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Kriegsgebiete

Kriegsgebiete

Titel: Kriegsgebiete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Spranger
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Weber war in jedem Fall
kopfballstark.
    »Warum
haben Sie vom Golfplatz aus angerufen?«, fragte
Polizeihauptkommissarin Feller.
    »Ich
musste doch die Polizei verständigen. Da war ja ein totes
Mädchen im Teich.«
    Feller
lächelte so verständnisvoll, wie man es in keinem Lehrgang,
sondern nur durch sehr viele Zeugenbefragungen lernt.
    »Hatten
Sie Ihr Handy nicht dabei?«
    »Ich
hab kein Handy. Damit kann man ja überall geortet werden.«
    Die
kleine Frau starrte ihn an. Und der Riese hinter ihr auch. Sie
drehten die Köpfe zueinander und ihre Blicke bündelten
sich. Daniel merkte, dass er auf das achten musste, was er sagte.
    »Was
haben Sie hier gemacht?«, fragte Feller.
    »Jogging.«
    »Joggen
Sie hier öfter?«
    »Jeden
Dienstag.«
    »Kennen
Sie die Tote?«
    »Nein.«
    »Haben
Sie sie früher hier gesehen?«
    »Nein.«
    »Ist
Ihnen heute etwas sonderbar vorgekommen?«
    »Da
war eine Leiche im Wasser.«
    »Außerdem?«
    »Nichts.«
    »Haben
Sie jemanden in der Nähe gesehen?«
    »Nur
die Golfspieler.«
    Die
Polizisten schauten Daniel prüfend an. Daniel lächelte,
obwohl es ja eigentlich keinen Anlass dafür gab. Man lächelt
reflexartig.
    »Was
ist in dem Rucksack?«, fragte Weber. Seine Stimme war mit einem
Mal nicht mehr so mädchenhaft.
    »Steine«,
antwortete Daniel.
    Weber
legte den Kopf leicht schief. Dabei wurde sein Blick strenger.
    »Granit.
Meine Frau wollte Natursteine aus der Region für die Auffahrt.«
    »Meine
Frau und ich haben uns für Betonsteine entschieden«, sagte
Weber. »Die sind erheblich billiger. Trotzdem trage ich sie
beim Joggen nicht mit mir herum.«
    »Haben
Sie was dagegen, wenn mein Kollege sich Ihren Rucksack ansieht?«,
fragte Polizeihauptkommissarin Feller.
    »Nein.«
    Auf
so eine Idee würden die nicht kommen, wenn sie mich nicht in
Verdacht hätten, dachte Daniel. Er begann zu schwitzen. Sein
Atem wurde flacher. Die Polizeihauptkommissarin schien seine Gedanken
lesen zu können.
    »Routine«,
sagte sie freundlich.
    »Natürlich.«
    »Wir
müssen in alle Richtungen ermitteln.«
    Weber
ging vor dem Rucksack in die Hocke und öffnete die Schlaufen.
Ungläubig glotzte er auf den Inhalt und tastete den Rucksack ab.
    »Steine«,
sagte Weber.
    »Granit«,
präzisierte Daniel.
    »Warum
tragen Sie beim Joggen einen mit Steinen gefüllten Rucksack?«,
fragte Polizeihauptkommissarin Feller.
    »Damit
es nicht so einfach ist.«
    »Tut
das nicht nach einiger Zeit weh?«
    »Ich
finde es wichtig zu wissen, wo die eigenen Grenzen sind.«
    Die
blonde Frau schaute ihn lange an.
    »Kollege
Weber wird Ihre Daten aufnehmen. Wir werden in den nächsten
Tagen sicher noch einmal auf Sie zukommen.«
    Die
Polizeihauptkommissarin drehte sich um und ging in Richtung 
Fischteich. Weber holte seinen Notizblock und einen Kugelschreiber
aus der Innentasche seiner Jacke.
    »Name?«,
fragte er.
    »Daniel
Schramm.«

    ***

    Der
Rucksack lag im Gras neben der Ledercouch. Ein Niesanfall schüttelte
Daniel durch. So als hätte jemand auf einen Knopf gedrückt.
Zwischen dem Niesen hatte er kaum Luft zum Atmen. Werd jetzt bloß
nicht auch noch Allergiker, dachte Daniel und versuchte es mit
Selbsthypnose. Er starrte auf den Flachbildschirm. In der Dämmerung
hatte das Gerät die Ausstrahlung eines urzeitlichen Monolithen.
Als wäre gerade der Grundstein für Stonehenge in einem
vernachlässigten Garten hinter einem Einfamilienhaus gelegt
worden. Selbst wenn die Technik längst Opfer der Witterung
geworden war, stellten sich beim Anblick eines Fernsehapparats
unweigerlich Bilder im Kopf ein. Eine Doku-Soap, in der eine Familie
von Motorradbastlern zu einem bestimmten Zeitpunkt einen verrosteten
Chopper rechtzeitig aufgemotzt haben muss. Der Tank des Motorrads
soll mit einer Kopie des Der mit dem Wolf tanzt -Filmplakats
lackiert werden. Der Besitzer des Choppers ist schon deutlich älter
als vierzig, also in einem Alter, in dem man sich dauernd zwischen
die Beine glotzt, um nachzuprüfen, ob noch genug Freiheit da
ist. Danach ein perfektes Promi-Dinner. Mit Promis, die man nicht
kennt. Alle mit einem festgetackerten Dauergrinsen. Einer
Fröhlichkeit, die nur im Fernsehen stattfindet. Dazu ein
Speiseplan, den man normalerweise abbestellen würde. Hauptsache
keine Krimis. Daniel mochte keine Krimis. Die tun so, als wären
sie echt. Er wusste auch ohne sie, dass es die Wirklichkeit gab. Und
dass es da draußen nicht schön war.
    Daniel
ging durch die Brennnesseln ins Haus. Zögerlich. Noch waren die
Brennnesseln weit

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