Krieger der Stille
Transporte, und nicht wie gewöhnlich mit einem der privaten Deremats reisten.
Als sie den ersten Bericht auf dem Empfangs-Tabernakel las, hatte sie lachen müssen. Der Dayt-General Jasp Harnet war durch den Fehler eines Angestellten falsch programmiert worden und hatte sich allein auf einem unzivilisierten, barbarischen Planeten wiedergefunden. Nur unter Aufbietung ihres gesamten Einfallsreichtums war es der InTra gelungen, den armen Mann an seinen Bestimmungsort zu bringen.
Am zweiten Tag hatte sie erfahren, wie beeindruckt List vom strahlenden Glanz Venicias und dem Prunk der Syracuser war. Sie war gerührt gewesen, weil ihr Sohn seine Emotionen so schnell kontrolliert hatte. Auch von der gedrückten Stimmung des Regenten hatte man sie in Kenntnis gesetzt – in ihren Augen ein schweigsamer, undurchsichtiger Mann, dessen Gesellschaft sie wie die nukleare Pest floh. Vor allem deswegen, weil sich Stry Wortling allen ihren Bemühungen widersetzte, dem marquisatischen Hof etwas Raffinement zu verleihen.
Doch seit drei Tagen blieb der Bildschirm des Empfangs-Tabernakels auf der Konsole neben dem Fenster
leer. Grau, leer und stumm. Sie hatte mehrmals das Funktionieren der Parabolantennen auf dem Dach überprüfen lassen. Die Ingenieure hatten ihr jedoch versichert, dass sie intakt seien.
Da Armina jetzt noch immer ohne Nachrichten war, hatte sie angefangen sich das Schlimmste auszumalen. Und die Angst, dieser immer gegenwärtige, stumm über ihr kreisende erbarmungslose Raubvogel, war zu ihrem ständigen Begleiter geworden. Sie war verspannt und reagierte auf Ariavs Zärtlichkeiten mit einer fieberhaften, fast brutalen Hektik, so als wollte sie ihre Ängste durch diese kurzen, heftigen Umarmungen beschwichtigen. Doch der Raubvogel ließ nicht von seiner Beute ab: Armina spürte weiterhin seine eisigen Klauen in ihrem Leib, ihrer Brust und ihrer Kehle.
Ihr Blick wanderte wieder zum ruhig flimmernden Bildschirm des Tabernakels. Sie flehte innerlich, er möge sich beleben und ihr jene kleinen codierten Zeichen senden, die sie mit List verbanden. Jetzt bedauerte sie bitterlich, ihrem Sohn diese Reise erlaubt zu haben. Aus dummem mütterlichem Ehrgeiz!
Denn sie hatte den Plan, List für einen kurzen Aufenthalt nach Venicia zu schicken, mit Begeisterung aufgenommen. Jetzt konnte er seine Bildung in der Hochburg der Anmut und des guten Geschmacks vervollkommnen. Auch der Regent hatte trotz ihrer Befürchtungen nichts dagegen gehabt, seinen jungen Neffen mitzunehmen. Im Gegenteil, er hatte fast zufrieden gewirkt. Aber seine Reaktion war ihr nach wie vor ein Rätsel. Was wollte ihr Schwager? Wollte er sie jetzt bestrafen, indem er die Kommunikation unterbrach?
»Madame, es führt zu nichts, wenn Ihr weiterhin vor
dem Tabernakel grübelt«, sagte Ariav Mohing plötzlich. »In den Welten des Zentrums kommt es nicht zum ersten Mal zu Kommunikationsstörungen. Meteorenregen, Sternengewitter, Magnetturbulenzen, es gibt genug Gründe für solche Pannen. Kommt zu mir …«
Armina war müde. Und den Argumenten des Kommandanten der Phalanx hatte sie nichts entgegenzusetzen.
»Ihr habt recht. Ich bin dumm. Schließlich werden anlässlich einer Asma immer derart viele Sicherheitskräfte zusammengezogen, dass ich mich frage, ob es überhaupt zu einem gravierenden Zwischenfall kommen kann«, entgegnete Armina in dem Versuch, sich selbst zu beruhigen. Doch sie glaubte nicht eine Sekunde an ihre Worte.
»Kommt schnell! Habt Erbarmen mit mir«, flehte Ariav Mohing. »Der Tag bricht bald an, und dann muss ich gehen.«
»Nein!«, rief Armina. Und das Wort klang eher wie ein Verzweiflungsschrei als wie ein Befehl.
Ariav Mohing richtete sich auf, die Augen groß vor Verwunderung.
»Heute Morgen möchte ich, dass Ihr bei mir bleibt«, fügte sie sanft hinzu. »Ich weiß, dass Ihr keinen Dienst habt.«
»Das ist riskant!«, wandte er ein. »Eine Eurer Kammerzofen könnte Euch überraschen …«
»Sie betreten mein Schlafgemach erst, nachdem ich es verlassen habe. Meine Gesellschaftsdame zeigt Euch später eine Geheimtür.«
Kommandant Mohing war wegen des kühnen Liebesbeweises seiner Herzensdame derart geschmeichelt – oder vielmehr aus männlicher Eitelkeit –, dass er sofort die Waffen streckte.
Armina ging langsam auf das Bett zu und löste den Gürtel
ihres Morgenmantels. Er glitt mit leisem Rascheln auf den Marmorboden. Ariav betrachtete ihren Körper; das lange, volle schwarze Haar, die üppigen reifen Formen, die
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