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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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lebenden Bischöfe Diepold und Wolfker. 1909 freilich wies Waldemar Lehr in seiner Berliner Dissertation die in Verbindung mit Pilgrim begangenen Fälschungen noch einmal mit äußerster Sorgfalt nach. Eine von W. Peitz angekündigte Entgegnung unterblieb. Und selbst in der zum 1200jährigen Bestehen im »Jubeljahr 1939« erschienenen Bistumsgeschichte Passaus muß der Verfasser zugeben, »daß unter Bischof Piligrim mittels einer Reihe unechter, hiezu gefertigter Königs- und Papsturkunden der Versuch unternommen wurde, die Bischöfe von Passau als die Nachfolger der Erzbischöfe von Lorch in Geltung zu bringen und ihnen die Metropolitanrechte über Ungarn zu verschaffen«. 26

Ein Sklavenhalter und Krieger wird als erster Katholik feierlich und förmlich kanonisiert

    Anscheinend unsterbliche Meriten errang seinerzeit auch Bischof Ulrich von Augsburg (923–973). Nach dem Sieg auf dem Lechfeld bekam er vom König die gräfliche Gerichtsbarkeit, das Münz- und wohl auch Marktrecht. Und schon wenige Jahrzehnte darauf wurde er heilig gesprochen. Nicht jedem freilich, der noch immer die üblichen Vorstellungen von Heiligkeit hegt, mag er heute so heilig erscheinen.
    Ulrich verdankte sein Amt, wie bei Bischöfen ja seit Jahrhunderten die Regel (III 499 f.), seiner Familie, dem Geschlecht der späteren Grafen von Dillingen. Schon der Onkel, der sei. Adalbero, war (seit 887) Bischof in Augsburg gewesen, dazu Berater Kaiser Arnulfs, Erzieher von dessen Sohn Ludwig und während der Regierung dieses Unmündigen »fast Regent des Reiches« (Lexikon für Theologie und Kirche). Unter dem sel. Onkel amtierte der hl. Neffe als Vermögensverwalter des Bistums, quittierte den Dienst aber nach Ableben des Onkels (909), war ihm doch der neue Bischof Hiltin »nicht vornehm genug«. Er verwaltete jetzt vierzehn Jahre lang den Grundbesitz seiner Sippe, bis er 924 durch die Verwandten selbst Bischof von Augsburg wurde – wie er denn unbedingt, strikt entgegen den Kirchengesetzen, auch wieder seinen Neffen Adalbero als Nachfolger wollte. Ohne ordiniert zu sein, fungierte der auch bereits als Bischof; so mußten sich beide wegen schlechten Beispiels und des Verstoßes gegen das kanonische Recht im September 972 auf der Synode von Ingelheim verantworten. Doch bald darauf waren beide tot.
    Als hl. Bischof und Truppenkommandant, der die Domstadt auch mit einer Mauer umgab, hielt Ulrich Sklaven, ließ sich auf »Visitationsreisen« von seinen Hörigen schützen und führte einen ganzen »Wagenzug« zum Einsammeln der Abgaben mit. Auch reiste er stets in Begleitung »seiner fähigsten Vasallen«, damit er bei irgendwelchen Problemen »die Verhandlungen mit der nötigen Sicherheit« führen konnte (Vita Oudalrici). Immer wieder kämpfte der Heilige mit dem Schwert hoch zu Roß. So etwa im Spätherbst 953 mit König Otto gegen Regensburg. Und als er nach seiner Rückkehr in der eigenen Bischofsstadt nicht mehr bleiben konnte, verschanzte er sich, einen ganzen Winter lang alle Angriffe abschlagend, in der Burg »Mantahinga« (Schwabmünchen). Am 6. Februar 954 schlug man den Pfalzgrafen Arnulf samt »den Haufen jener Unseligen, die zuvor die Stadt Augsburg geplündert«. Man schlug sie so, daß »die meisten von ihnen tot« waren. Und als darauf Bischof Ulrich wieder nach Augsburg zurückkehrte, da schreibt sein Biograph Dompropst Gerhard: »Keiner von denen, die in Augsburg feindlich gegen die heilige Gottesmutter Maria Beute gemacht hatten, kam ungestraft davon, es sei denn, er hätte sich unverzüglich aus eigenen Mitteln die Verzeihung des ehrwürdigen Bischofs erkauft.«
    Tatsächlich folgte jede Menge »Strafwunder«.
    Einer, der in Augsburg geplündert, verlor den Verstand und hauchte seinen Geist aus. Ein anderer sank durch den Hufschlag eines Pferdes tot nieder. Der Sohn des Bayernherzogs, Pfalzgraf Arnulf, »der sich erkühnt hatte, feindlich in die Güter der heiligen Maria einzufallen« (obwohl der »ehrwürdige Bischof« bei Strafe des Kirchenbannes gedroht, man sollte »sich ja nicht erfrechen, Güter der heiligen Maria, die in seinem Bistum lagen, auch nur im mindesten anzutasten«: Vita Oudalrici), fiel 954 im Kampfgetümmel vor Regensburg. Ein Vierter, der in Augsburg bloß ein Stück billigen Tafeltuchs genommen, wurde sofort »vom Teufel besessen und konnte ihn nirgends mehr loswerden, weder in der Kirche noch außerhalb, noch durch Besprengung mit Weihwasser. Der Teufel wich nie von seiner Seite. Endlich machte er sich auf den

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