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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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Papst-Bruder Benedikt wurde Bischof von Albano: ein skrupelloser, macht- und geldgieriger Mensch, der Sergius, zwar krank, doch ausgesprochen willensstark, energisch, vermutlich die Zügel aus der Hand genommen, der durch Bestechung die Stellung eines Kaisergesandten in Rom ergaunert, Bischofsstühle gegen Höchstpreise zugeschlagen hat, ebenso andre Kirchenämter; wohl alles auch – »so gut wir können ...«
    Wahrscheinlich sollen solche Nachrichten aus römischen Kleruskreisen den Papst selbst entlasten. Jedenfalls: als im August 846 etwa fünfundsiebzig Sarazenenschiffe an der Tibermündung aufkreuzten, als angeblich 11000 Mann mit 500 Pferden über Rom rechts des Tibers herfielen, die außerhalb der Aurelianischen Mauer gelegene Peterskirche wie die Paulsbasilika restlos ausraubten und alles, was nicht geflohen war, in Gefangenschaft schleppten, »auch die Klosterinsassen, Männer und Weiber« (Annales Xantenses), da sahen dies die Zeitgenossen als Vergeltung der Vorsehung für die in Rom grassierende Korruption an. Freilich nahm man die Gottesstrafe keinesfalls untätig hin. Vielmehr widersetzte man sich ihr, warf man den Eindringlingen fränkische Truppen entgegen, Milizen aus Spoleto, der Campagna, Flotten aus Neapel, aus Amalfi. Und als ein Teil der Räuber auf stürmischer Heimfahrt samt Beutegut unterging, erkannte man auch darin unschwer die strafende Hand des Herrn. 6

Der Vatikan wird zum Kastell – ein hl. Papst als Festungsbaumeister

    Nach dem Überfall erregte die Gläubigen die Niederlage, das Unglück durch Sarazenen, durch Heiden. Warum wurde der »heilige Petrus« nicht besser verteidigt? Ein Kapitular weist die Schuld den Sünden der Christenheit zu und nennt als Heilmittel: das Einschreiten gegen eigene Übelstände, gegen fleischliche Vergehen und Entwendung des Kirchengutes! Außerdem ließ Lothar I. im ganzen Reich Spenden nebst einer Sondersteuer eintreiben für die Wiederherstellung der Peterskirche und ihren Schutz, wozu auch der Kaiser und seine Brüder »nicht wenige Pfunde Silber« beisteuerten.
    Inzwischen war Sergius II. gestorben. Noch an seinem Todestag wurde sein Nachfolger gewählt, ein schon früh im Benediktinerkloster St. Martin erzogener Römer und »musterhafter Ordensmann« (Lexikon für Theologie und Kirche). Es war Leo IV. (847–855), den man nach einem »interpontificium« von sechs Wochen zum Papst weihte, und zwar wieder ohne die seit 824 nötige kaiserliche Zustimmung. Angeblich erlaubte die durch die arabischen Piraten ausgelöste Krise keinen Aufschub; doch holte man den Treueid nach.
    Ruhm, sozusagen bis heute fortdauernden, errang dieser Heilige Vater als Festungsbaumeister. Er verwandelte nämlich, in der Tat noch für Jahrhunderte bedeutsam, Roms Vorstadt auf dem rechten Tiberufer, das ganze vatikanische Viertel, in ein Kastell; ein Plan schon Leos III., doch erst der vierte Leo führte ihn aus. In jahrelanger, wie es heißt stets von ihm selbst zu Fuß oder Pferd überwachter Arbeit verstärkte er die alten Stadtmauern, schuf neue Fortifikationen, und wurde so zum Schöpfer der civitas Leonina, der er bescheiden seinen Namen gab: Leostadt; zwischen den Jahren 848 und 852 mit einer fast vierzig Fuß hohen und entsprechend dicken Mauer sowie mit 44 Türmen bewehrt. Noch andere Orte ließ der Papst befestigen; stark das Centumcellae der Römer, das heutige Civitavecchia, und ebenfalls nach sich Leopolis nennen. (Wie er denn auch, solcher Selbstbescheidung gemäß, in seinen Bullen zuerst seinen Namen regelmäßig denen der Empfänger vorangestellt und den Fürsten auch nicht mehr den üblichen Titel dominus gegeben hat.)
    Leos Aufrüstung verschlang Material und zahlreiche Arbeitssklaven, die Städte und Klöster des Kirchenstaates, Domänen und Milizen abkommandieren mußten. Nicht zuletzt aber kostete das papale Bollwerk gewaltige Summen, Gelder, die zumal, was der Papstbiograph völlig unterschlägt, aus dem fränkischen Reich auf Befehl des sehr kulanten Lothar erpreßt worden sind – mit dem Effekt, daß all dies dem Ansehen des Papstes zugute kam und seiner Position gegenüber dem Kaiser! Bei der Einweihung der Leostadt am 27. Juni 852 wurde während einer Prozession (von sieben Kardinalbischöfen) viel Weihwasser auf den Festungsgürtel des Heiligen gesprengt – und in den folgenden Jahrhunderten noch viel mehr Blut. Das hängt ohnehin eng zusammen.
    Das geplünderte St. Peter selber aber stattete man verschwenderisch neu aus. Auf den Hauptaltar kamen

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