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Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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Episkopat stachelte Honorius, als echter Schüler des »großen« Gregor, zu verschärftem Kampf gegen die Juden an (vgl. S. 177 ff.). Dabei verglich er (ein Wort des Jesaias 56,10 mit einem von Ezechiel verwechselnd) die Bischöfe mit »stummen Hunden, die nicht bellen können«, und klagte, daß er allein die Züchtigung der Baalspfaffen betreibe! »Sein Lehrer Gregor der Große war sein Vorbild in der Führung seines Pontifikates«, rühmt Papsthistoriker Seppelt. 5
    Honorius I. baute auch gewaltig. Er verschwendete dafür viel Silber und plünderte ungeniert heidnische Prachtpaläste. Dabei hatte er noch genug Kapital im Lateran. Und obwohl der Exarch 640, nach dem Tod des Papstes, einen Teil beschlagnahmte, um die Truppen zu bezahlen und die kaiserliche Kriegskasse zu füllen (S. 340), verfügten die folgenden Päpste noch immer über reiche Geldmittel. 6
    So weit, so gut, sozusagen.
    Das dicke und sehr lange Ende dieses Pontifikats aber resultiert aus einem theologischen Streit, der in die Regierungszeit von Phokas' Nachfolger Herakleios (610–641) fällt.
    Dieser Sohn des Exarchen von Afrika war als neuer Thronräuber mit der Fahne der Gottesmutter vor Konstantinopel erschienen, hatte Phokas so blutig gestürzt, wie er sich selbst einst erhoben und dann vom Patriarchen der Stadt am 5. Oktober 610 die Krone empfangen. Ein bedeutendes Datum; denn mit den Reformen dieses Herrschers beginnt das mittelalterliche griechische Kaiserreich.
    Herakleios, oft »der erste Kreuzfahrer« genannt, eröffnete (sinnigerweise am Ostersonntag) 622 einen sechsjährigen Krieg gegen die Perser, die 614 Jerusalem erobert, das Heilige Grab zerstört, das Heilige Kreuz geraubt hatten und 617 bereits am Bosporus, vor der Hauptstadt standen. Also führte Herakleios einen echten Kreuzzug. Patriarch Sergius hatte ihn gefordert und finanzierte ihn auch, indem er dafür alle Kirchenschätze preisgab. Die Sache war auch ersichtlich von Gott gesegnet. »Überall gingen die heiligen Stätten der Mazdäer in Flammen auf« (Daniel-Rops); darunter der Feuertempel in Ganzak und der Geburtsort Zoroasters. 628 schloß Herakleios mit den Persern Frieden, nachdem Chusrau II., von seinem eigenen Sohn Kavadh Scheroe (Siroës) zum Tod verurteilt, noch einige seiner Kinder vor seinen Augen hatte sterben sehen (Februar 628). »Es war ein wunderbar schöner Triumph des Oströmischen Reiches, das die alte römische und zugleich die christliche Überlieferung wahrte« (Cartellieri). Unmittelbar danach freilich wurde Kleinasien von den Arabern überrannt. 7
    Vorerst aber hatte der »erste Kreuzfahrer« gewonnen. Am 21. März 630 richtete man in Jerusalem unter großem Jubel das von den Persern enthüllte heilige Kreuz des Erlösers wieder auf – »wie das Beweismaterial nahelegt« (Mango), ein unterschobenes. Dann suchte der Kaiser durch religiöses Entgegenkommen die monophysitischen Christen, die inzwischen die katholischen Bischöfe verjagt und durch Monophysiten ersetzt hatten, zur Reichskirche zurückzuführen. Er war auch ziemlich erfolgreich vermöge einer vom Hauptstadt-Patriarchen Sergius (wahrscheinlich selbst der Sohn monophysitischer Eltern) vorgeschlagenen Einigungsformel. Danach hatte der Gottmensch, der ja aus zwei Naturen bestand (dies war Staatsdogma), nicht eine zweifache, sondern nur
eine
Wirkungsweise, eine gottmenschliche Energie (Monoenergismus). 8
    Nun, derlei (freilich das Ostreich fortgesetzt innerlich zerreißende) Rabulistik in einer an sich schon bodenlosen Spinnerei – jawohl! – braucht uns nicht zu kümmern. Als eine Art Brückenschlag zum Monophysitismus war es jedenfalls religionspolitisch geschickt ausgeknobelt, auch anfangs erfolgreich, noch in Syrien und Ägypten, ja – selbst beim Papst. Denn Honorius I. wandte sich gegen die besonders von dem Mönch und späteren Patriarchen Jerusalems, Sophronius, angeführte orthodoxe Opposition und erklärte: »Wir bekennen
einen
Willen unseres Herrn Jesus Christus ...« Folge davon: das von Sergius verfaßte, vom theologisch persönlich stark interessierten Kaiser erlassene und in der Hagia Sophia angeschlagene Glaubensedikt der »Ekthesis« (638). Anstelle der
einen
Wirkungsweise (Monergeia) trat jetzt die den Monophysiten noch mehr entgegenkommende und hauptsächlich den Frieden mit ihnen suchende Lehre von dem
einen
Willen in Christus: der Beginn des monotheletischen Streites, des letzten Dogmenkampfes zwischen Ost und West, und der – bis ins 19. Jahrhundert reichenden –

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