Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
Vom Netzwerk:
ihren Stand auch insofern würdig, hochwürdig, als sie die da sehr entwickelte Kunst beherrschten, vor allem den eigenen materiellen Vorteil wahrzunehmen, und zwar ganz gleich, ob es Schenkungen aus Kriegsgut betraf oder weniger blutig erworbene Vergabungen oder sonstige lukrative Geschäfte, etwa gewinnbringenden Tausch von Klostergut gegen Krongut. »St. Gallen ist damals so zu manchem schönen Stück Kronland gekommen. Auch ihre Bistümer mögen sie bedacht haben, doch aus Mainz und Konstanz ist keine einzige ältere Urkunde erhalten. Man hat unwillkürlich den Eindruck, daß die Herren diese Geschäfte unter sich selbst abmachten, denn das Kind auf dem Thron verstand nicht einmal, um was es sich handelte. Und peinlich berührt es noch zu sehen, wie eifrig diese Hände auch nach dem Wittum der durch den Ehebruchprozeß allerdings bloßgestellten Königin-Mutter Uta langten: so ließ man den kleinen König aus dem Wittum seiner Mutter auf ›Fürsprache‹ von fünf Bischöfen und Liutpolds der Kirche von Seben den Hof Brixen, wohin das Bistum dann verlegt wurde, dann wieder mit ›Zustimmung‹ mehrerer Bischöfe und einiger Grafen und, wie gesagt wird, auf ›Fürsprache‹ Utas selbst der Kirche von Regensburg den Hof Velden, der Kirche von Freising den Hof Föhring schenken. Man müsse, heißt es in einer derartigen Schenkungsurkunde, den königlichen Dienst durch Fürsorge für die Kirche ermöglichen« (Mühlbacher) 7
    Einfluß auf die Regierung des ostfränkischen Reiches übte aber auch der zunächst noch als Erzkapellan und Erzkanzler amtierende Erzbischof Thietmar von Salzburg aus; ferner Erzbischof Pilgrim I. von Salzburg (907–923), der durch Ludwig IV. im Jahr 908 den Königshof Salzburghofen (im heutigen Freilassing) erhält samt reichem Zubehör, Zöllen und Bedeutung für die wichtige Saline Reichenhall, im folgenden Jahr (zusammen mit dem Markgrafen Aribo) auch die Abtei Traunsee (Altmünster), bis er unter Konrad I. 912 dessen Erzkapellan wird. Weiter spielten eine beachtliche Rolle Erzbischof Rutbod von Trier, der Erzkanzler für Lotharingien, die Bischöfe Waldo von Freising, Erchanbald von Eichstätt, Tuto von Regensburg, Rudolf von Würzburg, Thietelah von Worms.
    Von besonderer Bedeutung endlich war Bischof Adalbero von Augsburg, der Erzieher des Königs und ein weiterer Pate, hatte er das Kind doch gemeinsam mit Hatto in »der heiligen Quelle der Taufe« gewaschen (Annales Fuldenses) und ihm den Namen seines Großvaters gegeben. Gerieten die Taufpaten ja überhaupt häufig tief in die Politik, falls sie nicht schon tief darin steckten und eben auch darum Taufpaten wurden. Bereits Adalberos Vorgänger, Bischof Witgar, war ganz in Reichsgeschäfte verstrickt und wirkte vornehmlich in den Hofkreisen Ludwigs des Deutschen und Karls des Dicken. Und Adalbero selbst hatte schon als steter Ratgeber und Begleiter Arnulfs agiert, ehe er anscheinend sogar leitender Minister des jungen Königs wurde, der ihn seinen getreuesten Erzieher, geliebten Lehrer, geistlichen Vater nannte. So hat ihn das Volk denn auch bald als Seligen verehrt, wahre Wunder geschahen an seinem Grab – nur aus Adalberos Tätigkeit für sein Bistum ist nicht das geringste bekannt. 8
    Zwei Ereignisse belasteten das ostfränkische Reich zur Zeit Ludwigs des Kindes besonders, eine langanhaltende, von außen kommende Katastrophe und ein verhältnismäßig kürzeres innenpolitisches Desaster, der Ungarnsturm und die sogenannte Babenberger Fehde.

Der Ungarnsturm beginnt

    Nach dem Tod Arnulfs griffen die Ungarn an.
    »Sein Sterbetag war für sie fröhlicher als alle Festtage, erwünschter als alle Schätze«, behauptet wohl kaum ganz zu Unrecht Bischof Liutprand. Ihr Vorstoß geschah unerwartet. Mit ungeheurer Wucht und arger Not im Gefolge verheerten sie weite Teile West-, doch auch Südeuropas, besonders aber das ostfränkische Reich, wohin sie freilich einst Arnulf selbst als Bundesgenossen gerufen hatte.
    Auch waren die Ungarnkriege zwar hauptsächlich, doch keinesfalls ausschließlich Verteidigungskriege, und nicht nur 907 (S. 350). Seit dem Sieg des Bayernherzogs Berthold – er war der jüngere Sohn des 907 bei Preßburg gefallenen Markgrafen Liutpold – am 12. August 943 bei Wels, dem bis dahin größten deutschen Erfolg gegen die Ungarn, ergriffen die Bayern die Offensive. Einen weiteren Vorteil errangen sie 948. Bereits im nächsten Jahr schlugen sie sich mit den Magyaren offenbar in Ungarn selbst. Und auch 950 ging der

Weitere Kostenlose Bücher