Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert
Grafschaften, wo das Bistum Besitzungen hat – »noch dazu strategisch günstig gelegene(n) Kirchenbesitz ...« (Pauler). Und selbstverständlich begleitet Bischof Hubert den Kaiser auch im Krieg; er übernahm bei dessen drittem Italienzug sogar das Erzkanzleramt, da der bisherige Erzkanzler Wido von Modena gerade wieder mal abgesprungen war. 78
Bischof Wido von Modena (943–968), der von Mal zu Mal die Fronten wechselte, erst 945 Berengars Erhebung unterstützte, bald darauf Hugos Sohn Lothar, dann Otto I., ehe er noch einmal zu König Adalbert überging, wurde gleichwohl von allen Seiten beschenkt. Von Lothar erhielt er, »dilectus fidelis noster«, Güter in der Grafschaft Comacchio, von Berengar II. drei Burgen. Ein Jahrzehnt, von 952 bis 961, war er, bei guter Beziehung, versteht sich, zu seinem Herrn, Berengars Erzkanzler. Dann führte er dasselbe Amt, zu Otto übergelaufen, unter diesem fort, wofür er von ihm den Besitz der Berengar-Söhne Wido und Konrad in mehreren Grafschaften bekam, möglicherweise ohne großen Nutzen daraus ziehen zu können. Roland Pauler, der die Verräterei des notorisch treulosen Kirchenfürsten Schritt für Schritt verfolgt, kann dann, als Hlawitschka-Schüler, doch nicht umhin, Ottos höchsten Berater (summus consiliarius) auch zu loben: »Zunächst strebte er danach, seine eigene Macht zu erweitern, und es war ihm auch das Mittel des Verrats nicht zu schlecht, um seine Ziele zu erreichen; dann aber erfüllte er unter den jeweiligen Herrschern seine Pflichten als Reichsbischof, war Erzkanzler, missus und Helfer im Schlachtfeld wie ein weltlicher Vasall auch.« 79
Ehre, wem Ehre gebührt.
Anders gesagt: Verbrechen müssen im richtigen personellen Rahmen verbrochen werden. Das heißt: stets in der potentesten Komplizenschaft.
Der Machterweiterung und Ausraubung (etwas akademischer: dem deutschen Feudalstaat) galt natürlich auch Ottos Süditalienpolitik.
11. Kapitel
Kaiser Otto II.
(973–983)
»Pallida mors Sarracenorum« – bleicher Tod der Sarazenen.
Otto I. Bischof von Freising 1
»Glücklich war seine Jugend, jedoch am Ende des Lebens Suchte ihn Unglück heim, da schwer wir alle gesündigt.«
Thietmar von Merseburg 2
Kleriker in Herrschernähe
Otto II. wurde im Jahr der großen Ungarnvernichtung am Lech sowie, noch im selben Herbst, des großen Slawengemetzels als viertes Kind Ottos I. (und seiner zweiten Frau Adelheid) geboren, wurde sechsjährig 961 in Aachen zum König, zwölfjährig 967 in Rom zum Mitkaiser gekrönt. Der Kapellan Folkold, seit 969 Bischof von Meißen, und der St. Galler Mönch Ekkehard II. erzogen ihn. Und sicher haben, neben der frommen Mutter, auch sein Onkel, Erzbischof Brun von Köln, und sein Bruder, der außereheliche älteste Kaisersohn Erzbischof Wilhelm von Mainz (für Bestechung alles!), auf den Prinzen gewirkt. Zumal dem Bischof Wilhelm wurde während Ottos I. Abwesenheit 961 und 966 der Thronfolger ausdrücklich »zum Schutz und zur Erziehung« anvertraut (Adalberti continuatio Reginonis).
Kein Wunder, daß die Zeitgenossen Ottos Frömmigkeit loben, daß ihn Thietmar geradezu »maßlos in frommen Werken« nennt. So schenkte er dem Bischof Giselher von Merseburg, einem seiner Günstlinge, »erstens die Abtei Pöhlde, dann die Burg Zwenkau mit allem Zubehör zum Dienste für St. Johannes den Täufer; ferner überließ er ihm das gesamte, von der Mauer umschlossene Ortsgebiet Merseburgs samt Juden, Kaufleuten und Münze, ferner einen Forst zwischen Saale und Mulde bzw. zwischen den Gauen Siusuli und Pleißnerland; ferner Kohren, Nerchau, Pausitz, Taucha, Portitz und Gundorf; das alles bestätigt er durch eigenhändig vollzogene Urkunden«.
Der Bischof Giselher, »ein stets auf Emporkommen erpichter Krämer« (mercenarius, ad maiora semper tendens), konnte dies natürlich brauchen. Und um Erzbischof zu werden, berichtet Thietmar wieder, »bestach er mit Geld alle Fürsten, besonders die römischen Richter, denen stets alles käuflich ist ...«
Erheblichen Einfluß auf den rex iunior gewann sein jahrelanger Ratgeber, der intrigante Bischof Dietrich I. von Metz; als Schwestersohn der Königin Mathilde und Vetter Ottos I. wie Erzbischof Bruns, die ihn beide zum Oberhirten machten, gleichfalls ein Mitglied des kaiserlichen Hauses und (ebenfalls) im Rufe kolossaler Geldgier stehend. Bischof Thietmar meldet, der Metzer Kirchenfürst sei von Erzbischof Giselher für »1000 Pfund Gold und Silber ... für die Verdunkelung der Wahrheit«
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