Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
ihm widerstrebte. 12
So ist es wohl düstere Rachsucht, insistierende Gewalttätigkeit, was er am stärksten ausstrahlt, wie bereits der Amtsantritt, die erste Regierungshandlung zeigt, die Einkerkerung seines unglücklichen Vorgängers; vor allem aber und weit mehr noch ein barbarischer Krieg gegen das Haus Colonna, dem er Volksverhetzung vorwarf, das er beschuldigte, ihm Geld zu stehlen, Landgüter, wessen freilich die Colonna auch ihn bezichtigten, und wahrscheinlich hatten beide recht.
Unstreitig auch hängt das Ungestüm dieses herrschsüchtigen, pathologisch in die Macht verliebten Wüterichs gerade mit einem sehr fürsorglichen Wesenszug zusammen, seinem Nepotismus. Dessen Umfang und Intensität waren vielleicht noch nie erreicht worden und wurden allenfalls in der Renaissance übertroffen, als das Papstamt, wie zeitweise schon im 10. Jahrhundert, »nahezu erblich« wurde. »Es waren die Kardinäle, die diesen Prozeß aufhielten, wenn auch nur deswegen, weil jeder das Recht und die Hoffnung hatte, Papst zu werden« (Chamberlin).
Unter den vierzehn, von Bonifaz ernannten neuen Purpurträgern befanden sich nicht weniger als fünf nahe Verwandte von ihm, ein weiterer soll verzichtet haben.
In gewisser Hinsicht am nächsten scheint ihm ein entfernter Verwandter gekommen zu sein, der Bankier Jacopo Caetani aus Pisa. Mit dem Titel eines päpstlichen Ritters geschmückt, ebenso mit dem eines päpstlichen und königlich-neapolitanischen Familiaren, soll er Bonifaz als Kuppler gedient, ihn auch sowohl in eigener Person wie mit Sohn und Tochter gut befriedigt haben, und ganz gewiß nicht nur um Gotteslohn.
Papstneffe Francesco Caetani dagegen schätzte mehr das Geistliche. Er gab seine Frau Maria des Kardinalhuts wegen preis. Er schickte sie ins Kloster und soll mit ihr, nachdem er sie zum Keuschheitsschwur gezwungen, noch zwei Söhne gemacht haben (et postea dicitur duos pueros ex ea generasse). Papstneffe Roffredo Caetani wurde von Bonifaz mit der begehrlichen, zweimal verwitweten Tochter des Grafen Aldobrandino Rosso, Margherita, verheiratet. Doch kurz darauf annullierte der Papst die Ehe unter dem Vorwand, Margherita sei Bigamistin. Er zog ihre Güter ein, die gesamte Grafschaft der Aldobrandini nebst ihren Kirchenlehen, und übertrug sie seinem Neffen Benedikt, Roffredos Bruder. Roffredo seinerseits vermählte sich mit Giovanna dell'Aquila, Erbin der Grafschaft Fondi, worauf auch diese an die Caetani kam. »Denn wer da hat«, so schon bei Markus zu lesen, bei Matthäus und Lukas auch, »dem wird noch gegeben werden, und wer nicht hat, dem wird auch das genommen werden, was er hat.«
Manche Grundbesitzer wurden für den Verlust bezahlt, doch ging's auch dabei oft kriminell genug zu. So überliefert die Chronik Orvietos die Colonna-Klage, der Papst habe manche Barone durch härtesten Kerker (durissimo carcere), durch Hunger und Durst (per denegationem panis et aque) zum Verkauf ihrer Kastelle gezwungen. Die Krönung des Ganzen unterblieb aber: die dem Nepoten Benedikt zugedachte Königskrone der Toskana und die Königskrone Roms für den Nepoten Peter – Bonifaz verblich zu früh, jedenfalls für die Nepoten.
Benedetto Caetani entstammte einer eher unbedeutenden Adelsfamilie der Campagna, für die er zwar schon vor seiner Erhebung zum Papst einen beträchtlichen Landbesitz erwarb, die er aber vor allem danach in wenigen Jahren mit »Mitteln des Kirchenschatzes« (Gregorovius) sehr bedeutend machte, indem er ihr, besonders im Süden Roms, »große Herrschaftsgebiete« übertrug (Tilmann Schmidt), die die Caetani unter die »mächtigsten Grundherren des Kirchenstaates« reihten (Seppelt). Mit Geldern aus der päpstlichen Kasse, Geldern, von Christen ganz Europas für den Kreuzzug erpreßt, um den sich der Papst von Anfang an mühte, ohne ihn je zu führen, kauften die Nepoten systematisch Ländereien auf, zahlten sie zum Beispiel allein für die Herrschaft Nimfa am Rand der Pontinischen Sümpfe zwischen 1297 und 1300 nicht weniger als 200000 Goldgulden, ein stupender Preis, und Bonifaz bestätigte dies auch im Namen der Kirche als »ewiges Familienlehen«. Denn wer da hat ... Freilich fühlte er sich angesichts seiner krummen Geschäfte auch wiederholt zu der Erklärung genötigt, bei einem Papst könne es gar keine Korruption, Simonie, keinen Eidbruch, könne es überhaupt nichts Böses geben.
Zur Ehrenrettung Caetanis sei gesagt, nicht nur die eigenen Verwandten hat er überaus begünstigt, auch seine
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