Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter
»unter Christi Führung glücklich und in großem Triumphe ins Frankenreich zurück«.
Seinerzeit war Odilo gestorben, und Pippin ernannte dessen achtjährigen Sohn Tassilo III. (749–788), den letzten Agilolfinger, zum Herzog von Bayern. 757, mit 16 Jahren mündig geworden, mußte er seinem Onkel König Pippin und dessen Söhnen in Compiègne auf die Reliquien mehrerer namentlich genannter fränkischer Reichsheiliger den Vasalleneid leisten. Doch 763, als die Gelegenheit zur Erringung seiner Unabhängigkeit günstig schien, entfernte sich Tassilo wegen Krankheit, ohne Erlaubnis abzuwarten, von Pippins Heer, das durch Mißernte und Hungersnot litt. Er fand Beistand bei dem Langobardenkönig Desiderius (dessen Tochter Luitperga er heiratete), aber nicht bei Papst Paul. Der hielt es nach der blutigen Erfahrung von 743, diesem »ausgeklügelten Vernichtungsplan« (Störmer) der Franken gegenüber Bayern, mit dem eindeutig Stärkeren. 30
Bonifatius aber verlor in Bayern, und nicht nur dort, stetig an Einfluß. Mehr und mehr formierte sich die klerikale Opposition, darunter »hochstehende Persönlichkeiten«, und verweigerte ihm Bischofsstühle. Weder in Sens noch in Reims konnte er Erzbischöfe etablieren. Er selbst wäre gern Erzbischof von Köln geworden. Doch die fränkischen, besonders rheinischen Prälaten, die ihre Bistümer wiederholt von Onkel zu Neffen, ja Vater zu Sohn weitergaben, sträubten sich gegen sein Eindringen. Sie machten dem Heiligen und seinen Schülern »Schwierigkeiten, wo immer sie konnten« (Falck). Zwischen Bonifatius und der Mehrheit des austrischen Episkopats begann »offene Feindschaft« (Butzen). Hervorragend darunter der hochadelige Bischof Gewilip von Mainz, der, später durch Karlmann abgesetzt, auf einer Heerfahrt, wahrscheinlich 744, mit eigener Hand Blutrache verübte. Ferner Karl Martells ebenfalls dem Hochadel entstammender enger Freund Milo, Bischof von Trier und Reims zugleich, der offenbar recht großzügig Kirchengut an seine Kinder verteilte und um 757 auf der Eberjagd umkam. Und anscheinend auch Bischof Hildegar von Köln, der im Sachsenkrieg fiel, 753 aber Utrecht für seine Diözese zurückgewinnen wollte, was Bonifatius ihm verwehrte. 31
Als dieser nach dem Sturz eines seiner größten Gegner, des Gewilip von Mainz (745), dort Bischof geworden war, wurde sein persönlicher Erzbischofsrang nicht mit seinem Stuhl verknüpft, der Mainzer Einfluß am Mittelrhein vermutlich von Trier aus beschnitten. Auch hatte der Legat nicht die von ihm erstrebte völlige Unterordnung der fränkischen Kirche unter das Papsttum erreicht. Nur von 13 besonders romhörigen Bischöfen aus Neustrien und Austrien war eine von ihm initiierte Kirchenversammlung im Jahr 747 besucht. Kein Fürst ließ sich blicken. Bonifatius, der oft genug über »die falschen Brüder«, die »falschen Priester« lamentiert, wurde auch von den zeitweise ihm verbundenen Karolingern mehr auf die Peripherie des Reichs verwiesen, indes die Päpste sich ins Herz der Herrscher logen. So zog er sich, »von bitteren Enttäuschungen erfüllt« (Tellenbach), aus der »großen« Politik zurück und wurde wieder Missionar. »Überall Mühe, überall Kummer. Außen Kämpfe, innen Angst«, klagt der Gekränkte einmal einer Freundin, der Äbtissin Eadburg von Thanet. »Die Feindseligkeit der falschen Brüder ist schlimmer als die Bosheit der ungläubigen Heiden.« 32
Am 5. Juni 754 wurde Bonifatius nach 25jährigem Wirken mit seinem Utrechter Chorbischof Eoban und 50 Gefährten von den Friesen bei Dokkum an der Doorn erschlagen – durchaus verteidigt von seinen »Mannen«, im Kampf »Waffen gegen Waffen« (Vita Bonifatii). Wie sich das für Christen gehört. Vergeblich hielt er gegen den tödlichen Streich »das heilige Evangelienbuch« über den Kopf. Und in echt christlicher Weise fielen »alsobald schnelle Krieger der künftigen Rache ... wohlbehaltene, aber ungehaltene Gäste«, wie Priester Willibald von Mainz witzelt (sospites sed indevoti hospites), in »das Land der Ungläubigen« ein und brachten den »entgegentretenden Heiden eine vernichtende Niederlage bei«. Die Friesen flohen, »wurden in gewaltigem Metzeln niedergemacht und verloren, den Rücken wendend, das Leben samt Habe und Hausrat und Erben. Die Christen aber kehrten mit den erbeuteten Weibern, Kindern, Knechten und Mägden der Götzendiener heim« (Vita Bonifatii).
Ist das keine fröhliche, keine fromme Religion? Zumal die überlebenden Beutefriesen, die
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