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Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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entgegen, überhäufte ihn mit Ehren, wollte keinen andern an seiner Seite sehen, weder, worum er selber bat, einen zweiten Legaten noch einen Nachfolger zu seinen Lebzeiten – »alles hast du aufs beste und nach den kirchlichen Satzungen ausgeführt (omnia optime et canonice)«, lobte ihn wieder Zacharias.
    Der Papst hatte freilich besonderen Grund, Bonifatius zu schmeicheln. War er diesem doch jäh in die Parade gefahren, als nach Karl Martells Tod sich die Herzöge von Aquitanien, Schwaben und Bayern 743 gegen Karls Söhne Karlmann und Pippin erhoben. Nun hatte zwar die fränkische Schwert- und Wirtschaftshilfe das Missionswerk des Bonifatius überhaupt erst ermöglicht. Der Papst aber wollte im Bund mit dem romeifrigen Odilo, dem Kopf der antifränkischen Liga, der Bayern vom Reich zu trennen suchte, auch die bayrische Landeskirche von der Reichskirche unabhängig haben und Rom direkt unterstellen. Und da er die fränkische Sache für verloren hielt, wechselte er sofort ins vermeintlich stärkere Lager, entsandte einen eigenen (zweiten) Legaten, den Presbyter Sergius, und unterstützte kräftig den bayrischen Separatismus gegen die beiden Hausmeier.
    Doch Karlmann und Pippin warfen 743 die Aquitanier nieder. Sie verheerten ganz Alemannien bis zur Donau und lagen dann 15 Tage den Bayern am Lech gegenüber. Vor der Schlacht gebot der päpstliche Legat im Namen des hl. Petrus Pippin den Abzug und Verzicht auf die Oberhoheit. Vergeblich. Und wiewohl alemannische, sächsische, slawische Truppen die Bayern verstärkten, wurde Odilo (den Pippin kurz vorher mit seiner Schwester Hiltrud verheiratet hatte) durch einen fränkischen Flanken- und Rückenangriff, offenbar einen heimtückischen nächtlichen Überfall auf das schlafende bayrische Heer, geschlagen und bis auf den Inn zurückgeworfen. »Herzog Odilo entrann kaum mit Wenigen in schimpflicher Flucht über den Inn-Fluß« (Annales Mettenses priores).
    Der Papst aber schwenkte nun schnell wieder zur anderen Seite. Er unterließ nichts, um den aufgebrachten Bonifatius zu besänftigen. Sein Legat habe alles falsch dargestellt, behauptete er und gestattete Bonifatius jetzt nicht nur Bayern, sondern »das ganze gallische Land an unserer Statt zu reformieren«. Und er selbst, »von seltener Herzensgüte«, ja, noch seinen Feinden »die zärtlichste Liebe« beweisend (Donin), befahl 745 den Bischöfen, Herzögen und Grafen Frankens, jährlich zu einer Synode zusammenzukommen, »damit, sowie etwas
Gegnerisches
auftreten sollte, es mit
Stumpf und Stiel
ausgerodet werde« (radicitus amputetur).
    Zusammen mit dem päpstlichen Legaten Sergius wurde auch der erste Regensburger Bischof Gawibald, der zu Odilo stand, als Gefangener Pippins vorgeführt, der schließlich zwei eigene Vertrauensmänner, die beiden iroschottischen Mönche Virgilius und Sidonius, auf die Bischofsstühle von Salzburg und Passau setzte. Dies geschah natürlich entgegen den Bestrebungen von Bonifatius und Papst Zacharias, der in einem Schreiben vom Mai 748 die beiden gebildeten Mönche mit einer Vorladung nach Rom bedrohte, weil sie die »ketzerische« Ansicht von der Kugelgestalt der Erde vertraten! Weil sie lehrten, »es gebe noch eine andere Welt und andere Menschen unter der Erde und auch noch eine Sonne und einen Mond ...« Zwei Jahre zuvor hatte der Papst die beiden noch »fromme Männer« (religiosi viri) genannt. Jetzt aber fordert er gegen Virgils »verkehrte und sündhafte Lehre« ein Konzil – »und stoße ihn aus der Kirche, nachdem Du ihm seine priesterliche Würde genommen hast«. Mit der Bibel nennt er die beiden wegen eines immerhin schon seit einem Jahrtausend bekannten Faktums (III 369 f.) unklug, töricht, gottlos, ist aber doch auch wieder zur Milde gestimmt, übt Nachsicht: »wer den geringeren Verstand hat, denkt an Nichtiges«, tröstet er, entschuldigt fast und dringt in Bonifatius: »mahne, beschwöre, widerlege ...«, vielleicht gelangen sie ja doch noch »vom Irrtum zum Wege der Wahrheit«. 29
    Ist's nicht schwer, keine Satire zu schreiben?
    Schon 749, sechs Jahre nach der Vernichtung des bayrischen Heeres, war Pippin abermals mit einem großen Aufgebot in das Land zwischen Lech, Donau und Inn eingefallen. Die Bayern flohen damals, vielleicht Deportationen fürchtend oder Massaker, »von Angst ergriffen über den Inn«. Doch nach den Blutbädern von 743 am Lech und 746 bei Canstatt gab man schnell nach, und so kehrte Pippin, wie die Fortsetzungen des Fredegar wieder melden,

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