Raum, der angenehm kühl wirkte.
    Der alte Mann setzte sich in ein kleines weißgoldenes Boot, das am Deckenbalken befestigt war. Sein langes weißes Haar umgab sein Gesicht mit hellem Glanz.
    »Zieh dich an, und setz

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