Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert
Ländern zu schweren Auseinandersetzungen, wobei Mieszko Schlesien größtenteils und Kleinpolen ganz erobert hat. 7
Militärische Konflikte gab es auch im Westen.
Krieg um Lotharingien
Einst hatte dort Otto I. seinen Bruder Brun, den Kölner Erzbischof, zum Herzog gemacht und dieser die dortigen Bischofsstühle mit seinen Schülern besetzt und auch derart das unsichere Grenzland an das deutsche Reich gebunden.
Die bischöflichen Kirchen, auch in Lotharingien seit langem reich, wurden jetzt noch reicher und unabhängiger durch die sächsischen Kaiser, die sich gegen die Ansprüche der weltlichen Großen auf die Prälaten stützten. Dies führte dazu, »daß sie den Bischöfen und Äbten manches bis dahin den Grafen vorbehaltene Recht anvertrauten oder ihnen seine Wahrnehmung ohne besondere Bewilligung überließen. So gibt es fast keine genauen Angaben über die Übertragung des Rechts zur Münzprägung, und doch hatten die Bischöfe in den letzten Jahrzehnten des 10. Jhs. Münzwerkstätten in Händen und ließen ihren Kopf und ihren Namen auf den Geldstücken anbringen. Manche Abgaben vom Handel, auch die Einsetzung eines von ihnen gewählten Grafen, werden ihnen überlassen ... Schließlich überhäuften die Kaiser die Prälaten mit Gütern, sie schenken ihnen Pfalzen, Wälder, Jagdrecht, ja sogar ganze Grafschaften. Im Verlauf eines Jahrhunderts, von 950 bis 1050, verwandeln sich die Bistümer in autonome Fürstentümer, deren alleinige Herren die Prälaten sind. In manchen Fällen kamen so stattliche Territorien zusammen und ließen in Lothringen das entstehen, was die Geschichte mit ›Trois-Evêchés‹ (Drei Bistümer) bezeichnet« (Parisse).
Nach dem Tod Bruns 965 blieb sein Herzogtum unbesetzt, bis es Otto II. 977 dem westfränkischen Karolinger Karl verlieh, dem jüngeren Bruder des französischen Königs Lothar (954–986).
Karl, in der rein männlichen Linie der vorletzte Nachfahre Karls »des Großen«, väterlicherseits also der Karolinger-, mütterlicherseits aber der Ottonendynastie entstammend, war ein jüngerer Sohn König Ludwigs IV. von Frankreich und seiner Gattin Gerberga, der Schwester Ottos I., und durch seinen Bruder Lothar in vieler Hinsicht benachteiligt. Seinerseits hatte er allerdings dessen Gattin Emma, eine ersteheliche Tochter der Kaiserin Adelheid, schwer beleidigt, sie nämlich des Ehebruchs mit Lothars einstigem Kanzler, dem Bischof Adalbero von Laon, bezichtigt (einem Neffen des Erzbischofs Adalbero von Reims). Und seit Karls Ernennung zum Herzog von Niederlotharingien (977–991) fürchtete Lothar wohl die Rivalität des unglücklichen Bruders, dieses traurigen Opfers dauernden Machtgerangels zwischen dem französischen und deutschen Königtum; er mußte sie bedrohlich finden, zumal der durch ihn – gegen die karolingische Tradition – vom Thron ausgeschlossene, überdies mit keinerlei Besitz ausgestattete Karl Anspruch auf die französische Krone erhob.
Als daher Otto 977 das vakante Herzogtum Niederlotharingien Karl gab, provozierte er den mit seinem Bruder zerstrittenen König Lothar, der darauf eine Rückeroberung Lotharingiens unternahm. Schon Lothars Name hatte programmatische Bedeutung, schon sein Vater, König Ludwig IV., nicht zufällig mit der lotharingischen Herzogswitwe Gerberga verheiratet, 939 Lotharingien militärisch zurückzugewinnen versucht, überhaupt das westfränkische Königtum seinen Anspruch auf Lotharingien nie aufgegeben. Blitzartig fiel dort Lothar im Juni 978 mit starken Kräften ein und stieß, unterstützt von Herzog Hugo Capet, bis Aachen vor, wobei ihm ein Handstreich auf seinen Schwager Otto II., der gerade in der Pfalz weilte, knapp mißlang.
Mönchschronist Richer von Reims schildert als unmittelbarer Zeitzeuge den Überfall in seinem für Frankreichs Geschichte im ausgehenden 10. Jahrhundert wichtigen Werk (lediglich in dem Autograph des Autors tradiert und erst im 19. Jahrhundert in Bamberg wieder entdeckt): »Die königlichen Tische wurden umgeworfen, die Speisevorräte von den Troßknechten geplündert, die königlichen Insignien aus den inneren Räumen geraubt und fortgetragen. Den eisernen Adler, der auf dem Giebel der Pfalz von Karl dem Großen in fliegender Stellung aufgerichtet worden war, drehten sie nach Osten, denn die Germanen hatten ihn nach Westen gedreht, um so auf feine Art anzuzeigen, daß die Gallier durch seinen Flug einmal besiegt werden könnten.«
Nur durch Flucht entging Otto II. der Gefangenschaft. Im Herbst
Weitere Kostenlose Bücher