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Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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sprach miteinander, sang, tanzte – und schlug einander dann wieder die Fresse ein um der heiligen Sache willen, die Christen mit ihren Kreuzen voran, die Moslems brüllten: »Allah ist groß! Allah ist groß!«, die Trommeln und Trompeten dröhnten. »Für den Islam!« schrie der umherspringende Saladin mit Tränen in den Augen, vergebens versuchend, den eisernen Ring der Belagerer von außen zu durchbrechen. 21

Akkon, das Massaker des Richard Löwenherz und die liturgische Errungenschaft des Heiligen Vaters

    Nachdem während der langen Belagerung etwa 30000, nach anderen Quellen mehr als 60000 Christen durch ungezählte Schlachten, durch Hunger, Krankheit, Pest umgekommen sein sollen, die Zernierten in äußerste Not geraten waren, die Breschen in den Mauern sich vervielfachten, verbreiterten, kaum mehr geschlossen werden konnten, ergab sich die Besatzung am 22. Juli 1191 gegen Zusicherung des Lebens und freien Abzugs aller Bewohner mit ihrem Besitz, die Summe von zweihunderttausend Goldstücken, die Freigabe von zweitausendfünfhundert christlichen Gefangenen sowie Rückgabe des angeblich echten Kreuzes, »des Kreuzes der Kreuzigung«.
    Die Zahlungen an die Christen sollten innerhalb von zwei Monaten erfolgen. Aber bereits nach einer Woche erregte sich Richard Löwenherz über unterbliebene Leistungen. Und obwohl er schon Geld des keinesfalls reichen, weil viel zu freigebigen Sultans sowie die gefangenen Christen erhalten hatte, ließ er am 20. August nachmittags einige tausend Gefangene nebst Frauen und Kindern abstechen – »es waren mehr als dreitausend Menschen in Fesseln. Sie warfen sich wie ein Mann auf sie und mordeten sie kaltblütig mit Schwert und Lanze.« (Lateinische Quellen nennen sogar 4000, ja 8000 Massakrierte.) Die Ritter Christi rissen ihnen die Gedärme heraus, um verschlucktes Gold zu finden, und verbrannten die Leichen, um noch die Asche zu sondieren. Doch kaum hatten die Moslems von dem entsetzlichen Blutbad gehört, stürzten sich ihre Truppen auf die Christen, schlugen sich mit ihnen immer härter bis in die Nacht, »und seitdem verschonten sie niemanden mehr (von gefangenen Franken), außer bekannten Persönlichkeiten und kräftigen, zur Arbeit tauglichen Männern«. 22
    Der französische König mochte sich schwer einen noch glanzvolleren Abschluß des frommen Unterfangens denken können und reiste, in kaum verhüllter Feindschaft mit Richard, Anfang August 1191 zur See nach Hause, dort die Abwesenheit des Rivalen gleich zu einem Einfall in die Normandie nutzend. Zurück reisten auch Herzog Leopold von Österreich sowie viele weitere, von dem dreisten Löwenherz auf die eine oder andere Art beleidigte Fürsten. Hatten doch überhaupt auf diesem Kreuzzug die katholischen Haudegen manchmal schon gegeneinander blankgezogen, Deutsche gegen Franzosen, Franzosen gegen Italiener, Briten, diese gegen Österreicher, und alle rauften gelegentlich und ganz offen mit den schon ansässigen, schon stark östlich geprägten fränkischen Rittern.

    Richard führte nun Kreuzkrieg ganz auf eigene Faust, verjagte die Türken aus Jaffa, schlug Saladin in offener Feldschlacht bei Arsuf, vermochte aber Jerusalem nicht zu gewinnen, nicht einmal anzugreifen. Die Mohammedaner beantworteten das Massaker von Akkon mit immer grausameren Vergeltungsmaßnahmen. Doch als Richard von Philipps Vorstoß in die Normandie erfuhr, vereinbarte er mit Saladin einen Modus vivendi, schloß er am 2. September 1192 einen dreijährigen Waffenstillstandsvertrag, der im wesentlichen den Status quo, jenen knappen, von Richard eroberten Küstenstreifen von Jaffa bis Tyros, garantierte sowie freien Pilgerzugang nach Jerusalem. Dann trat er etwas kleinlaut am 9. Oktober 1192 die für ihn noch abenteuerliche, verhängnisvolle Heimreise an. Saladin, fiebernd, erschöpft, fünfundfünfzigjährig, starb wenige Monate später, am 4. März 1193 in Damaskus im Besitz fast von ganz Palästina, als größter, edelster Held des Islam, einer der wenigen, alles in allem, humanen Herrscher der Weltgeschichte.
    Zwei Jahre früher, im März 1191, war schon Papst Clemens III. für immer von der Weltbühne abgetreten. Und auf ihn vor allem geht ja der Dritte, der größte aller Kreuzzüge, zurück; gewiß auch, wer es bemerkenswert findet, bitte: der Gebrauch des Meßglöckchens (tintinnabulum, campanula) – es sei nicht unterschlagen, zumal dem Glockenläuten generell apotropäische Bedeutung zukommt, dämonenverscheuchende Macht, die Abwehr von

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