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Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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getauft und schon anno 1300 Opfer eines Brandes oder erneuter päpstlicher Rachsucht, worauf die Armen in ihrem Elend sich zerstreuten. 17
    Weniger »glücklich« operierte Bonifaz VIII. in größeren, in europäischen Zusammenhängen, zum Beispiel im Sizilienkonflikt.

Karl II. von Anjou und Papst Bonifaz verlieren Sizilien

    Seit der Sizilianischen Vesper 1282 und dem Eingreifen Peters III. von Aragón (S. 357 ff.) war Sizilien vom Königreich Neapel getrennt, war die Insel, zur anhaltenden Irritation der Sizilianer, fest in der Hand der Aragonesen, stand Aragón somit in scharfer Front zu den Angiovinen und Rom. Peter nahm den Titel des Königs von Sizilien an, stellte das Inselreich als sogenannten unabhängigen Staat wieder her, wobei er aber, anders als der Anjou, Sizilien vor allem durch Sizilianer verwalten ließ. Er starb indes 1285, im selben Jahr wie Karl I. von Anjou (S. 360). Da sein Sohn Karl II. 1284 in der Seeschlacht bei Neapel durch Aragón gefangengenommen, erst im Kerker des Kastells von Cefalù, dann bis 1288 in Katalonien inhaftiert worden war, ging die Herrschaft über Sizilien von König Peter auf seinen Sohn Jakob II. den Gerechten und wiederholt Gebannten über, dessen Königswürde das Papsttum bestritt, dann auf dessen jüngeren Bruder Friedrich II., zunächst, seit Juli 1291, nur als Statthalter und Generalvikar geduldet.
    Mit dieser Entwicklung aber war das Papsttum, das die Angiovinen als Herren Siziliens wünschte, um dort selbst der Herr, der Oberherr zu sein, keinesfalls einverstanden. Seit der großen Revolte gegen Karl I. hatten die Päpste diesen uneingeschränkt unterstützt und alles getan, um ihrem Vasallen Sizilien mit Bann und Interdikt und Kreuzzugspredigt zurückzugewinnen. So widersetzte sich schon Nikolaus IV. (1288–1292), als Karl II., um der aragonesischen Haft zu entkommen, auf die Insel verzichtete. Anders als der mehr friedfertige, zumindest seit seiner Gefangennahme kriegerischen Abenteuern eher abgeneigte Karl, bestand Nikolaus auf bedingungsloser Freilassung. Er fädelte ein gegen Aragón gerichtetes Bündnis Kastiliens mit Frankreich ein und schrieb neue Zehnten aus, um Aragón und Sizilien weiter bekriegen zu können. Er sprach Verträgen sowie allen eidlichen Verpflichtungen Karls die Gültigkeit ab und krönte ihn, als er sich an der Kurie von Rieti einfand, am 29. Mai 1289 im dortigen Dom – ein »fait accompli« für die Welt – feierlich nicht nur zum König von Neapel, sondern auch von Sizilien, das freilich in aragonesischen Händen blieb. 18
    Auch Bonifaz VIII., den die Trennung Siziliens vom Königreich schon als Kardinal zutiefst empört hatte und fast während seines ganzen Pontifikats beschäftigen sollte, wollte Sizilien für Karl II., also selbstverständlich für das Papsttum, zurückerobern. Schlicht und einfach erklärte er die Insel nach wie vor als »Eigentum der Kirche« und traf schon im ersten Jahr seines Regiments Vorkehrungen für einen Krieg, genauer für dessen Fortsetzung im Mittelmeerraum. Deshalb bewilligte er dem Anjou, seinem »sizilianischen Degen«, in mehreren Ländern einen dreijährigen Zehnten. Doch sollte der König, der beim Papst bereits tief in der Kreide stand, anno 1295 mit mehr als 250000 Goldunzen (bei eigenen Staatseinkünften von weniger als 100000), Sizilien erst nach Begleichung sämtlicher Schulden bekommen, wenn er es bekommen, das heißt erobert hatte.
    Um alle Prozeduren zu erleichtern, suchte der Caetani zunächst Friedrich von Aragón, den Urenkel des staufischen Kaisers und Statthalter Siziliens, offenbar nach seinem Palestrina-Verfahren, viel versprechen, wenig halten, auszumanövrieren. Für den Verzicht auf die Insel bot er ihm das ganze oströmische Kaiserreich an, über das er natürlich gar nicht verfügen konnte. Und die Aussichten auf eine Eroberung waren, realistisch betrachtet, »gleich Null« (Kiesewetter). Trotzdem versprach Bonifaz, finanziell dazu beizusteuern. Er verhieß ein einmaliges Donativ von 40000 Goldunzen samt drei jährlichen Subsidienzahlungen à 30000 Goldunzen. Außerdem suchte er die kühn in die Luft gesetzte Sache durch ein Heiratsprojekt zu fördern, sollte Friedrich noch die Erbin des lateinischen Kaiserreiches, Katharina von Courtenay, nebst reicher Mitgift bekommen; doch die Dame wollte gar nicht. Wohl aber begehrten die Sizilianer Friedrich. Und am 15. Januar 1296 wurde er in Catania zum König ausgerufen, am 25. März im Dom zu Palermo gekrönt und nannte sich – im

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