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Kriegsklingen (First Law - Band 1)

Kriegsklingen (First Law - Band 1)

Titel: Kriegsklingen (First Law - Band 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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sich auf einem engen Balkon, der von einem blassen Lichtschein erhellt wurde. Auf einer Seite ragten die blanken Steine steil auf, auf der anderen verschwanden sie in einigem Abstand in der Dunkelheit. Ein schwarzer Abgrund, voller Schatten, ohne gegenüberliegende Wand, ohne Decke, ohne Boden. Trotz des unendlich erscheinenden Raums gab es kein Echo. Die Luft bewegte sich nicht. Es gab nicht den kleinsten Hauch. Die Luft war abgestanden und so beklemmend wie in einer Gruft.
    »Es sollte da unten doch wohl Wasser geben, oder«, murmelte Glokta und sah über die Brüstung. »Irgendwas sollte doch da sein, oder?« Er sah mit zusammengekniffenen Augen hoch. »Wo ist die Decke?«
    »Hier stinkt es«, jammerte Luthar, eine Hand über den Mund gelegt.
    Logen stimmte ihm ausnahmsweise einmal zu. Es war ein Geruch, den er gut kannte, und er fletschte die Zähne in Gedanken an den Hass, den er in ihm auslöste. »Es riecht nach den beschissenen Plattköpfen.«
    »O ja«, sagte Bayaz, »auch die Schanka zählen zu den Werken des Schöpfers.«
    »Zu seinen Werken?«
    »In der Tat. Er nahm Lehm und Metall und übrig gebliebenes Fleisch, und er schuf sie daraus.«
    Logen starrte ihn entgeistert an. »Er hat sie geschaffen?«
    »Um für ihn in seinem Krieg zu kämpfen. Gegen uns. Gegen die Magi. Gegen seinen Bruder Juvens. Die ersten Schanka hat er hier gezüchtet und sie dann auf die Welt losgelassen – damit sie stärker werden, sich vermehren und Zerstörung bringen. Das war ihr Zweck. Noch viele Jahre nach Kanedias’ Tod haben wir sie gejagt, aber wir konnten sie nicht alle aufspüren. Wir haben sie bis in die entlegensten Ecken der Welt getrieben, und dort sind sie stärker geworden und haben sich vermehrt, und jetzt kommen sie wieder hervor – um stärker zu werden, sich zu vermehren und Zerstörung zu bringen, ganz, wie es immer geplant war.« Logen blieb der Mund offen stehen.
    »Schanka.« Luthar kicherte und schüttelte den Kopf.
    Plattköpfe waren kein Thema, über das man sich lustig machte. Logen fuhr herum, blockierte den schmalen Balkon mit seinem Körper und sah in dem Dämmerlicht auf Luthar hinunter. »Gibt’s da was zu lachen?«
    »Na, ich meine, weiß doch jeder, dass es die gar nicht gibt.«
    »Ich habe mit meinen eigenen Händen gegen sie gekämpft«, knurrte Logen, »mein ganzes Leben lang. Sie haben meine Frau umgebracht, meine Kinder, meine Freunde. Im Norden wimmelt es von den verdammten Plattköpfen.« Er beugte sich hinunter. »Also erzählen Sie mir nicht, dass es die nicht gibt.«
    Luthar war bleich geworden. Er sah um Unterstützung heischend zu Glokta hinüber, aber der Inquisitor hatte sich gegen die Wand gelehnt und rieb sich sein Bein, die dünnen Lippen zusammengekniffen, das ausgezehrte Gesicht glänzte vor Schweiß. »Mir ist scheißegal, ob es die gibt oder nicht!«, fauchte er.
    »Es gibt reichlich Schanka auf der Welt«, zischte Logen und brachte sein Gesicht ganz nahe an Luthars. »Vielleicht treffen Sie ja eines Tages welche.« Er wandte sich ab und folgte Bayaz, der bereits durch einen Torbogen am Ende des Balkons verschwand. Auf keinen Fall wollte er an diesem Ort allein zurückbleiben.
     
    Schon wieder eine Halle. Eine riesengroße, auf jeder Seite mit einem schweigenden Wald aus Säulen versehen, von einer Vielzahl von Schatten bevölkert. Licht fiel aus Schächten weit oben und warf seltsame Muster auf den Steinboden, Formen aus Licht und Dunkel, Linien zwischen Schwarz und Weiß. Beinahe wie Schriftzeichen.
Ist das vielleicht eine Botschaft? Für mich?
Glokta zitterte.
Wenn ich nur noch einen Augenblick länger hinsehe, dann könnte ich sie vielleicht verstehen …
    Luthar ging an ihm vorbei, sein Schatten fiel auf den Boden, die Linien wurden unterbrochen, und das Gefühl war verschwunden. Glokta schüttelte sich.
Ich fange an, in diesem verfluchten Turm den Verstand zu verlieren. Ich muss klar denken. Nur die Fakten, Glokta, nur die Fakten.
    »Woher kommt das Licht denn hier?«, fragte er.
    Bayaz machte eine ungenaue Handbewegung. »Von oben.«
    »Es gibt dort Fenster?«
    »Vielleicht.«
    Gloktas Stock klackerte mal auf die hellen, mal auf die dunklen Stellen, sein linker Stiefel schleifte nach. »Gibt es hier nichts außer Hallen und Fluren? Was soll denn das alles?«
    »Wer kennt schon des Schöpfers Gedanken«, deklamierte Bayaz wichtigtuerisch, »oder kann seine großartigen Entwürfe ermessen?« Er schien beinahe stolz darauf zu sein, niemals eine klare Antwort zu

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