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Krieger der Stille

Krieger der Stille

Titel: Krieger der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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Informationsnetz aufgebaut, um sich von seiner Verzweiflung und Enttäuschung abzulenken.
    Daher rührte auch sein grenzenloses Erstaunen, als er
das charakteristische Rauschen seines Empfangstabernakels gehört hatte, das er aus Prinzip immer eingeschaltet ließ. Einen kuzen Augenblick war er allein durch die Tatsache, dass sich der Orden nach langen Jahren noch an seine Existenz erinnerte, glücklich, ja fast euphorisch. Doch dann wirkte der Wortlaut der Botschaft wie eine kalte Dusche: Das Entscheidungsgremium hatte ihn nur kontaktiert, um die Arbeit eines mit einer Mission betrauten Abgesandten zu erleichtern.
    Natürlich war er enttäuscht gewesen, aber er hatte sich gezwungen, seine Kränkung zu ignorieren, weil er derartige Gefühle noch immer für einen Ritter unwürdig hielt. Denn in seinem tiefsten Innern fühlte er sich weiterhin dem Orden zugehörig und dessen Grundregeln, Gehorsam und Demut, verpflichtet. Deshalb hatte er beschlossen, den Gesandten rückhaltlos zu unterstützen.
    Trotzdem fragte er sich noch immer, ob es nicht besser sei, der Stimme seines Gewissens zu folgen, und ob seine Pflicht nicht darin bestehe, laut die Wahrheit zu verkünden. Seine Wahrheit. Und er fragte sich, ob die Leidenschaft, die ihn in seiner Jugend im Kloster erfüllt und ihn dazu getrieben hatte, nach Erkenntnis zu suchen, nicht durch seine Schwäche erloschen war.
    Plötzlich leuchtete die zwischen zwei Büchern in einem Regal stehende rote Lampe auf. Automatisch zählte Long-Shu Pae die Impulse: sechs kurze und drei lange. Der Code seines Informanten Kraouphas.
    Der Ritter erhob sich und stieg ohne Hast die Wendeltreppe ins Erdgeschoss hinunter. Dann durchschritt er einen langen schmalen Gang, dessen Schiebetür durch eine Trompe-l’œil-Malerei kaschiert war. Am Ende des Gangs gab es eine zweite, dieses Mal gepolsterte Stahltür, die absoluten
Schall- und Schwingungsschutz gewährte. Long-Shu Pae legte großen Wert auf Schutzvorrichtungen in seinem Haus.
    Aus einer Innentasche seiner Kutte nahm er eine Fernbedienung und tippte den Öffnungscode ein. Die Tür schwang geräuschlos auf. Davor stand Kraouphas, er war in ein weites prougisches Cape, Gubiane genannt, gehüllt. Salom stand bereits hoch am Himmel, doch das spärliche Licht des Gestirns verlieh der Umgebung ein gespenstisches Aussehen.
    »Bist du allein?«, fragte Long-Shu Pae leise.
    Kraouphas antwortete nicht. Er steckte zwei Finger in den Mund und stieß zwei kurze Pfiffe aus. Gleich darauf tauchte aus den Schatten eine ebenfalls in eine graue Gubiane gekleidete Gestalt auf.
    »Ist er das?«
    Kraouphas nickte.
    »Tretet ein!«
    Mit einer Geste bat Long-Shu Pae seine Besucher ins Haus. Er schloss die Tür hinter ihnen und wechselte sofort den Code, eine Vorsichtsmaßnahme, die er automatisch für jeden der sieben Eingänge seines Domizils ergriff.
    »Hier entlang.«
    Die drei Männer stiegen hintereinander die Wendeltreppe empor. Der Ritter brannte vor Ungeduld. Er wollte wissen, wer sich unter dem grauen Kapuzenmantel verbarg. Vielleicht sogar einer seiner ehemaligen Freunde … Er geleitete die beiden in den quadratischen Raum im zweiten Stock und drückte auf den Wandschalter für die Schwebelampe, die sofort ein warmes goldenes Licht verbreitete.
    »Nehmt Platz«, sagte Long-Shu Pae freundlich. »Seid willkommen auf Roter-Punkt. Ich bin Long-Shu Pae.«

    Er legte die Hand auf seine Stirn und verneigte sich. Der Gesandte des Ordens erwiderte den Gruß auf dieselbe Weise, gemäß den Regeln der Ritterschaft. Dann entledigte er sich seiner Gubiane.
    Long-Shu Pae erstarrte, so sehr war er überrascht. Er hatte sich auf den Besuch eines Ritters, eines Vertrauten des Mahdi, eines Experten der mentalen und sonografischen Wissenschaften vorbereitet und stand vor einem jungen Krieger, der noch nicht sein Noviziat beendet hatte. Fassungslos starrte er in das fein geschnittene Gesicht dieses jungen Mannes, musterte dessen volles braunes lockiges Haar und den athletischen Körper unter dem bronzefarbenen Gewand.
    »Ich bin der Krieger Filp Asmussa, der dritte Sohn Dons Asmussas, Seigneur von Sbarao und der Elf Ringe«, verkündete der junge Gesandte mit jenem nur Adeligen eigenen Stolz in der Stimme und blitzenden schwarzen Augen.
    Obwohl nicht groß gewachsen, war er eine stattliche Erscheinung und versuchte nun, steif und förmlich, dem eiskalten Blick Long-Shu Paes standzuhalten.
    Doch der Ritter spürte hinter diesem Schutzpanzer die verborgene Aggressivität

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