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Krieger der Stille

Krieger der Stille

Titel: Krieger der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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unablässig anstarrte. Nur selten wandte er den Blick ab, um seinem Begleiter etwas zuzuflüstern oder sich beunruhigt umzusehen. Als ihre Blicke sich begegneten, lächelte er kaum merklich.
Trotz dieser Diskretion war es ein verschwörerisches Lächeln.
    Also sitzt er nicht rein zufällig in diesem Saal, dachte sie. Jetzt habe ich wenigstens einen Verbündeten, vielleicht auch zwei, wenn ich seinen Begleiter dazurechne. Oder zehn oder zwanzig mehr, sollten auch die Wächter in den gelben Uniformen dazugehören.
    An diese Hoffnung, so verrückt sie auch sein mochte, klammerte sie sich. Dann fiel ihr ein, mit welcher Verachtung sie diesen kleinen Angestellten in seinem dreckigen Büro behandelt hatte, und sie schämte sich dafür. Nun war sie erschöpft und wurde erneut von Benommenheit ergriffen.
    »Hunderttausend!«, verkündete jemand.
    »Hundertzehn!«, schrie ein anderer.
    Jetzt waren nur noch etwa ein Dutzend potenzieller Käufer übrig: Adelige und reiche Bürger, die einander giftige Blicke zuwarfen und sich gegenseitig abzuschätzen suchten. Die Menge hielt den Atem an. Bald würde die Versteigerung ihren Höhepunkt erreichen, und die Gaffer wollten den Verlauf nicht stören. Auch der Auktionator schien an Energie verloren zu haben. Sein vorheriges Brüllen war zu einem heiseren Kläffen geworden, während bei jedem neuen Gebot der Scheinwerfer kurz auf dem Bietenden ruhte, um gleich darauf einen Konkurrenten in grelles Licht zu tauchen.
    »Zweihunderttausend!«
     
    Trotz des hässlichen sackartigen Hemdes, das die Formen der jungen Frau nur erahnen ließ, verfiel Tixu erneut ihrem Charme und sah sie voller Bewunderung an. Die hochmütige Göttin, die eines Tages quasi vom Himmel in sein
schäbiges Büro gefallen war, hatte sich in eine verletzbare junge Frau mit wunderschönem langen Haar verwandelt. So gefiel sie ihm besser: zerbrechlich, in ihrem Stolz verletzt, menschlich. Diese kleinliche und sehr egoistische Betrachtungsweise erlaubte es ihm zumindest, sich noch immer im Glauben zu wiegen, er könnte sie retten. Denn er war nichts als ein armer Sterblicher, der hoffte, sie damit dazu zu bringen, sich für ihn zu interessieren.
    Plötzlich wurde ihm bewusst, dass ihre Gesichtszüge keinerlei Regung zeigten. Beunruhigt wandte er sich an Maïtrelly.
    »Diese Schufte haben ihr eine Spritze verpasst, nicht wahr?«
    »Du hast lange gebraucht, bis du das gemerkt hast«, antwortete der Françao leise und warf dem jungen Oranger einen seitlichen Blick zu. »Die Virusinfektion befindet sich noch im Anfangsstadium, das bedeutet, dass sich bei ihr momentan Phasen totaler Erschöpfung mit Fieberschüben und kurze Momente klaren Bewusstseins abwechseln. Dieser Fettsack Glaktus hat kein Risiko eingehen wollen. Das Serum muss ständig nachgespritzt werden, sonst wird sie innerhalb einer Woche sterben. Sie wird sowieso sterben, weil es gegen dieses Zeug bisher noch kein Gegenmittel gibt. Sie hat vielleicht noch zwei oder drei Monate.«
    Maïtrellys Worte wirkten wie ein Messerstich auf Tixu. Er wollte nicht wahrhaben, dass dieses wunderschöne Mädchen unwiederbringlich dem Tod entgegensah. Grenzenloser Hass überfiel ihn, Hass auf diesen fetten Menschenhändler, auf alle Händler und Käufer menschlicher Wesen, diese geldgierigen, von niedrigsten Instinkten geleiteten Aasfresser. Und sogar Hass auf seinen Landsmann, Bilo Maïtrelly, der solche Versteigerungen nicht
nur unterstützte, sondern auch organisierte. Was würde von Aphykit übrig bleiben, von ihrem Geist, ihrer Schönheit, wenn das Virus sie zerfressen hatte? Und was würde von ihm bleiben, wenn sie tot war?
    In seinem Zorn wäre er am liebsten aufgestanden, um auf den widerlichen Glaktus einzuprügeln … Nein, mehr noch! Er wollte einem der Wärter seinen Bauchbrenner entreißen und alle Zuschauer in der ersten Reihe eine Ladung tödlicher Strahlen verpassen und zuschauen, wie sie sich in ihrem Blut wälzten, wenn ihnen die Gedärme aus den Leibern quollen!
    Doch Tixu hielt sich zurück. Erstens, weil es nicht seine Art war, einfach einer Kurzschlussreaktion nachzugeben; und zweitens, weil er dann seine winzige Chance, Aphykit zu retten, verspielen würde. Eine innere Stimme sagte ihm, dass Maïtrelly ihm helfen werde, die Syracuserin aus den Fängen Glaktus’ zu retten. Also durfte er sich den Françao jetzt nicht zum Feind machen. Außerdem wollte er nicht die Aufmerksamkeit dieses geheimnisvollen Mannes mit der lindgrünen Kapuze und der weiß

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