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Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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geschickt, wo man damals wahrscheinlich eine besondere Schatzkammer anlegte. (Die awarischen Khagane hatten im 6. und 7. Jahrhundert von Byzanz jährliche Zahlungen von bis zu 120000 Solidi erhalten; durch den plötzlichen Zufluß soll der Wert des Edelmetalls im Frankenreich um ein Drittel gesunken sein.) Fünfzehn vierspännige Ochsenwagen mußten das ungeheure Raubgut aus dem »heiligen Krieg« zum hl. Karl nach Aachen bringen. Man erinnere sich nicht, schwärmt Einhard, daß sich die Franken je in einem andren Krieg durch Beute mehr bereicherten. Und wiewohl Laie (der freilich dennoch an der Spitze mehrerer Kirchen stand), fügt er mit pfäffischem Zungenschlag hinzu, »daß man mit Recht sagen kann, die Franken hätten den Hunnen rechtmäßig das weggenommen, was diese früher anderen Völkern unrechtmäßig geraubt hatten«.
    Doch dauerten die Feldzüge zur Unterwerfung der Awaren noch lange fort, noch 797, 799, 802, 803 gab es Heerfahrten. »Die friaulischen und ostmärkischen Markgrafen standen wohl ständig im Kampf« (Zöllner); »fast jedes Jahr eine neue Aktion« (Brackmann).
    Die Härte des Krieges ist freilich umstritten. Die Reichsannalen kaschieren wohl seine Schwere. Andere Quellen melden große Grausamkeiten der Franken. Auch Einhard schreibt, Karl habe das Unternehmen leidenschaftlicher und mit größerem Aufwand geführt als alle anderen, »mit größter Hartnäckigkeit«. »Das völlig menschenleere Pannonien und die Verwüstung der Residenz des Khans, wo heute keine Spur menschlichen Lebens aufzufinden ist, sind Zeugen der vielen blutigen Schlachten, die in diesen Jahren gefochten wurden. Der gesamte hunnische Adel und damit auch sein Ruhm gingen dabei zugrunde.«
    Die Awaren erhoben sich wiederholt gegen ihre Unterdrücker, erschlugen 799 den Markgrafen Erich von Friaul bei Fiume im Kampf um die hochgelegene Burg Tersatto (Tarsatica), bald darauf den königlichen Präfekten (Statthalter) von Bayern, Gerold I., den Schwager Karls, einen besonders begabten und tätigen Haudegen, dessen Andenken zumal im Kloster Reichenau lebendig blieb – »märtyrerhaft gesteigert« (Störmer). Auch die Markgrafen Erich Kadaloh und Gotchramm kamen im Krieg um. Doch 803 wurde ganz Westungarn, bis in die Nähe des heutigen Belgrad, als »Pannonische Mark« dem Frankenreich lose eingegliedert.
    826 werden die Awaren ein letztes Mal genannt. Sie verschwinden tatsächlich aus der Geschichte. Und nichts während der Regierung Karls beeindruckte die zeitgenössischen und späteren Geschichtsschreiber und Poeten, die den Königssohn Pippin, den Führer der Feldzüge, in zahlreichen Gedichten verherrlichten, mehr als die Erbeutung des gewaltigen Awarenschatzes und die totale Vernichtung des awarischen Reiches – noch ein Jahrhundert später weist man auf die »Wüste« östlich der Bayern hin. Und noch im 20. Jahrhundert begeisterten sich die Historiker für diese Leistung des »großen« Franken, starren sie verzückt auf die Folgen, die Folgen des Elends, das neue Elend, das fortgesetzte Blutvergießen, den fortgesetzten Raub. Ja, wieder war es natürlich eine »Großtat«, »ein unvergleichliches Verdienst Karls des Großen um die deutsche Geschichte« (Heuwieser). Denn:
»Ohne Awarenkrieg Karls keine Wendenzüge Heinrichs des Löwen, keine Preußenzüge der deutschen Ritter«
(Klebel). Und natürlich bildet gerade dies Wirken des Königs auch »für die Kirchengeschichte Österreichs ... einen epochemachenden Abschnitt« (Tomek).
    Während aber König und Kirche im blutig geraubten Reichtum schwammen, grassierten Elend und Hungersnöte im Volk. Wie überhaupt während der ganzen Regierungszeit Karls Hungersnöte wiederkehrten, chronische Unterernährung herrschte, häufiger Bettel, und keinesfalls nur infolge Naturkatastrophen, Überschwemmungen etwa, Seuchen, sondern natürlich auch und gerade wegen der schaurigen sozialen Verhältnisse, des ständigen Geschröpftwerdens durch die potentes, die Herrenschicht: durch die Abgabenlasten, Steuerforderungen über den zugelassenen Satz hinaus, durch überhöhte Preise, falsche Maße, durch Verschuldung, Verpfändung, Raub des Besitzes, wobei die Armen schon seit der christlichen Merowingerzeit nicht nur unterdrückt, sondern verachtet waren, die Besitzenden sich von ihnen belästigt fühlten, in Notzeiten üblicherweise Hunde auf die Bettler hetzten, sogar Bischöfen das Vertreiben der Bettler durch Hundemeuten verboten werden mußte. Regelmäßig unterstützt haben

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