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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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Leiden erlegen war, versuchte jetzt Berengar von Friaul, Lamberts alter Gegner, die italische Krone an sich zu reißen. Doch erlitt er Ende September 899 an der Brenta durch die Ungarn eine blutige Niederlage, wobei auch viele Prälaten fielen. Und Bischof Liutward von Vercelli, Karls III. des Dicken einstiger Erzkanzler (S. 287 f.), wurde seinerzeit auf der Flucht samt seinen Schätzen, diesen »unvergleichlichen Schätzen, deren Überfluß über alles Maß hinausging« (Regino von Prüm), und die er natürlich vor den Ungarn retten wollte, von diesen erschlagen.
    Es war der erste Einfall der Magyaren in »dem unglücklichen Italien«, überliefert Liutprand, der die Offensive breit schildert, wiederholt das riesige, unermeßliche Heer der Invasoren betont, dann aber überraschend meint, Berengar habe ihnen ein dreimal so starkes entgegengestellt. So faßten denn auch die fliehenden Ungarn den – freilich vergeblichen – Beschluß, für ihre Heimkehr den Christen die Rückgabe ihrer ganzen Beute nebst Entschädigung zu bieten. Und machten bald, hart bedrängt über die weiten Gefilde um Verona zur Brenta jagend, gepeinigt durch die große Ermattung ihrer Pferde, durch Angst, ein neues Angebot: Auslieferung sämtlicher Habseligkeiten, Gefangenen, Waffen, Pferde; allein das nackte Leben wollten sie behalten, Italien auch nie wieder betreten, sogar ihre Söhne als Geiseln stellen – erhielten aber »auf der Stelle« eine weitere Abfuhr, eine sehr christliche: »Wenn wir, zumal von Leuten, die in unserer Gewalt und bereits soviel wie tote Hunde sind, das als Geschenk annehmen, was uns schon übergeben ist, und mit ihnen einen Vertrag eingehen wollten, so würde der wahnsinnige Orestes schwören, daß wir den Verstand verloren hätten.«
    Tatsächlich hatten sie ihn verloren. War man ja nicht nur aufgeblasen, sondern auch uneinig, wünschten manche offenbar noch lieber als den Untergang der Heiden den gewisser Christen, auf daß sie dann nach deren Tod »selbst allein gewissermaßen schrankenloser herrschten«.
    Die Ungarn indes legten den Christen auf drei Seiten einen Hinterhalt, setzten mit dem Mut der Verzweiflung geradewegs über den Fluß, jagten mitten hinein in Berengars überraschte Scharen – »und die Heiden überließen sich ihrer Mordlust ...« Bis auf einen kläglichen Rest kam das gesamte Christenheer um; die Poebene wurde von den Siegern überflutet.

Wie aus Ludwig III. durch den Bischof von Verona Ludwig der Blinde wurde

    Papstnachfolger Benedikt IV. (900–903) krönte im Februar 901 den jungen Ludwig III. von der Provence (890–928) zum Kaiser. Der Sohn des Burgunderkönigs Boso und der Irmingard, der Enkel Kaiser Ludwigs II. also, war von Anhängern des 898 verstorbenen Kaisers Lambert anno 900 gegen Berengar I. ins Land gerufen, in Pavia zum rex Italiae erhoben und dann gleich von Benedikt IV. freundlich in Rom empfangen und gekrönt worden. Ein erheblicher Teil des Adels und der Bischöfe mißgönnte nämlich Berengar die Krone, zeigte sich offenbar auch enttäuscht durch seine Niederlage gegen die Ungarn, wie dann durch sein Paktieren mit ihnen.
    Allerdings konnte Kaiser Ludwig III. Berengar nicht Trotz bieten, da diesen die oberitalischen Großen bald wieder begünstigten. Durch einen Eid, nie mehr nach Italien zurückzukehren, erkaufte sich Ludwig bereits 902 den Abzug über die Alpen, folgte jedoch drei Jahre später einer neuen Einladung und ging Berengar, der zunächst bis auf bayerisches Gebiet hatte flüchten müssen, dann auch mit bayerischer militärischer Hilfe durch einen Handstreich 905 auf Verona ins Netz, allem Anschein nach nicht ohne Zutun des Ortsbischofs.
    Der siegreiche Ludwig hatte sein Heer bereits entlassen und begab sich, berichtet Abt Regino, »in Folge einer Aufforderung des Bischofs Adalhard von Verona mit sehr geringer Begleitung in die besagte Stadt. Die Bürger aber taten dies in größter Eile dem Berengar kund, der zu jener Zeit in Baiern als Vertriebener lebte. Dieser zog ohne Zaudern mit Truppen, die er von allen Seiten zusammenraffte, nach Verona, fing den unvorsichtigen Mann mit List und beraubte ihn in der Gefangenschaft des Augenlichtes.«
    Man hatte Berengar »zur Nachtzeit« die Stadttore geöffnet, Ludwig III. geblendet, den fast noch ein Vierteljahrhundert blind Lebenden und nun auch »der Blinde« Genannten als praktisch regierungsunfähig in die Provence zurückgeschickt, einen Priester Johannes Kurzhose als Mitschuldigen geköpft. 915 wurde

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