Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
bei den sizilischen, den apulischen Kämpfen, dem Ringen der Päpste um die Romagna, wider Peter von Aragón oder nun eben gegen die Colonna.
Rief doch jetzt Bonifaz am 14. Dezember 1297 die »gesamte Christenheit« auf, das Kreuz gegen seine Widersacher zu nehmen, die er den Muselmanen gleichstellen ließ, wie die Schlacht um die Colonna-Güter der Eroberung des Heiligen Grabes. Ein Kreuzzug, ein heiliger Krieg der ganzen Christenwelt (wenn auch faktisch wohl nur in der Lombardei, der Toskana, der Romagna gepredigt) gegen zwei Kardinäle und die Familie Colonna.
Es war nicht nur, wie immer, hochkriminell, es war diesmal auch zu lächerlich. Gleichwohl fanden sich, gelockt von Indulgenzen, die das Oberhaupt verhieß, und von der Aussicht auf Beute, genug Kriegswillige, Crucesignati, die sich das Kreuz an die Schulter hefteten, um die bösen Feinde des Heiligen Vaters niederzuringen, zu zermalmen, wie er wünschte. Und wann war schon im Kampf gegen Kardinäle das ewige Leben zu verdienen! Wer nicht selbst ausziehen konnte oder wollte, durfte einen Vertreter seine Sündenlasten tilgen lassen. Ein Fußkämpfer – es gab feste Tarife – mußte mindestens zwei Monate im Feld stehen, um seinem Auftraggeber die Jenseitsstrafen zu ersparen. Selbst sterbende Frauen verfügten, aus ihrem Nachlaß einen Söldner zu armieren, der dann für ihr Seelenheil gegen die »schismatischen Colonnesen« focht, das »verfluchte Geschlecht«, samt Hab und Gut für vogelfrei erklärt.
So wurde vom Winter bis zum Spätsommer 1298 in einem grausamen Krieg, Bürgerkrieg (doch jeder Krieg ist Bürgerkrieg!), ein Kastell der Colonna, ein Schloß nach dem andern genommen, gebrochen oder verbrannt, schonungslos in Schutt und Asche gelegt, darunter Colonna und Zagarolo, ebenso ihre Paläste in Rom. Sprach Papst Bonifaz doch am 14. September 1297 ausdrücklich jeden von jeder Sünde frei, der in Rom Colonna-Eigentum geplündert hatte. Und jede kapitulierende Stadt wurde einem seiner Parteigänger zur Belohnung gegeben. 16
Schließlich fiel auch der Stammsitz der Bösen, das fast uneinnehmbare Palestrina. Seit Paschalis II., dieser immerfort streitende Papst (VI 388 ff.), den Ort im südlichen Latium mit Waffengewalt erobert hatte, rissen die Auseinandersetzungen mit den Colonna nicht ab. Und nun bekam man Palestrina durch perfiden Verrat. Kein anderer als der erst das Papsttum bekämpfende, in seinen letzten Lebensjahren aber zu Bonifaz übergegangene, bei den Bettelmönchen eingetretene Graf Guido von Montefeltro, dieser »trügerische Ratgeber«, der, so Dante, »zum Klosterbruder gewordene Wolf«, riet dem Papst – als wäre der darauf nicht selbst gekommen! – zu siegen »Durch viel Versprechen und durch wenig Halten« (Lunga promessa con l'attender corto). So schwur Bonifaz einen Meineid, behauptet jedenfalls der schon zum Zeitpunkt seines Todes, er starb 1348 an der Pest, hochberühmte Florentiner Geschichtsschreiber, Diplomat und Kaufmann Giovanni Villani, dessen Werk »Cronaca« (Nuova Cronica), nicht zuletzt seines literarischen Wertes wegen, »als erstes großes Denkmal der italienischen Geschichtsschreibung in der Volkssprache gilt« (Luzzati).
Offenbar betrogen durch den Papst, unterwarfen sich im September 1298 die beiden Kardinäle und ihr engster Anhang Bonifaz mit einem Strick um den Hals, küßten, um Verzeihung flehend, ihm die Füße, fanden Gnade, Freiheit, aber nicht ihr Amt – und Palestrina, uralt, olivenumgrünt aus Praenestes Fortunaheiligtum klimmend, gehegt vom Kunstsinn der Colonna, Palestrina fand sein Ende: mit allen unschätzbaren Schätzen, Palästen, Tempelruinen, Monumenten, von denen manche dreizehn Jahrhunderten getrotzt, Palestrina, doch einer der »sieben Pfeiler der römischen Kirche« auch und seit frühester Zeit Bischofssitz. Bonifaz' Vorgänger Nikolaus III. hatte die Colonna gefördert, Nikolaus IV., selbst noch vor wenigen Jahren hier Bischof, sie mit Gunst überhäuft. Und wer denkt nicht an Tuskulums Untergang ein Jahrhundert zuvor durch einen anderen Papst! (S. 17 f.)
Mit Ausnahme des Domes, der Kathedrale St. Agapitus, doch samt den übrigen Kirchen, wurde alles, trotz eines Waffenstillstandsabkommens, restlos alles geschleift, dem Erdboden gleichgemacht, eingepflügt und Salz darauf – wie über das alte Karthago, sagte Bonifaz barbarisch unerschüttert, nahm den Bewohnern ihr Privatvermögen und ließ sie, in tieferer Lage, Hütten bauen, nicht ohne Zynismus Civitas Papalis von ihm
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