Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter
östlich von Marburg, die erste Missionsstation des Bonifatius, die, wie einst, 716, das Kastell Hammelburg an der Saale bereits als Basis Willibrords, für die Missionierung Thüringens dienen sollte. Andere Klostergründungen, stets auch politische Stützpunkte, die den fränkischen Einfluß weit nach Thüringen trugen, waren die monasteria Fritzlar in Hessen, nahe der mächtigen Frankenfestung Büraburg, Ohrdruf bei Gotha und vor allem 744 das Kloster in der »Buchonia«, im Buchenwald: Fulda. Ihm schenkte Karlmann alles Königsgut im Umkreis von vier Meilen, wobei er noch die angrenzenden Großen veranlaßte, auch ihren Besitz in der Nähe den (bald 400) Mönchen zu überlassen.
Auch zu Bischofssitzen wurden fränkische Burgplätze gemacht. Würzburg (castellum Wirzaburg); Büraburg bei Fritzlar (oppidum Buraburg), eine der größten frühmittelalterlichen deutschen Burgen, in der Bonifatius (741) das Hessenbistum Büraburg errichtete; und – später als zu gefährdet wieder aufgegeben – Erfurt (locus Erphesfurt), schon früher eine heidnische Bauernburg.
Nach ersten Erfolgen hatte Gregor II. den Bonifatius noch einmal zu sich befohlen und ihn am 30. November 722 zum Missionsbischof (ohne festen Sitz) geweiht. Dabei wurde er ganz auf Rom eingeschworen, mußte er nicht nur geloben, den Päpsten »in allem« gehorsam zu sein, sondern auch »mit den Bischöfen, welche gegen die alten Satzungen der hl. Väter lebten, keinerlei Gemeinschaft: zu halten«. Ferner bekam er ein Empfehlungsschreiben an den aus schweren Schlachten siegreich hervorgegangenen Karl Martell.
Offensichtlich erkannte der Papst den staatsrechtlich ja nicht als Herrscher Legitimierten an, vermied indes die Zuständigkeit juristisch zu benennen, verlangte jedoch Unterstützung. Möglicherweise aber ist dieser dem »Herzog« Karl, dem »Domino glorioso filio Karolo duci« geschriebene Brief auch gefälscht. Jedenfalls nahm der Hausmeier, der eine starke Bischofskirche zur Stütze der Staatsmacht wünschte, Bonifatius 723 ausdrücklich in seine Obhut, »so daß niemand etwas Nachteiliges oder Schädliches gegen ihn verüben darf, sondern er allezeit unter unserem Schutz und Schirm unangefochten und wohlbehalten wohnen soll«. Andererseits nützten Karls Kriegszüge Bonifatius, ebenso Karls Geschenke für die Kirche in Utrecht und das Kloster Echternach, diese bald immer riesiger, bis zu Maas, Schelde, den Rheinmündungen sich hinziehende katholische Propagandabasis.
Gregor II. hatte dem »Apostel der Deutschen« 722 auch einen Missionsauftrag an die Sachsen gegeben. Sie waren zwar 718 durch Karl vom Niederrhein zurückgetrieben und geschlagen worden, blieben aber fast gänzlich dem alten Glauben treu – einer jener Germanenstämme östlich des Rheins, die der Papst »gleich rohen Tieren« umherirren und in deren »Truggottheiten« er natürlich »Teufel« (demones) sah.
Zur planmäßigen »Bekehrung« der Sachsen mit Massentaufen kam es erst nach Karls Feldzug von 738; lange und sorgfältig vorbereitet, war er in engster Zusammenarbeit mit dem Klerus erfolgt. Gregor III. (731–741), der den fast Jahr für Jahr Krieg führenden Franken einmal den »geliebten Sohn« des hl. Petrus nennt, deutet dies selbst in einem Brief vom 29. Oktober 739 an Bonifatius klar an: »Du hast uns Kenntnis gegeben von den Völkern Germaniens, die Gott aus der Gewalt der Heiden befreit hat, indem er an hunderttausend Seelen durch Dein und des Frankenfürsten Karl Bemühen (tuo conamine et Carli principis Francorum) im Schoß der heiligen Mutter Kirche vereinigte.« Die Zahl ist sicher übertrieben. Doch »befreit« wurden die Sachsen »aus der Gewalt der Heiden« nur durch Karl Martells Heerfahrt (738) – »mit schrecklichem Blutvergießen« (Fredegarii Continuationes). Und im Anschluß daran kam es zu Massentaufen der Sachsen. Ihre Christianisierung erfolgte damals »in engster Anlehnung an die militärisch-politische Organisation« (Steinbach); wahrscheinlich handelt es sich hier sogar um »den größtangelegten Versuch einer Sachsenmission vor dem Zeitalter Karls des Großen« (Schieffer).
Zwar war Karl Martell nicht sehr religiös, aber aus politischen Gründen an der Verbreitung des Christentums im Osten aufs »höchste interessiert« (Buchner). Und es gibt keinen Zweifel, daß Bonifatius »den siegreichen Waffen und dem persönlichen Schutz Karl Martells alles verdankte« (Zwölfer) – »ein gezieltes Zusammenwirken von innerem Ausbau und militärischen
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