Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert
edelsteinbesetzte Platten aus Gold; jede einzelne wog 216 Pfund; ein von Perlen und Smaragden übersätes goldenes Kreuz wog 1000, ein silbernes Ciborium über dem Altar 1606 Pfund. Da man auch St. Paul und viele Gotteshäuser sogar der Provinzen kostbar herausgeputzt, kann man erwägen, wie unermeßlich reich die Kirche war, für die man bereits damals allerwärts sammelte – ihrer Armut wegen, wie noch heute ... 7
Erstmals garantiert ein Papst für das Krepieren im Krieg das Himmelreich
Begreiflich, daß die »Satanssöhne« schon 849, von Sardinien aus, wieder vor der Tibermündung erschienen, längst ehe St. Leos Festung stand. Schließlich hatten sie gesehen, was in diesen Christentempeln, was allein in St. Peter steckte. »Die Vorstellung reicht nicht hin, den Reichtum der dort aufgehäuften Schätze zu fassen« (Gregorovius).
In aller Eile konnte der Heilige Vater die Armaden von Neapel, Amalfi und Gaeta mobilisieren – die erste Liga südlicher Seestädte im Mittelalter –, wozu noch die Kriegsschiffe Seiner Heiligkeit, des Stellvertreters Christi stießen. Und sogar er selber kam. Nicht um zu fechten: er las die hl. Messe, segnete die Schlachtflotte, reichte den Kriegern am Kampftag die hl. Kommunion und betete dann auf den Knien: »Gott, der du den auf den Fluten wandelnden Petrus aus dem Versinken erhobst, der du Paulus, als er zum drittenmal Schiffbruch litt, aus dem tiefen Meer gezogen, erhöre uns gnädig und verleihe um der Verdienste beider willen den Armen dieser Gläubigen Kraft, welche wider die Feinde deiner Kirche streiten, auf daß der gewonnene Sieg deinem heiligen Namen bei allen Völkern zum Ruhm gereiche.«
Eifrig trieb der Hohepriester seine Streiter an: »Kämpft mannhaft gegen diese Feinde des heiligen Glaubens, gegen diese Gegner aller Religionen!« Für Frohe Botschafter, die Prediger der Feindesliebe, schon seit Jahrhunderten ein unerläßliches Geschäft. Auf die Frage der Bulgaren wegen des Krieges in der Fastenzeit, meinte denn auch Leo, Krieg gehe zwar stets auf diabolische List zurück, und man sollte sich seiner, ohne Notwendigkeit, enthalten. »Doch wenn man ihn nicht vermeiden kann und wenn es sich um die Verteidigung des Vaterlandes und der väterlichen Gesetze handelt, kann man sich ohne Zweifel auch während der Fastenzeit zum Krieg bereiten.«
Vor der Seeschlacht bei Ostia aber hatte Leo IV. seinen Schlächtern für den Todesfall schon den »himmlischen Lohn« verheißen – die früheste Antizipation des Kreuzzugsablasses, ein Versprechen, mit dem sich noch viele Heilige Väter durch die Zeiten logen. Hier geschah's zum erstenmal, daß ein Papst generös den Himmel all jenen garantierte, die starben für »den wahren Glauben, die Rettung des Vaterlandes und für die Verteidigung der Christenheit«.
So wurde die Sache denn ein voller Erfolg. Weniger durch die katholischen Seestädte Neapel, Amalfi, Gaeta samt den päpstlichen Galeeren, als durch ein Unwetter, das die größeren Schiffe der Christen überstanden, die leichteren des Feindes in den Abgrund riß. Die frommen Gläubigen aber machten die an der Küste waffenlos umherirrenden Schiffbrüchigen nieder, hingen sie in Ostia an Galgen, »damit ihre Zahl nicht zu groß erscheine«, oder schleppten sie in Ketten nach Rom, wo sie als Kriegssklaven zum Aufbau der vatikanischen Festung dienten und man das Ganze als ein Wunder des Apostelfürsten feierte. 8
Überhaupt hatte man für die eigenen Abhängigen nun geradezu ein Patentrezept. Und so sicherte denn Papst Leo auch 852 bei einem Feldzug Ludwigs II. gegen die Sarazenen in Süditalien in einem Aufruf »an das fränkische Heer« wieder kurzerhand jedem, der dabei fallen werde, den Eingang ins Himmelreich zu. »Denn der Allmächtige weiß, wenn einer von euch umkommen sollte, daß er für die Wahrheit des Glaubens, die Erlösung seiner Seele und für die Verteidigung des christlichen Landes gefallen ist. Darum wird er den erwähnten Lohn erhalten.«
Auch der Heilige Vater erhielt seinen Lohn: er wurde heilig – und sein Festtag (17. Juli) inzwischen wieder abgeschafft. Na, der Mohr hat seine Schuldigkeit getan. Und Undank ist der Welt Lohn. Dabei hatte Leo gleich zu Beginn seines Pontifikats ein grandioses Wunder gewirkt, nämlich Rom von einem so frech wie gefährlich just neben der Kirche der hl. Lucia unterirdisch hausenden Scheusal, von einem Basilisken befreit (einer gar grauenvollen Mixtur aus Drache und Hahn, einem Fabeltier mit tödlichem Blick, dem
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