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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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ja nicht aus. Im Gegenteil. Und so leitete der Stadt Mainz edler Oberhirte, in den Fuldaer Annalen auch als »geduldig, demütig und gütig« gefeiert, einerseits Hofkapelle und Hofkanzlei des dreimal gegen den Vater revoltierenden Ludwig. Andererseits ließ er 866 selber eine Erhebung in Mainz, bei der etliche seiner Leute umkamen, grausam rächen. »Einige nämlich wurden an den Galgen gehängt, anderen die Spitzen der Hände und Füße abgeschnitten, auch das Augenlicht genommen, einige, die ihre ganze Habe im Stich ließen, um dem Tode zu entrinnen, wurden verbannt« (Annales Fuldenses).
    Der Fürst und sein Bischof waren rohe Naturen, aber gewiß nicht über den Rahmen des christlich Üblichen hinaus. Und selbstverständlich war auch die Kirche unter Ludwig dem Jüngeren (III.), »diesem ehrgeizigen und gewaltsamen Herrscher, ... an den Regierungsgeschäften beteiligt und blieb eine treue Helferin in der Politik des Königs in Krieg und Frieden« (Schur).
    Anno 865 hatte Ludwig der Deutsche sich mit seinem Ältesten, Karlmann, gerade ausgesöhnt. Und schon im nächsten Jahr rebellierte Ludwig der Jüngere, »indem er zugleich den Wenden Restiz aufreizte, bis nach Baiern hin plündernd vorzudringen, damit er selbst, während der Vater oder seine Getreuen in jenen Gegenden beschäftigt seien, ungehindert sein Beginnen durchführen könnte« (Annales Bertiniani). Dabei bezog Prinz Ludwig auch die von seinem Vater abgesetzten, teilweise zu Karl dem Kahlen übergegangenen Grafen in seine Pläne ein und bedrängte vor allem Rastislav, »ohne Weigerung diese Verschwörung zu fördern« (Annales Fuldenses). 59
    Und die zweite wie dritte Rebellion Ludwigs III. erfolgte im Verein mit Ludwigs des Deutschen drittem Sohn, Prinz Karl (III.).

Prinz Karl (Kaiser Karl III. der Dicke) im Kampf mit bösen Geistern

    871 besetzten die beiden Brüder zusammen mit einer »nicht geringen Menge« den Speyerer Gau, bereinigten im nächsten Jahr den Bruch mit dem Vater und wollten im folgenden, 873, sich seiner anläßlich einer Reichsversammlung in Frankfurt bemächtigen. Dabei hatten sie gerade erst auf dem Reichstag zu Forchheim, inmitten der Fastenzeit »eidlich im Angesicht des ganzen Heeres« geschworen, dem König »Treue zu halten alle Zeit ihres Lebens«. Und nun zogen sie nach Frankfurt »voll unbilliger Gedanken, der gleichnamige (Ludwig) und Karl, um eine Gewaltherrschaft aufzurichten, ihre Eidschwüre hintanzusetzen, den Vater des Reiches zu berauben und ins Gefängnis zu schicken« (Annales Xantenses).
    Prinz Karl, der Jüngste, war aber anscheinend der nervlichen Belastung nicht gewachsen. Er erlitt einen epileptischen Anfall – oder in der Sprache der Zeit: es geschah öffentlich »ein großes Wunder: der böse Geist fuhr vor aller Augen in Karl und quälte ihn schrecklich, unter mißtönenden Lauten« (eumque horribiliter discrepantibus vocibus agitavit). (In Parenthese: mit bösen Geistern und ihrer Abwehr war man im Christentum – Gott sei Dank! – von Anfang an und durch die ganze Antike bestens vertraut: III 389 ff.! Und noch unlängst hatte man von Mainz aus einen solchen »bösen Geist« in einem Ort bei Bingen, dem Hof Caputmontium, »Berghaupten«, mit Priestern, Reliquien, Kreuzen, mit Bittgebeten und Weihwasser wahrhaftig drei Jahre lang bekämpft und erst schachmatt gesetzt, als dieser dort »fast alle Gebäude mit Feuer vernichtet hatte«: Annales Fuldenses.)
    Was nun Prinz Karl betrifft, der ja immerhin als Kaiser Karl III. der Dicke für kurze Zeit noch einmal das ganze Reich Karls »des Großen« beherrschen sollte, so konnten ihn auf dem Frankfurter Reichstag sechs der stärksten Männer kaum zähmen, und er drohte, »die ihn Haltenden mit offenem (!) Munde (aperto ore) zu beißen«.
    Worauf alsbald ein zweites Wunder geschah (denn ein Wunder kommt selten allein): noch am selben Tag trieben begnadete Gottesmänner den »malignus spiritus« wieder aus – mit besonderem Erfolg der fromme Erzbischof Rimbert von Hamburg-Bremen (nicht zufällig der Lieblingsschüler seines Vorgängers, des hl. Ansgar, des päpstlichen Legaten unter Dänen, Schweden, Slawen). Darauf aber brachten König, Bischöfe und sonstig Edles den Besessenen noch zu den Grüften mirakulöser Heiliger, ihn für immer allen Teufelsklauen zu entreißen; um so nötiger, als »derselbe Karl mit lauter Stimme vor vielen Hörern« bekannte – ein drittes Wunder –, »er sei ebenso oft der feindlichen Gewalt ausgeliefert worden, wie oft er

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