Krieger des Feuers - Sanderson, B: Krieger des Feuers - The Well of Ascension, Mistborn 2
angewiesen.
»Ah«, meinte Tindwyl, ergriff eine Feder und schrieb etwas nieder. Sie wirkte ebenfalls nicht müde, doch vermutlich hatte sie ihren Bronzegeist benutzt und die Wachsamkeit herausgezogen.
Sazed sah ihr beim Schreiben zu. Beinahe wirkte sie wieder jung. Eine so deutliche Erregung hatte er an ihr nicht mehr wahrgenommen, seit sie vor etwa zehn Jahren von den Züchtern freigelassen worden war. An jenem Tag, an dem ihr großes Werk vollbracht war, hatte sie sich endlich wieder zu ihren Bewahrergefährten gesellt. Sazed war derjenige gewesen, der sie mit dem gesammelten Wissen versorgt hatte, das während der dreißig Jahre ihrer erzwungenen Zuchtmutterschaft entdeckt worden war.
Es hatte nicht lange gedauert, bis sie einen Platz in der Synode
innegehabt hatte. Doch zu jener Zeit war Sazed bereits aus den Reihen der Bewahrer ausgeschlossen gewesen.
Tindwyl hörte wieder auf zu schreiben. »Dieser Abschnitt stammt aus einer Biografie über König Wednegon«, sagte sie. »Er war einer der letzten Führer, die sich dem Obersten Herrscher in einer bedeutenden Schlacht entgegengestellt haben.«
»Ich weiß, wer er war«, sagte Sazed lächelnd.
Sie hielt inne. »Natürlich.« Offenbar war sie nicht daran gewöhnt, zusammen mit jemandem zu studieren, der ebenfalls Zugang zu ihren Informationen besaß. Sie schob den niedergeschriebenen Abschnitt zu Sazed hinüber. Trotz seiner geistigen Indizes und Notizen war es einfacher, wenn sie den betreffenden Abschnitt aufschrieb, damit er in seinem eigenen Kupfergeist nicht erst danach suchen musste.
Ich habe in den letzten Wochen viel Zeit mit dem König verbracht, stand auf dem Blatt.
Er scheint enttäuscht zu sein, was gut nachvollziehbar ist. Seine Soldaten konnten sich den Kolossen des Obersten Herrschers nicht entgegenstemmen, und seither sind seine Männer immer wieder zurückgeschlagen worden. Doch der König schiebt die Schuld dafür nicht seinen Soldaten zu. Er glaubt, seine Schwierigkeiten rühren aus einer anderen Quelle her: aus der Nahrung.
Während der letzten Tage hat er diesen Gedanken oft wiederholt. Er glaubt, wenn er mehr Verpflegung gehabt hätte, wäre es ihm möglich gewesen, länger durchzuhalten. Er macht den Dunkelgrund dafür verantwortlich. Denn obwohl der Dunkelgrund besiegt – oder zumindest geschwächt – wurde, hat seine Berührung die Vorräte von Darrelnai erschöpft.
Sein Volk konnte nicht gleichzeitig Nahrungsmittel produzieren und gegen die Dämonenarmee des Eroberers kämpfen. Am Ende war das der Grund für ihre Niederlage.
Sazed nickte bedächtig. »Wie viel von diesem Text haben wir?«
»Nicht viel«, sagte Tindwyl. »Sechs oder sieben Seiten. Das
hier ist der einzige Abschnitt, in dem der Dunkelgrund erwähnt wird.«
Sazed saß eine Weile still da und las den Text erneut. Schließlich hob er den Blick und sah Tindwyl an. »Du glaubst, Herrin Vin hat Recht, nicht wahr? Du glaubst, bei dem Dunkelgrund handelte es sich um den Nebel.«
Tindwyl nickte.
»Ich stimme dir zu«, sagte Sazed. »Zumindest war wohl das, was wir heute den ›Dunkelgrund‹ nennen, irgendeine Veränderung im Nebel.«
»Und deine früheren Ansichten?«
»Haben sich als falsch erwiesen«, meinte Sazed und legte das Blatt ab. »Durch deine Worte und meine eigenen Studien. Ich habe mich dagegen gewehrt, dass es die Wahrheit ist, Tindwyl.«
Tindwyl hob eine Braue. »Du hast dich der Synode erneut widersetzt, um nach etwas zu suchen, an das du nicht einmal glauben wolltest?«
Er sah ihr in die Augen. »Es macht einen Unterschied, ob man etwas ersehnt oder fürchtet. Die Rückkehr des Dunkelgrundes könnte uns alle vernichten. Ich wollte diese Information nicht finden – aber ich konnte auch nicht einfach an ihr vorbeisehen.«
Tindwyl wandte den Blick ab. »Ich glaube nicht, dass er uns vernichten wird, Sazed. Ich gebe gern zu, dass du eine große Entdeckung gemacht hast. Die Schriften Kwaans haben uns vieles verraten. Wenn es sich beim Dunkelgrund tatsächlich um den Nebel gehandelt hat, dann ist unser Wissen von der Erhebung des Obersten Herrschers größer geworden.«
»Und was ist, wenn der Nebel stärker wird?«, fragte Sazed. »Was ist, wenn wir durch die Tötung des Obersten Herrschers auch die Kraft vernichtet haben, die den Nebel gebändigt hat?«
»Wir haben keinen Beweis dafür, dass der Nebel jetzt auch bei Tage aufzieht«, wandte Tindwyl ein. »Und wir haben nur deine unsicheren Theorien darüber, ob er in der Lage ist,
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