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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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zur Wahrung seiner Herrschaft besonders in Rom auf, wo er 962 vom Heiligen Vater – und von welchem! – zum Kaiser gekrönt, wo das »imperium christianum« von neuem begründet und die künftige Geschichte Deutschlands mit der Zukunft des Papsttums verbunden worden ist, wie dieses selbst mit dem deutschen Reichskirchensystem.
    Im Süden der Halbinsel erhoben Otto und seine Nachfolger, in bewußtem Rückgriff auf die sogenannte Karlstradition, Anspruch auch auf das Herzogtum Benevent, also auf das kontinentale Süditalien, ausgenommen das – seit der Zeit Kaiser Justinians (I 7. Kap.) – byzantinische Südapulien, Südkalabrien und die kleinen tyrrhenischen Seerepubliken.
    Die so oft und noch heute idealisierten, romantisch verklärten, besonders seit Otto I. einsetzenden Italienzüge der deutschen Kaiser – eine Politik, die im 13. Jahrhundert gescheitert ist – waren in der Forschung lang und heiß umstritten. Hauptkontrahenten: der Ranke-Schüler und Bismarck-Gegner Heinrich von Sybel (gest. 1895), der die deutsche Kaiserpolitik des Mittelalters verwarf, und Julius Ficker (gest. 1902), der sie verfocht. Mit Objektivität, ohnedies in der Geschichtsschreibung unmöglich (vgl. I Einleitung!), hatte auch dieser Streit nichts zu tun. Sybel lehnte von seinem kleindeutschen Standpunkt aus ab, Ficker verteidigte von seiner katholisch-großdeutschen Position her. So bestimmten fast ausschließlich tagespolitische Vorstellungen die historische Debatte, da eben die kleindeutsche, dort die großdeutsche Sicht. Weil all dies aber zur Zeit keine Rolle spielt, ist zur Zeit auch für die historische Forschung »der ganze Streit recht unfruchtbar« (Hlawitschka). Johannes Fried allerdings erinnert an »die erschütternde Einsicht« Ottos von Freising kaum zweihundert Jahre später, »der Heerzug nach Italien sei ein Opfergang gewesen, den der König angetreten habe, um die wankende Kirche zu stützen; kaum war sie wieder erstarkt, habe sie sich gegen ihren Helfer von einst, den deutschen König und Kaiser, gewandt«, womit der Investiturstreit heraufzog.
    Eines steht fest: Wie Ottos I. Ostpolitik, so diente, ungeachtet vieler Differenzen im Detail, selbstverständlich auch seine Italienpolitik der eigenen Machtbereicherung und der systematischen Ausplünderung des Landes.
    Eng involviert war auch im ottonischen Süden – was man unlängst wenig überzeugend zu bagatellisieren, ja umzuinterpretieren versuchte – wieder der Klerus, »indem die Kirchen besonders gefördert und zu Stützen der Reichsgewalt ausgebaut wurden« (Handbuch der Europäischen Geschichte). Ottos »Hauptstütze in Italien waren hierbei die Bischöfe, die ihre Position mit deutscher Hilfe verstärkten. Ihnen wurden große Zuwendungen gemacht ...« (Stern/Bartmuß). 77
    Gewiß wünschten Otto und seine Nachfolger keinen übermächtigen Episkopat. Aber starke Kirchenfürsten konnten ihnen nur willkommen sein, wie in Deutschland so selbstverständlich, trotz der Unterschiede, auch jenseits der Alpen. Im Grunde setzten sie die sehr klerusfreundliche Politik der Karolinger fort, bauten sie noch aus, mögen sie auch entschiedener verfahren sein. Ganz zu schweigen davon, daß auch ihre Gegner in Italien den hohen Klerus oft begünstigt haben.
    Otto I. jedenfalls stattete bestimmte Bistümer mit Königsland aus, mit öffentlichen Rechten, Einkünften. So vermehrte er etwa, um dies zu exemplifizieren, bemerkenswert die Macht des Bischofs Aupald von Novara, dessen Vorgänger Petrus II. offen gegen Berengar aufgetreten war. So wurde Bischof Bruning von Asti, der Erzkanzler Lothars und Berengars, auch Erzkanzler Ottos. Dazu bekam er die weltliche Gewalt über seine Bischofsstadt sowie über deren Umfeld. Und sein Nachfolger Rozo erhielt außer weiteren rechtlichen und wirtschaftlichen Privilegien, wie das Recht, Zoll zu erheben, Märkte, Häfen anzulegen, ja Befestigungen zu bauen, offenbar auch größere Besitzzuteilungen.
    Bischof Hubert von Parma (960–980), noch im Sommer 961 Kanzler bzw. Erzkanzler Berengars II. und Adalberts, ist im Februar 962 bereits bei Ottos Kaiserkrönung zugegen und erfährt die allerhöchste Gunst schon im folgenden Monat. Nicht nur bestätigt Otto der Parmenser Bischofskirche eine Reihe älterer Vergabungen, Immunität, Königsschutz, Inquisitionsrecht, sondern er verleiht Hubert auch die Rechte eines Pfalzgrafen über Stadt und Umkreis, was ihn da zum »Alleinherrscher« macht. Ja, Otto favorisiert den Prälaten auch in

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