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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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stach ab und erschlug. »Kein Weg und keine weglose Wildnis war für sie mehr zu finden, wo nicht auf Schritt und Tritt die Rache des Herrn offenkundig über ihnen geblieben wäre« (Vita Oudalrici).
    Und Otto, der Sieger, der Held, den die Truppen als »imperator« ausriefen (eine umstrittene Notiz Widukinds), dachte einfach an alles. Nicht nur ließ er »sorglich feststellen, wer aus seinem Heere geblieben war«, nicht nur tröstete er den hl. Ulrich wegen des Schlachtentodes seines Bruders Dietbald »und wegen anderer Verwandter, die gleichfalls dort den Tod gefunden hatten«, nicht nur sandte er die Leiche seines Schwiegersohnes Herzog Konrads »sorgsam bereitet zur Bestattung nach Worms«, sondern er schickte auch gleich »nach der Blutarbeit« Boten, um »die Herzen der Gläubigen zum frohen Lobe Christi aufzufordern. Solch große Gabe der göttlichen Liebe nahm die ganze, und besonders die dem Könige anvertraute Christenheit mit unsagbarem Jubel auf und erwies Gott in der Höhe einmütig lobsingend Preis und Dank.«
    Nicht zuletzt aber gab Otto Befehl durch Eilboten, in Bayern alle Fährten und Furten der Flüsse zu besetzen und derart noch möglichst viele der fliehenden Feinde zu liquidieren, deren letzte Reste (»Nur sieben Magyaren kamen nach Ungarn«, wissen Wetzer/Welte) über Böhmen ihre Heimat erreichten. Oder wie im 19. Jahrhundert der Augsburger Tabakfabrikant und Sonntagsdichter Philipp Schmid in einem Lechfeld-Schlacht-Schauspiel den hl. Ulrich sagen läßt: »Die Heimat eines biederen Christenvolkes Zu säubern von der Heiden rohen Scharen.«
    Apropos: so ganz »wilde Heiden« waren die Ungarn, zumal ihre Herren, schließlich nicht mehr. Ihr letzter Oberführer, Bulcsu, Ottos Gegenspieler am Lech, war ein seit Jahren (in Konstantinopel) getaufter Christ. Gleichviel: wie Karl Martells Sieg über die Araber bei Poitiers 732 »den Hilariuskult neu aufleben« hatte lassen (Ewig IV 304), so ist eine schöne Frucht und Folge des Ungarnsieges nun das »Aufblühen der Verehrung des Tagesheiligen, des HL. Laurentius« (Büttner) – bringt doch eine gewisse Forschung die Geschichte stets auf den entscheidenden Punkt. (Und vergessen wir auch nicht, daß durch die Kriege »die Schätze des Heils, die Reliquien der Heiligen« in die Kirchen kamen: S. 432!)
    Im übrigen spannte man geschnappte Ungarnführer in Regensburg »mit vielen anderen ihrer Landsleute auf die Folter« (Vita Oudalrici) und knüpfte sie auf. Man erdrosselte Gefangene und schmiß sie in Massengräber, nachdem man sie noch um Gold und Silber erleichtert hatte, was dann goldene Kelche, Kreuze und jede Menge Kirchensilber ergab. Insgesamt soll man damals 100000 Menschen ermordet und den Ungarn derart den »Anschluß an die Kultur des westlichen Europa« (Holtzmann) ermöglicht haben.
    Otto I., in seiner sächsischen Heimat »in höchster Begeisterung« empfangen (Thietmar), hieß seitdem »der Große«. Und obwohl er, wie es heißt, alles, was er »an Landbesitz und sonstigem Eigentum« in seinem ganzen Leben erworben, »unverkürzt Gott und seinem Streiter Mauritius zu eigen« gab (Thietmar), war der große Magen, mit Goethe zu sprechen, der Kirche natürlich nicht satt. Wie sie schon nach den ersten bayerischen Siegen über die Ungarn durch den Bischof Adalbert von Passau sogleich ihre Ansprüche geltend gemacht, so erstrebte sie auch jetzt schnell den einst geraubten, doch in den Ungarnstürmen wieder verlorenen Besitz. Die Bistümer Passau, Regensburg, Freising, Salzburg und die maßgeblichen bayerischen Klöster nahmen erneut ihre verlassenen Güter in der Ostmark ein, ja, Bischof Pilgrim von Passau drang missionierend bis Ungarn vor, wobei er – durch gewaltige Urkundenfälschungen – Erzbischof werden wollte. 24

Bischof Pilgrim von Passau (971–991), ein großer Fälscher vor dem Herrn, setzt sich ein literarisches Denkmal

    Immerhin bemerkenswert, daß (auch) die Bekehrung der Magyaren in Ungarn mit enormen Fälschungen begann – wobei die fromme »Forschung« freilich lieber von der »Lorcher Frage« spricht, »welche seit Jahrhunderten viele Federn in Bewegung gesetzt hat« (Heuwieser).
    Der berühmt-berüchtigte Seelenhirte, im Kloster Niederaltaich erzogen und mit Hilfe des Salzburger Erzbischofs Friedrich, seines Onkels, erhoben, gilt in der Kirchengeschichte als »ein bedeutender Mann«, sollte doch seine zwanzigjährige »Regierung« (971–991) »die spätere Größe des Passauer Bistums begründen« (Tomek). Auch war

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