Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
für jene Staaten zur Folge hatte.« (In England wurde die Todesstrafe für »Ketzerei« erstmals 1400 festgesetzt.) 13
Es gab wohl kein Geschäft der Welt, bei dem so schnell und so perfid so ungeheure Reichtümer, Summen und Besitzungen »umverteilt«, gehortet werden konnten. Kein Wunder, wenn die Profiteure der Inquisition, das Papsttum, die weltlichen und geistlichen Fürsten, nicht zuletzt die Inquisitoren selbst, alles taten, um das Fortdauern ihres Instituts zu sichern; wenn die klerikalen Henker beim Verfolgen ihrer Prätentionen mit einer Gründlichkeit ohnegleichen vorgingen, wie sie noch das letzte Stückchen Besitz, noch den letzten Pfennig aufstöberten, und dies mit unerschöpflicher Geduld.
Nach dem Tod einer Frau Raimonde Barbaira hatten deren Verwandte ihre armselige Hinterlassenschaft, etwas Bettzeug, Kleidung, eine Kommode, ein paar Tiere sowie vier Sous unter sich geteilt. Da die Verstorbene aber die ihr von der Inquisition auferlegte Buße, Pilgern und Kreuztragen, noch nicht geleistet hatte, verlangte der Inquisitor am 7. März 1256 von den Erben vierzig Sous und eine Bürgschaft dafür, daß sie das Geld um Ostern zahlen werden. Hinter der Habe eines gewissen Wilhelm von Fenasse, eines begüterten Häftlings, und seinen achthundertneunundfünfzig Forderungen schnüffelte die Inquisition ein rundes Jahrzehnt her.
Bei diesen Konfiskationen aber verfuhr man desto sorgfältiger, als viele Inquisitoren eben nicht nur ihre Kirche, die päpstliche Kammer, die Bischöfe, Orden, den Fiskus oft enorm bereicherten, sondern, die Versuchung war groß, die Gelegenheit zu günstig, auch sich selbst und ihre Bediensteten. Es war »fast unmöglich, daß ein Beamter ehrlich blieb, wo die Verfolgung beinahe ebensosehr zu einer finanziellen Spekulation wie zu einer Glaubenssache geworden war« (Lea). Alvarus Pelagius (Álvaro Pelayo), Franziskaner und später Bischof von Silvez in Algarve (Südportugal), zeitweise auch Pönitentiar an der Kurie in Avignon, behauptet geradezu, daß die Inquisitoren die vom Papst vorgeschriebene Dreiteilung der eingehenden Geldstrafen und Konfiskationen allgemein mißachteten, daß sie alles selbst einsteckten, für sich verschleuderten oder ihre Verwandten begünstigten, was zeitgenössische Urkunden bestätigen. Die immer wieder lockende Beute war denn auch der Hauptgrund für das über Jahrhunderte aufrechterhaltene Unwesen dieser Einrichtung, für ihre terrible Permanenz. 14
Und für ihre Verhaßtheit.
Viele Städte sträuben, empören sich. Seit Mailand, der Zufluchtsort der Katharer, dann doch 1233 unter Zwang viele von ihnen verbrennen ließ, gibt es Widerstand in Florenz, Treviso, Bologna, Genua, besonders in Venedig. In Südfrankreich wehren sich Narbonne, Toulouse, Albi. Im Norden, wo Robert le Bougre (!) und Konrad von Marburg wüten, begehren sogar Fürsten auf. In Straßburg ersticht 1232 Junker Heinz von Müllenheim den Dominikanerinquisitor Droso, einen Begleiter Konrads, bevor dieser selbst ein Jahr darauf im Hof Capelle bei Marburg fällt. 1242 ermordet man in Avignonet zehn Beamte der Inquisition in einer Nacht.
Gegen Mitte des 13. Jahrhunderts wird der Inquisitor Pontius von Blanes oder von Espira vergiftet, der Inquisitor Peter von Cadreyta etwas später von der erbitterten Bevölkerung Urgels zu Tod gesteinigt.
In Italien eilt dem nachmaligen Schutzheiligen der spanischen Inquisition Peter von Verona (Petrus Martyr), der einen Aufstand erregt, schon nach neunmonatigem Wirken in der Lombardei und der Toskana ein solcher Ruf voraus – in der »Legenda Aurea« figuriert der Dominikaner aus katharischer Familie als einer der herausragenden Vertreter der zeitgenössischen »vita apostolica et evangelica« –, daß ihm 1252 Carino da Balsamo auf offener Straße mit einem Schlag den Schädel spaltet. (Danach werden beide heilig, auch der bereuende Mörder, und es gibt Wunder über Wunder.)
Zu Beginn des 14. Jahrhunderts kommt es zur Empörung gegen Inquisitoren im Languedoc. In Triest zerrt man 1324 den Inquisitor Fabianus von der Kanzel und verprügelt ihn. Der Inquisitor der Diözese Breslau, der Dominikaner Johann von Schwenkenfeld, der nach Prag flieht, wird dort am 28. September 1341 ermordet, der Inquisitor von Piemont Peter von Ruffia unter Gregor XI. (1370 bis 1378) im Dominikanerkloster in Susa, der Inquisitor Anton Pavo ebenfalls im Piemont erschlagen.
Nicht selten bekämpfen sich die franziskanischen und dominikanischen Inquisitoren sogar
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