Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
engsten Vertrauten und deren Verwandte wieder, beispielsweise durch geistliche Privilegien, saftige Pfründen, durch Übereignung von Häusern. Auf Bitten des Giovanni Pipino da Barletta, eines skrupellosen Denunzianten mit kometenhaftem Aufstieg am neapolitanischen Hof, ernannte Bonifaz den Neffen des Pipino, Pasquale Palmieri, ein siebenjähriges Kind, zum Kanoniker von Troyes.
Insgesamt verschleuderte der Papst für die Vermehrung der Caetani-Güter eine Summe, die zwei Jahreseinkünften der Kurie entsprach, das heißt: er gab für seinen Clan ein Viertel aller Einnahmen während seiner Regierung aus. So entstand durch sein Geld, seinen Einfluß eine neue Campagnadynastie, wie einst unter Innozenz III. die Dynastie der Conti (S. 51 f.). Und ein großer Teil dieses Besitzes war zumindest noch vor dem Ersten Weltkrieg Eigentum der Papstfamilie. 13
Der Colonnesen-Krieg
Durch seine unverschämte Familienpolitik, aber auch durch seinen anmaßenden Regierungsstil sowie seinen (scheiternden) Kampf um die Wiedereingliederung Siziliens in das Königreich Neapel und damit unter päpstliche Oberhoheit, geriet Bonifaz in einen scharfen Konflikt mit dem Hause der Colonna, einem der führenden Geschlechter Roms und des Kirchenstaates.
Die beiden Colonna-Kardinäle, Giacomo und Pietro, Onkel und Neffe, die eng kooperierten, hatten bei der Papstwahl noch für den Caetani gestimmt, wenn auch nur deshalb, weil er ihnen immer noch lieber als ein Orsini war, traten aber bald in Gegensatz zu ihm. Den Anlaß gab der Raub eines päpstlichen Schatzes am 3. Mai 1297 vor den Toren Roms, ein Transfer von Gold und Silber zum Ankauf weiteren Landes. Und in wenigen Dingen war Bonifaz empfindlicher als in puncto puncti, seiner Gier nach Gold, ein Mann, der sich 1282 die Beibehaltung seiner vielen in England, Frankreich, Italien gewonnenen Pfründen urkundlich garantieren ließ und nie ermüdete, ihnen neue hinzuzufügen. Zwar wurde das entwendete Gut zurückerstattet; doch die anderen Bedingungen des Papstes, Auslieferung des Räubers Stefano Colonna, Aufnahme kirchlicher Besatzungen, das heißt »Caetani-Besatzungen«, wenn nicht gar »Orsini-Besatzungen«, in ihre Burgen Colonna und Zagarolo, in ihre wichtigsten Kommunen, zumal ihre Stadt Palestrina – die beiden Kardinäle entstammten der Colonna-von-Palestrina-Linie –, blieben unerfüllt, es hätte sie um ihre Macht gebracht. 14
Am gleichen Tag, am 10. Mai 1297, begannen beide Seiten den offenen Kampf. Bonifaz geißelte in einer wütenden Konsistorialrede in St. Peter mit der ganzen Unbändigkeit seines Temperaments die Colonna-Kardinäle, die Verbrechen ihres »verfluchten Geschlechtes und verpesteten Blutes«, das er ausrotten wolle wegen seines Hochmuts zu jeder Zeit. Er schleuderte in Kürze die Bullen »In excelso throno«, so hochfahrend wie angemessen für ihn, und »Lapis abscissus« gegen seine Widersacher, setzte die beiden Kardinäle ab, ächtete sie, nahm ihnen alle Einkünfte, verdonnerte alsbald das ganze Haus, konfiszierte den gesamten Güterbesitz der Sippe, schimpfte sie ehrlos und unfähig zur Bekleidung eines geistlichen oder weltlichen Amtes und bedrohte jeden, der sie aufnehmen würde, mit dem Fluch. Nicht genug, er verpflichtete auch alle künftigen Kardinäle – die extremste Form der Sippenhaftung –, die Verdammung der Colonna, soweit sie der Linie der beiden Kardinäle angehörten, »bis ins vierte Glied« beim Blute Christi für alle Ewigkeit aufrechtzuerhalten.
Die Colonna-Kardinäle, die zur selben Zeit bereits Coelestins Abdankung wie Bonifaz' Wahl angefochten, die an ein allgemeines Konzil appelliert und Gehorsamsverweigerung der Gläubigen gegenüber dem Papst verlangt, die ihre Sentenzen in der ganzen Stadt angeschlagen, sogar auf dem Hochaltar von St. Peter niedergelegt hatten, verschärften ihre Forderungen und Vorwürfe noch in mehreren Manifesten. Sie fanden auch den Beistand der Spiritualen und ihres Freundes, des Dichters Jacopone da Todi, von Bonifaz exkommuniziert und jahrelang eingekerkert; erst Benedikt XI. ließ ihn frei. Die Protestierenden erklärten, der Papst brüste sich, »in allen Angelegenheiten über Königen und Königreichen« zu stehen, »da er sich für einen Gott auf Erden hält«, hofften jedoch vergebens auf die Solidarität Philipps des Schönen von Frankreich, eines ebenso schlauen wie gewissenlosen Regenten, mit dem alle bonifazfeindlichen Kardinäle eng kontaktierten, Bonifaz selbst aber sich jetzt arrangierte, um
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